164 Von Michaelis bi S Silvester.
sie vor fünfzehn Jahren verschwunden, es sei damals unter
den Spanischen, so in der Stadt gelegen, ein junger Reiter
gewesen mit glänzenden Augen und auch sonst schön von
Angesicht und Gliedmaßen, der sei ihrer gewahr geworden
und habe gar schön mit ihr gethan, und sie sei viel bei ihm
gewesen während der Zeit, da sie in der Stadt gelegen.
Als nun die Reiter abziehen sollten, da habe sic sich nur
schwer trennen mögen von dem Ramiro, und sei ein Stück
Weges vorausgclaufen, um drüben im Gehölz bei Selingthal
dein schönen Buben noch einen Gruß zuzurufen. Dort aber
habe sie der Ramiro gefaßt und zu sich auf's Pferd gehoben,
— das Lenchcn hatte sie im Arme, — und habe ihr zugeseht, sie
solle mit ihm ziehen, und che sie sich noch viel besonnen, sei
’ das Kricgsvolk weiter gezogen und sic mit ihm. Niemand
aber sei am Wege gewesen, dem sie das Lenchen' hätte über-
geben können. Der Ramiro aber sei des Kindes bald
überdrüssig geworden, das viel geweint und geschrieen, und
habe gedroht, cs umzubringen; da habe sie viel Angst ans-
gestandeu, und habe endlich gemeint, es sei doch das Beste,
das Lenchcn zurückzulassen, denn der schlechte Mensch, der
Ramiro, sei gar wilden Gemüthes gewesen, und hätte es ihm
nichts gekostet, das Kind zu erwürgen. Und als sie nun
bei einer Stadt gelagert und beim Ausbruch das Kind im
festen Schlaf gelegen, habe sie es weich gebettet in ein
schattig Gesträuch und sei weitergezogen mit dem spanischen
Kriegsvolk. Später sei es ihr aber gar übel gegangen, denn
der Ramiro, der böse Mensch, habe falsch an ihr gehandelt
und habe sie, die ihm Alles geopfert, von sich gestoßen, als
er ihrer satt geworden, und nun ziehe sie schon manches I
Jahr als ein heimathloses Weib umher. Letzt aber habe sie
! das Heimweh ergriffen, sie hätte sogern mögen noch einmal
ihre Vaterstadt sehen, und das hätte sie nicht gemeint, daß
man sic hier wieder erkennen würde. Die Walburg hatte
sich bereits auf den Tod gefaßt gemacht, denn man machte
zu jener Zeit wenig Umstände, und ein Menschenleben war
bald verwirkt, zumal das eines armen Heimathlosen; da
aber die Verschleppung des Kindes nicht zu dessen Tod geführt,
und der Fclddicbstahl, auf deni sie betroffen, doch nicht mit
Schwert oder Galgen geahndet werden konnte, beschlossen
die regierenden Herren, die Strolchin solle den Staupbesen
kosten und für ewige Zeiten aus der Stadt Gebiet verwiese»
sein. So wurde denn die Walburg mit blutigem Rücken
unter dein jubelnden Zusammenlauf deö Volkes und der
schaulustigen Jugend znr Stadt hinausgebracht und dort ent-
lassen. Man hat nachmals nichts mehr von ihr vernommen.
Laufncr aber und seine Gattin konnten sich noch manches
Jahr der Wiedergefundencn freuen, sie konnten der lieblichen
Jungfrau einen Gatten erküren, und am Anblick wacker ge-
deihender Enkel das müde Auge erlaben, ehe sie abgerufen
wurden aus dieser Zeitlichkeit.
r>.
Slavisches Lied.
„Zdenka, Seele, liebes Weibchen,
Ach, wie schön sind Deine Haare,
Blonde Flechten, schön und goldig!
Ach, wie roth sind Deine Wangen
Und wie schön sind Deine Lippen;
Zdenka, Seele, liebes Weibchen,
Ach, wie bist Du doch so herzig!
Immer bist Du schön, doch heute
Bist Du schöner noch als jenials, —
Möchte beinah' glauben, Zdenka,
Daß Du heute Dich gewaschen!"
Dünnes Bier.
Gast: „Zum Donnerwetter, Herr Wirth, was ist denn
das heute für ein dünn Bier, da habt Ihr Euern Groschen,
jetzt geh' ich fort." Wirth: „No, warten's, Sic kricg'n
noch 1 kr., 's kost seit gestern blos 2 kr." Gast: „Was?
Na, da muß mer doch geschwind noch eins trinke."
sie vor fünfzehn Jahren verschwunden, es sei damals unter
den Spanischen, so in der Stadt gelegen, ein junger Reiter
gewesen mit glänzenden Augen und auch sonst schön von
Angesicht und Gliedmaßen, der sei ihrer gewahr geworden
und habe gar schön mit ihr gethan, und sie sei viel bei ihm
gewesen während der Zeit, da sie in der Stadt gelegen.
Als nun die Reiter abziehen sollten, da habe sic sich nur
schwer trennen mögen von dem Ramiro, und sei ein Stück
Weges vorausgclaufen, um drüben im Gehölz bei Selingthal
dein schönen Buben noch einen Gruß zuzurufen. Dort aber
habe sie der Ramiro gefaßt und zu sich auf's Pferd gehoben,
— das Lenchcn hatte sie im Arme, — und habe ihr zugeseht, sie
solle mit ihm ziehen, und che sie sich noch viel besonnen, sei
’ das Kricgsvolk weiter gezogen und sic mit ihm. Niemand
aber sei am Wege gewesen, dem sie das Lenchen' hätte über-
geben können. Der Ramiro aber sei des Kindes bald
überdrüssig geworden, das viel geweint und geschrieen, und
habe gedroht, cs umzubringen; da habe sie viel Angst ans-
gestandeu, und habe endlich gemeint, es sei doch das Beste,
das Lenchcn zurückzulassen, denn der schlechte Mensch, der
Ramiro, sei gar wilden Gemüthes gewesen, und hätte es ihm
nichts gekostet, das Kind zu erwürgen. Und als sie nun
bei einer Stadt gelagert und beim Ausbruch das Kind im
festen Schlaf gelegen, habe sie es weich gebettet in ein
schattig Gesträuch und sei weitergezogen mit dem spanischen
Kriegsvolk. Später sei es ihr aber gar übel gegangen, denn
der Ramiro, der böse Mensch, habe falsch an ihr gehandelt
und habe sie, die ihm Alles geopfert, von sich gestoßen, als
er ihrer satt geworden, und nun ziehe sie schon manches I
Jahr als ein heimathloses Weib umher. Letzt aber habe sie
! das Heimweh ergriffen, sie hätte sogern mögen noch einmal
ihre Vaterstadt sehen, und das hätte sie nicht gemeint, daß
man sic hier wieder erkennen würde. Die Walburg hatte
sich bereits auf den Tod gefaßt gemacht, denn man machte
zu jener Zeit wenig Umstände, und ein Menschenleben war
bald verwirkt, zumal das eines armen Heimathlosen; da
aber die Verschleppung des Kindes nicht zu dessen Tod geführt,
und der Fclddicbstahl, auf deni sie betroffen, doch nicht mit
Schwert oder Galgen geahndet werden konnte, beschlossen
die regierenden Herren, die Strolchin solle den Staupbesen
kosten und für ewige Zeiten aus der Stadt Gebiet verwiese»
sein. So wurde denn die Walburg mit blutigem Rücken
unter dein jubelnden Zusammenlauf deö Volkes und der
schaulustigen Jugend znr Stadt hinausgebracht und dort ent-
lassen. Man hat nachmals nichts mehr von ihr vernommen.
Laufncr aber und seine Gattin konnten sich noch manches
Jahr der Wiedergefundencn freuen, sie konnten der lieblichen
Jungfrau einen Gatten erküren, und am Anblick wacker ge-
deihender Enkel das müde Auge erlaben, ehe sie abgerufen
wurden aus dieser Zeitlichkeit.
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Slavisches Lied.
„Zdenka, Seele, liebes Weibchen,
Ach, wie schön sind Deine Haare,
Blonde Flechten, schön und goldig!
Ach, wie roth sind Deine Wangen
Und wie schön sind Deine Lippen;
Zdenka, Seele, liebes Weibchen,
Ach, wie bist Du doch so herzig!
Immer bist Du schön, doch heute
Bist Du schöner noch als jenials, —
Möchte beinah' glauben, Zdenka,
Daß Du heute Dich gewaschen!"
Dünnes Bier.
Gast: „Zum Donnerwetter, Herr Wirth, was ist denn
das heute für ein dünn Bier, da habt Ihr Euern Groschen,
jetzt geh' ich fort." Wirth: „No, warten's, Sic kricg'n
noch 1 kr., 's kost seit gestern blos 2 kr." Gast: „Was?
Na, da muß mer doch geschwind noch eins trinke."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Slavisches Lied" "Dünnes Bier"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 43.1865, Nr. 1063, S. 164
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg