13!»
Farbige Stereoskop -Bilder aus Wien.
„Theure Aurclie!
Wenn Dn diesen Brief erhältst, bin ich vielleicht nicht
mehr. In diesem Falle bist Du Erbin meines Vermögens.
Tödte ich aber vielleicht meinen Gegner, der indeß jedenfalls
mehr Schütze ist alö ich, dann fordert es meine Sicherheit,
mich rasch zu entfernen. Wie aber die Würfel auch fallen
mögen, Du warst und bist mein Augapfel. Dein Mann."
Als Aurclie diese Zeilen gelesen, erinnerte sie sich, mit
welcher Aufmerksamkeit ihr Herr L. am Abend zuvor be-
gegnet hatte, und nun erfuhr sie vom Stubenmädchen, daß
noch gestern zwischen Herrn L. und dem Banquier ein Wort-
wechsel stattgehabt.
„Man duellirt sich meinetwegen!" rief Aurclie endlich
aus, doch vermögen wir bei dem jedenfalls vorherrschenden
Affekt der Dame nicht zu sagen, ob dieser Schrei ein Aus-
druck des Entsetzens oder der Freude war.
Im nächsten Momente sprang sie auf.
„Man rufe schnell meine mütterliche Freundin, Frau
v. Schnatter!" befahl sie dem Domestiken. „Schnell, sie
muß mich in die Brigittenau begleiten, denn dort wird wohl
der Schauplatz des unglückseligen Duells sein!"
Aurclie kleidete sich in höchster Aufregung rasch an.
Frau v. Schnatter, die in der Nähe wohnte, erschien sogleich.
Als sie von einem Duell vernahm, hüpfte ihr das Herz in
der theilnchmenden Seele. „Das giebt Stoff! Wie wird
man mich belagern, damit ich rede, erzähle, und wieder
erzähle!"
Ehe Mme. Thalersberg mit ihrer Freundin in den
Wagen stieg, befahl sic noch ihrer Zofe, so früh als möglich
beim Schneider einen Traueranzug zu bestellen.
„Man kann nicht wissen!" flüsterte Aurclie.
Bei der Aufregung wird man diese Anordnung unserer
Dame hoffentlich nicht übel nehmen.
Sic wußte offenbar, was sie sprach, die arme hübsche Frau.
Inzwischen waren Banquier Thalersberg, Förster L.
und die Sekundanten in zwei Wagen in der Brigittenau
angelangt.
Man stieg aus.
Man maß die Distanz ab.
Man nahm die Pistolen ans dem Ebenholzkästchen.
Die Sekundanten, junge Commis aus Thalersbergs
Comptoir, machten noch einige Versöhnungsversuche.
Aber Thalersberg blieb ein blutdürstiger Tiger.
„Einer von uns muß fallen!"
Die Duellanten stellten sich einander gegenüber.
Sie erheben die Pistolen.
Thalersberg schien etwas unsicher.
Er schritt nochmals auf seinen Gegner zu.
Leise sprach er zu diesem: „Du hast Dich doch über-
zeugt, daß keine Spur von Blei in den Pistolen ist!"
„Nichts als bloßes Pulver!"
„Daß keine Dummheit geschieht!"
In diesem Momente hörte man einen Wagen heran-
rasseln.
Thalersberg sah nach der Richtung des Schalles.
Er erkannte seine Equipage.
„Jetzt auf unsere Plätze!" rief er ans. „Doch halt!"
Er .nahm sein Federmesser und ritzte sich noch schnell
in die Hand, daß einige Tropfen Blut hervorquollen.
„Nun bitte ich: Eins, zwei, drei! zu zählen!"
„Eins .... zwei .... drei!"
Ein Knall, und zum Entsetzen des Försters L. sank
der Banqnier zn Boden.
„Er ist ohnmächtig!" schrie sein Gegner, und stürzte
auf ihn zu.
„Nein," stöhnte der Banquier, „ich bin nicht ohn-
mächtig, ich bin verwundet, der Teufel weiß wie so!"
„Aber wo bist Du verwundet? ich will beeiden, daß
kein Blei . . . ."
„Still, Freund!" das müßte auch eine kuriose Kugel
sein, die so herumfliegt!-" Dabei deutete der Banquier
auf eine gewisse Stelle seines Körpers, die gerade der Rich-
tung entgegen war, nach welcher sein Gegner schoß.
Nach genauer Untersuchung fand man den bezeichncten
Körpertheil des Banquiers von sogenanntem Vogeldunst
tätowirt.
Die Sache blieb räthselhast.
Wir aber sind in der Lage, die Sache aufzuklären.
Gerade zur Zeit des Duells strich ein Bewohner der
naheliegenden Vorstadt, der manchmal unschuldige Wilddicb-
gelüste in sich verspürte, mit gespanntem Gewehre durch jene
Parthie der Brigittenau. •
Als er hier die Duellanten im Momente der beginnen-
den That erblickte, fuhr er entsetzt zurück, wobei ihm das
Gewehr losging.
Das Uebrige weiß der Leser.
Mit einem Angstschrei stürzte Aurclie auf den Kampf-
platz des Duells.
„Er lebt!-Verwundet!_Doch nicht gefährlich?"
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Farbige Stereoskop -Bilder aus Wien.
