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Zeitschrift für christliche Kunst — 11.1898

DOI Artikel:
Justi, Ferdinand: "Die Jagdszene auf dem sasanidischen Prachtgewebe"
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https://doi.org/10.11588/diglit.3834#0228

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365

1898.

ZEITSCHRIFT FÜR CRHISTLICHE KUNST — Nr. 12.

366

einen erlegten Wildesel. Da der Prinz dem-
nach als Vertilger ahrimanischer Thiere den
alten Heroen und dem Stifter der Dynastie
nacheifert, so erhält die Darstellung einen
hieratischen Charakter, der auch weiter, wie
Sie hervorgehoben haben, durch den sie über-
schattenden Lebensbaum zum Ausdruck kommt,
der hier als Palme, wie auf zahlreichen ge-
schnittenen Steinen, erscheint.20) Auf diesen
ist das an der Palme hinaufstrebende Thier
eine Ziege oder ein Steinbock, weshalb man
auch auf dem Bahramgewebe das gleiche
(doppelt abgebildete) Thier erkennen mufs;
auch gerade ein persischer Siegelstein mit einer
Aufschrift in der sasanidischen oder Pahlawi-
sprache zeigt einen Steinbock und einen
Widder am Baum emporspringend. Dieser
Stein mit dem Namen Atschast-bodake21)
zeigt links oben und rechts unten ein grie-
chisches Kreuz, woraus hervorgeht, dafs auf
unserm Pallium die Kreuze, besonders das
zwischen den Löwen, nicht blofs den Zweck
haben, die Mitte der Darstellung zu bezeichnen,
sondern Symbole sind. So bildet auf dem
sasanidischen Siegel des Pakdat22) ein Kreuz
mit Ringornamenten an den vier Enden das
alleinige Emblem, und auf einer andern Gemme
mit der Aufschrift Narsehi, apastan wal jazdan
(Narses, (sein) Vertrauen (ist) auf Gott) er-
scheint eine Hand, welche zwischen Daumen
und Zeigefinger ein Kreuz hält.23) Auf der
Münze des Hyndopheres von Afghanistan
(inschriftlich 46 nach Chr. bezeugt) trägt eine
weibliche Gestalt einen langen Stab, der oben
in ein Kreuz endet.24) Sie gleicht ganz der
Astarte mit dem langen Kreuzstab auf der
autonomen Münze von Berytos und Sidon,

-°J z.B. Lajard »Memoire sur le culte de Venus.«
(Paris 1837), PI. I n° 2. XXI, A. n° 5. 23. Micali
»Monum. inediti«. (Firenze 1844), Tav. 1. n° 9.
Raoul-Rochette, Herakles, »Mem. de 1'In-
stitut (1848), II, S. 132, PI. VII n" 19. S. 187, PI.
IV n° 16.

'-'') Thomas »Journal of the Asiat. Soc.« XIII,
P). 3, n° 39. »Iran. Namenbuch« 12a.

22j Thomas n" 71.

2:<) Gobiueau »Revue archeol.« (1874), XV, PI.
4, n° 189.

24) Prinsep »Essays on Indian antiq.« II, PI. 43,
n° 14. v. Sallet «Die Nachfolger Alexanders« 163.
Percy Gardner »Coins of Greek a. Scyth. Kings«
XXII, 6.

wie man auch Kreuze in Aegypten und Kypros
als Amulette und Sonnensymbole antrifft.25)

Der Untersatz der Palme, welcher Ihnen
als stilisirte Wurzelung erschienen ist, könnte
ein Miniaturberg sein, auf dem die Palme
wächst; auf zwei der angeführten Gemmen
ist der Boden ähnlich gemustert, wie auf assy-
rischen Bildwerken das gebirgige Terrain, und
sogut wie sogar auf griechischen Skulpturen
oder Vasenbildern ein Baum die Andeutung
eines Haines ist, kann hier der kleine Hügel
andeuten, dafs die Palme auf dem heiligen
Berg, der Hara berezaiti des Awesta, um
welche das Weltmeer (Wourukascha) fliefst,
oder auf einem Felsen in diesem gedacht
werden soll; dafs die Palme wirklich nicht
eine gewöhnliche irdische ist, zeigen die beiden
untersten Zweige, welche keine Palmzweige
sind, sondern Aeste des Wunschbaumes (indisch
Kalpadruma) mit Blüthen und Früchten. Ueber
den heiligen Baum der Lanier haben Spiegel26)
und Karabacek27) ausführlich gehandelt. Die
Palme als Weltbaum findet sich auch bei der
ältesten Bevölkerung Babylonien's, bei den
Assyrern ist die Palme mit der Fichte ver-
quickt, deren Zapfen heilige Wesen in die
Hand nehmen,28) bei den Arabern ist die
Cypresse (der Tuba trägt die Früchte der
Unsterblichkeit),29) bei den Germanen die
Esche, von der die Menschen stammen, der
Lebens- oder Weltbaum. Auf einem sicilischen
Seidenstoff aus rothem Damast mit Gold-
stickerei erscheinen Gazellen am Lebensbaum
hinaufstrebend, oben sitzen Vögel.30)

Auf dem iranischen Baume sitzen zwei
Vögel, von denen der eine die Zweige
schüttelt, der andre den herabfallenden Samen
mit seinem Flügelschlag in das Meer fegt, aus
welchem die Wolken mit dem Samen empor-
steigen, um ihr befruchtendes Nafs auf die
Erde zu giefsen. Der eine Vogel heifst im

2b) Mionnet »Descript. de medailles«, Suppl. 8,
263, n° 109. Seth William Stevenson »Diction.
of Roman coins.« (Lond. 1889), 126b. Lajard
• Venus« PI. XXV, 11. 12. »Descript. de 1' Egypte«
V, PI. 80, n° 25.

2e) »Eran. Alterth.« 1, 464.

*') »Die pers. Nadelmalerei Susandschird« 152.

->5) Sehr ad er »Monatsber. d. Berl, Akad.« (Mai
1881), 427.

2i') »Koran«, Sure 13, V. 88.

:l") »Kunst und Gewerbe« hrsg. v. O. v. Schorn
(1884), Heft 4, Beilage 12.
 
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