Festrede -ei Enthüllung seines Standbildes.
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Hochzuverehrendste Anwesende!
Hochachtbarste Collegen resp. Amts-
genossen und sonstig dieser Feier Bei-
wohnende! — Der Tag ist erschie-
nen und das Werk vollendet! welch'
ein Tag und welch' ein Werk? Das
Bild des Edelsten soll von der Sonne
heute das erste Mal beschienen wer-
den! Er, welcher seit der Beamten-
stand als solcher zum unerläffig in-
tegrirenden Theil der menschlichen
Gesellschaft und des staatlichen Le-
bens besteht, uns voranleuchtet, auf
der Bahn unserer beschworenen Pflicht,
unseres gemeinsamen Wirkens. —
Er, welcher ungeachtet der in allen
Registraturen bis zur Vermoderung
sich häufenden Acten, nicht altert, ja
stets sich der blühendsten Mannes-
kraft erfreut — Er, der trotz aller
neuerer (dem Himmel sei Dank nur
einseitiger) Tendenzen, die Amtswirk-
samkeit zu lähmen, den edlen Kiel
abzustumpfen — ja das römische Ge-
setzbuch selbst zu verkürzen — fort-
lebt — Er ist und bleibt in seiner
Persönlichkeit unaltcrirt, alle Stürme
sind spurlos an ihm vorübergegan-
gen und verjüngt geht Er aus Re-
volutionen Hervor!
Auf dem Wege der Subskription
gelang es uns, das Bild des Edlen
im Ideale zu verkörpern, dessen Aus-
führung wir zwei namhaften Künst-
lern zu danken Haben, die sich auf
die uneigennützigste Weise der Lösung
dieser erhabenen Aufgabe unterzogen!
Blicken Sie, meine Herren, auf
die herrliche Gestalt! welche Würde
im Ausdrucke! welch' ein Sclbstbe-
wußtsein! Ein Mantelwurf verhüllt
zwar die theuren Formen; allein der
bedeutsame gestickte Staatsdienerkra-
gen, die würdige Hand, welche die
Feder führt — sie find sichtbar. Die
Gesetzbücher an seiner Seite! Alles
aus Erz, aber das „monumentum
exexi" bleibt hier im großartigsten
Sinne verkörpert und sehr richtig
und sinnreich deutet die Inschrift des
Marmorpiedestals mit entsprechendem
Symbole auf Unsterblichkeit!
Ja, meine Herren! Er ist un-
sterblich! denn Er lebt in Tausen-
den und Tausenden, und wehe jener
Zeit — wäre sie jemals möglich —
in welcher der Nimbus dieser Un-
sterblichkeit schwände. Sein Unter-
gang würde den der ganzen Mensch-
heit mit sich reißen! Diese Welt wäre
am Ende! denn alles staatliche Le-
ben und somit alle gesellige Ordnung
müßte aufhören!
Lassen sie uns deßhalb, meine
Herren, unbeirrt und berufsgetreu
fortschreiten auf der Bahn, die Er,
ein leuchtendes Gestirn, vorangeht!
Muth und Vertrauen!
Er lebe hoch! dreimal hoch!
Herrn Grafs Tagebuch über eine Neise nach Prag und Wien.
(Fortsetzung.)
Wien ist auch eine Stadt, welche bis in das allergrau-
lichste Alterthum hinein geht und ist sie in die Heidenzeit von
Kriechen und Römern zusammen in Kombanie gebaut worden,
welches soll bei eine allgemeine Velkerwandrung geschehn sein.
Als nemlich dazumals diese reuberischen Massen in gans Deutsch-
land herumsuchten und sbiohnirten, wo es was mitzunehmen
gab (warum man es auch das klassische Alterthum nennt) so
kamen sie auch hier in diese Gegend und hatte sich ein unter-
nehmender Kobf bei diese Gelegenheit mit einen Feßchen soge-
nannten heurichten Wein und Wiener Wirsteln an die Donau
gesetzt, wo die ganse Velkerwandrung voriber missen that. Der
Mann wurde seine Gegendstende balde reisend los, aber Geld
bekam er dafür keins nicht und wie sein Wein nebst Wirstchen
semmtlich aufgezehrt waren und er gar keine nicht mehr hatte,
dagegen aber jetzt drei Gulden und siebzehn Krcizer Schein als
Bezahlung für das Verzehrte Haben wollte, so nahmen sie ihn
und warfen ihn in die Donau, welches freilich nun eine abge-
machte Bezahlung war nebst die Quittung dazu.
Zum Andenken an diese Begebenheit und an den heurich-
ten Wein nebst Wiener Wirstchen beschloß die Velkerwandrung
in Hofnung auf ein Mehreres von diese Nahrungsmittel sich
hier anzubauen und aus Dankbarkeit die ganse Stadt Wien
zu nennen, welches Wort auch in frihrer Zeit soll Wein ge-
heißen Haben und ausgesprochen geworden sein, was sich bei
den beriemten Durst der alten Velkcr auch gans leichte er-
klären läßt.
Von den Blane, nach welchen die innerlichte Sadt Wien
eichentlich gebaut worden ist, kann sich kein Mensch den rich-
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Hochzuverehrendste Anwesende!