„Theure Aurclie!
Wenn Dn diesen Brief erhältst, bin ich vielleicht nicht
mehr. In diesem Falle bist Du Erbin meines Vermögens.
Tödte ich aber vielleicht meinen Gegner, der indeß jedenfalls
mehr Schütze ist alö ich, dann fordert es meine Sicherheit,
mich rasch zu entfernen. Wie aber die Würfel auch fallen
mögen, Du warst und bist mein Augapfel. Dein Mann."
Als Aurclie diese Zeilen gelesen, erinnerte sie sich, mit
welcher Aufmerksamkeit ihr Herr L. am Abend zuvor be-
gegnet hatte, und nun erfuhr sie vom Stubenmädchen, daß
noch gestern zwischen Herrn L. und dem Banquier ein Wort-
wechsel stattgehabt.
„Man duellirt sich meinetwegen!" rief Aurclie endlich
aus, doch vermögen wir bei dem jedenfalls vorherrschenden
Affekt der Dame nicht zu sagen, ob dieser Schrei ein Aus-
druck des Entsetzens oder der Freude war.
Im nächsten Momente sprang sie auf.
„Man rufe schnell meine mütterliche Freundin, Frau
v. Schnatter!" befahl sie dem Domestiken. „Schnell, sie
muß mich in die Brigittenau begleiten, denn dort wird wohl
der Schauplatz des unglückseligen Duells sein!"
Aurclie kleidete sich in höchster Aufregung rasch an.
Frau v. Schnatter, die in der Nähe wohnte, erschien sogleich.
Als sie von einem Duell vernahm, hüpfte ihr das Herz in
der theilnchmenden Seele. „Das giebt Stoff! Wie wird
man mich belagern, damit ich rede, erzähle, und wieder
erzähle!"
Ehe Mme. Thalersberg mit ihrer Freundin in den
Wagen stieg, befahl sic noch ihrer Zofe, so früh als möglich
beim Schneider einen Traueranzug zu bestellen.
„Man kann nicht wissen!" flüsterte Aurclie.
Bei der Aufregung wird man diese Anordnung unserer
Dame hoffentlich nicht übel nehmen.
Sic wußte offenbar, was sie sprach, die arme hübsche Frau.
Inzwischen waren Banquier Thalersberg, Förster L.
und die Sekundanten in zwei Wagen in der Brigittenau
angelangt.
Man stieg aus.
Man maß die Distanz ab.
Man nahm die Pistolen ans dem Ebenholzkästchen.
Die Sekundanten, junge Commis aus Thalersbergs
Comptoir, machten noch einige Versöhnungsversuche.
Aber Thalersberg blieb ein blutdürstiger Tiger.
„Einer von uns muß fallen!"
Die Duellanten stellten sich einander gegenüber.
Sie erheben die Pistolen.
Thalersberg schien etwas unsicher.
Er schritt nochmals auf seinen Gegner zu.
Leise sprach er zu diesem: „Du hast Dich doch über-
zeugt, daß keine Spur von Blei in den Pistolen ist!"
„Nichts als bloßes Pulver!"
„Daß keine Dummheit geschieht!"
In diesem Momente hörte man einen Wagen heran-
rasseln.
Thalersberg sah nach der Richtung des Schalles.
Er erkannte seine Equipage.
„Jetzt auf unsere Plätze!" rief er ans. „Doch halt!"
Er .nahm sein Federmesser und ritzte sich noch schnell
in die Hand, daß einige Tropfen Blut hervorquollen.
„Nun bitte ich: Eins, zwei, drei! zu zählen!"
„Eins .... zwei .... drei!"
Ein Knall, und zum Entsetzen des Försters L. sank
der Banqnier zn Boden.
„Er ist ohnmächtig!" schrie sein Gegner, und stürzte
auf ihn zu.
„Nein," stöhnte der Banquier, „ich bin nicht ohn-
mächtig, ich bin verwundet, der Teufel weiß wie so!"
„Aber wo bist Du verwundet? ich will beeiden, daß
kein Blei . . . ."
„Still, Freund!" das müßte auch eine kuriose Kugel
sein, die so herumfliegt!-" Dabei deutete der Banquier
auf eine gewisse Stelle seines Körpers, die gerade der Rich-
tung entgegen war, nach welcher sein Gegner schoß.
Nach genauer Untersuchung fand man den bezeichncten
Körpertheil des Banquiers von sogenanntem Vogeldunst
tätowirt.
Die Sache blieb räthselhast.
Wir aber sind in der Lage, die Sache aufzuklären.
Gerade zur Zeit des Duells strich ein Bewohner der
naheliegenden Vorstadt, der manchmal unschuldige Wilddicb-
gelüste in sich verspürte, mit gespanntem Gewehre durch jene
Parthie der Brigittenau. •
Als er hier die Duellanten im Momente der beginnen-
den That erblickte, fuhr er entsetzt zurück, wobei ihm das
Gewehr losging.
Das Uebrige weiß der Leser.
Mit einem Angstschrei stürzte Aurclie auf den Kampf-
platz des Duells.
„Er lebt!-Verwundet!_Doch nicht gefährlich?"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Farbige Stereoskop-Bilder aus Wien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 38.1863, Nr. 930, S. 139
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg