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hauptetc, cv habe das Horn schon feit längerer Zeit vermißt,
so ließ er mich hart an und wies mich ein für allemal mit
meinen grundlosen Verleumdungen, wie er cs nannte, ab.
Was sollte ich machen? Mit großen Herrn in Streit sich
cinzulasscn, thut nimmer gut, denn unser Einer kommt dabei
, am schlechtesten weg, und so mußte ich wohl oder übel
schweigen, um mich selbst dem Grafen gegenüber sicher zu
\ stellen. Der Martin ward nachher, da der von mir gefaßte
Verdacht auch bei andern aufstieg und allgemein laut ward,
auf ein anderes Gut seines Herrn versetzt, von wo er bald

| darauf verschwunden sein soll."

Hier schwieg der Alte und lange noch ward der Gegen-
stand besprochen, der für Alle von so großem Interesse war,
denn Jeder kannte den alten Robert und verehrte sein Unglück.
Einer aber hörte die Verwünschungen nicht mehr, die gegen
den Mörder ausgesprochen wurden, an dessen Person Keiner
mehr zweifelte. Der Mann in den grauen Haaren war cs,
der schon bei den letzten Worten des Schulzen unbemerkt

von den Andern, ans dem Zimmer sich entfernt hatte und
mit scheuer Hast in die Nacht und das Wetter hinausstürzte.

Im Walde draußen tobte der Sturm. Wie gespenstische
Schatten jagten die Wolken an dein nmnachtcten Himmel
einher, daß nur selten des Mondes bleiche Strahlen hindurch-
zubrechen vermochten, die die Säume der dahinrauschcnden
Nachtwandler matt erhellend, in das unheimliche Dunkel des
Waldes hinabglitten. Drunten aber raste die Windsbraut
heulend durch die Wipfel und verstreute rings in dichtem
Stegen Blätter und Zweige und die Stämme der Bäume
beugten sich stöhnend vor ihrem furchtbaren Toben. Kein
Leben weilte mehr fern von schützendem Obdach, das Wild
hatte seine Höhlen gesucht und die Vögel bargen sich in den
schirmenden Nestern, alle Stimmen des TagcS waren ver-

stummt in chrfurchsvollem Schweigen, denn die Herrscherin
der Nacht wandelte durch den Wald.

Doch ein Wesen gab c§, das noch wachte in Sturm
und Nacht, das umringt vom Aufruhr der Natur gleichgültig
war gegen alle ihre Schrecken, denn furchtbarere Stürme
hatten sein Inneres durchtobt, bis es abgestorben war für
jegliche Furcht. Am Stande des Waldes, der die Hütte des
Wahnsinnigen in seinem Schooße barg, erhob sich eine hoch-
ragende Linde, die im Frühlingsgewande glänzend, jetzt vom
Wetter durchbraust ihren Blüthenschmuck klagend zu Boden
streute. Und an ihrem Fuße von ihren Blüthen bedeckt war
die Stätte, die das^Opfcr eines Verbrechens umschloß, daö
jetzt noch, nachdem so lange Jahre darüber hingerollt waren,
mit frischblutigen Zügen im Andenken der Ueberlebendcn ge-
schrieben stand. Hier ruhte Marie, die gemordete Braut und
an ihrem Grabe knicete der Verlassene, Beraubte, harrend
der Erlösung und auf's Neue hoffend; war cs doch wieder
Frühling und sic hatte ihm ja gesagt: wenn der Frühling
kommt, dann sollst Du bei mir sein. Die weißen Locken
flatterten wild um sein Antlitz, der Sturm
trieb ihm Blätter und Zweige in's Gesicht, er
achtete es nicht, fühlte cs nicht, unbekümmert
um alles Andere starrte er nur hin auf das
Grab, das sein Theuerstes umschloß, und wie
der Rosenstrauch, der es schmückte, seine weißen
Blüthen ihm zu Füßen streute, da glaubte er,
sie spreche zu ihm in leisen Worten, die er
aber alle verstand, die geliebten Laute über-
tönten den Sturm, klar und deutlich schlugen
sie an sein entzücktes Ohr. Und wieder stiegen
ihre Züge vor ihm aus der Nacht empor, die
ihn umgab, so schön und holdselig wie er sie
kannte, da sie noch lebte, wieder sah er sic,
die eben noch in Lebensfülle blühte, blutbe-
strömt vor sich auf den Stasen sinken, alles
war ihm so frisch noch als sei es gestern erst
geschehen: waren auch Geist und Körper ge-
altert und erstorben, seine Liebe und sein
Schmerz, sie waren beide noch jung und un-
verändert wie im Augenblicke ihres Entstehens.

Doch nicht länger war er der einzige, den die Sturm-
nacht wachend in ihrem Steiche fand. Hastige Schritte ertön-
ten fernher aus dem Walde in den Pausen, wo der Sturm
ruhte um Odem zu schöpfen zu neuem Toben. Sie kamen
näher und näher, der Knieende vernahm sie nicht. Jetzt
rauschte es in den Büschen am Stande des Waldes, die
Zweige bogen sich auseinander und in's Freie heraus trat
eine Gestalt, die schon einmal an diesem Tage uns begegnet
ist. Tief schöpfte er Athen,, der Mann in dem grauen Haar,
als ob er einer schweren Gefahr entronnen sei, scheu blickte
er um sich, da traf sein Auge das Grab au seiner Seite.
Entsetzt fuhr er zusammen, eben erstickte Erinnerungen traten
auf's Siene in schrecklicher Deutlichkeit vor seine Seele, er
erkannte den Ort, den Wald, daS Grab mit den weißen
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Im Walde"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Oberländer, Adolf
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Unrecht
Mann <Motiv>
Erzähler
Flucht <Motiv>
Gaststätte <Motiv>
Schleichen
Alter
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Missfallen

Literaturangabe

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Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 46.1867, Nr. 1137, S. 130

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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