Hochachtbarste Collegen resp. Amts-
genossen und sonstig dieser Feier Bei-
wohnende! — Der Tag ist erschie-
nen und das Werk vollendet! welch'
ein Tag und welch' ein Werk? Das
Bild des Edelsten soll von der Sonne
heute das erste Mal beschienen wer-
den! Er, welcher seit der Beamten-
stand als solcher zum unerläffig in-
tegrirenden Theil der menschlichen
Gesellschaft und des staatlichen Le-
bens besteht, uns voranleuchtet, auf
der Bahn unserer beschworenen Pflicht,
unseres gemeinsamen Wirkens. —
Er, welcher ungeachtet der in allen
Registraturen bis zur Vermoderung
sich häufenden Acten, nicht altert, ja
stets sich der blühendsten Mannes-
kraft erfreut — Er, der trotz aller
neuerer (dem Himmel sei Dank nur
einseitiger) Tendenzen, die Amtswirk-
samkeit zu lähmen, den edlen Kiel
abzustumpfen — ja das römische Ge-
setzbuch selbst zu verkürzen — fort-
lebt — Er ist und bleibt in seiner
Persönlichkeit unaltcrirt, alle Stürme
sind spurlos an ihm vorübergegan-
gen und verjüngt geht Er aus Re-
volutionen Hervor!
Auf dem Wege der Subskription
gelang es uns, das Bild des Edlen
im Ideale zu verkörpern, dessen Aus-
führung wir zwei namhaften Künst-
lern zu danken Haben, die sich auf
die uneigennützigste Weise der Lösung
dieser erhabenen Aufgabe unterzogen!
Blicken Sie, meine Herren, auf
die herrliche Gestalt! welche Würde
im Ausdrucke! welch' ein Sclbstbe-
wußtsein! Ein Mantelwurf verhüllt
zwar die theuren Formen; allein der
bedeutsame gestickte Staatsdienerkra-
gen, die würdige Hand, welche die
Feder führt — sie find sichtbar. Die
Gesetzbücher an seiner Seite! Alles
aus Erz, aber das „monumentum
exexi" bleibt hier im großartigsten
Sinne verkörpert und sehr richtig
und sinnreich deutet die Inschrift des
Marmorpiedestals mit entsprechendem
Symbole auf Unsterblichkeit!
Ja, meine Herren! Er ist un-
sterblich! denn Er lebt in Tausen-
den und Tausenden, und wehe jener
Zeit — wäre sie jemals möglich —
in welcher der Nimbus dieser Un-
sterblichkeit schwände. Sein Unter-
gang würde den der ganzen Mensch-
heit mit sich reißen! Diese Welt wäre
am Ende! denn alles staatliche Le-
ben und somit alle gesellige Ordnung
müßte aufhören!
Lassen sie uns deßhalb, meine
Herren, unbeirrt und berufsgetreu
fortschreiten auf der Bahn, die Er,
ein leuchtendes Gestirn, vorangeht!
Muth und Vertrauen!
Er lebe hoch! dreimal hoch!
Herrn Grafs Tagebuch über eine Neise nach Prag und Wien.
(Fortsetzung.)
Wien ist auch eine Stadt, welche bis in das allergrau-
lichste Alterthum hinein geht und ist sie in die Heidenzeit von
Kriechen und Römern zusammen in Kombanie gebaut worden,
welches soll bei eine allgemeine Velkerwandrung geschehn sein.
Als nemlich dazumals diese reuberischen Massen in gans Deutsch-
land herumsuchten und sbiohnirten, wo es was mitzunehmen
gab (warum man es auch das klassische Alterthum nennt) so
kamen sie auch hier in diese Gegend und hatte sich ein unter-
nehmender Kobf bei diese Gelegenheit mit einen Feßchen soge-
nannten heurichten Wein und Wiener Wirsteln an die Donau
gesetzt, wo die ganse Velkerwandrung voriber missen that. Der
Mann wurde seine Gegendstende balde reisend los, aber Geld
bekam er dafür keins nicht und wie sein Wein nebst Wirstchen
semmtlich aufgezehrt waren und er gar keine nicht mehr hatte,
dagegen aber jetzt drei Gulden und siebzehn Krcizer Schein als
Bezahlung für das Verzehrte Haben wollte, so nahmen sie ihn
und warfen ihn in die Donau, welches freilich nun eine abge-
machte Bezahlung war nebst die Quittung dazu.
Zum Andenken an diese Begebenheit und an den heurich-
ten Wein nebst Wiener Wirstchen beschloß die Velkerwandrung
in Hofnung auf ein Mehreres von diese Nahrungsmittel sich
hier anzubauen und aus Dankbarkeit die ganse Stadt Wien
zu nennen, welches Wort auch in frihrer Zeit soll Wein ge-
heißen Haben und ausgesprochen geworden sein, was sich bei
den beriemten Durst der alten Velkcr auch gans leichte er-
klären läßt.
Von den Blane, nach welchen die innerlichte Sadt Wien
eichentlich gebaut worden ist, kann sich kein Mensch den rich-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Staatshämorrhoidarius. - Festzug und Festrede bei Enthüllung seines Standbildes"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 24.1856, Nr. 570, S. 141
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg