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Glück.
Ethnographisch.
Es wendet Jenen seinen Rücken
Und Diesen stellt's ein Bein voll Tücken.
Man sagt, daß es ein Mädchen sei,
Das seine Hnld verschenket frei
Und Dem gerad' am meisten lacht,
Der nichts Besvnd'res ans ihr macht,
Wie Dem, der zugreift keck und froh,
Als ob sich das gehörte so.
D'rum, kommt das Glück dir in den Weg,
So sei nicht schüchtern oder trag;
Reicht's dir den Finger, nimm die Hand,
Eh' noch das Blättlein sich gewandt!
Denn bald erkennest du voll Reu:
Hingebend ist es nicht, noch treu.
So will denn unser Sprichwort sagen:
Wenn Einer ward vom Glück getragen,
So folgt nicht, daß cs dir gelinge;
Nicht alle machen solche Sprünge:
Ein Schüler wollt' ein Nest voll Dohlen
Vom hohen Thurmgesimse holen.
Zur Lucke wird hinansgestellt
Ein Brettchen, das ein and'rer hält.
Schon steht er draußen ans dem Ende,
Ta spuckt der And're in die Hände . . .
Risch! jener fliegt vom Thurm geschwind —
Doch fängt im Chorrock sich der Wind,
Und er schwebt unversehrt hinunter . . .
Probir's, das Glück thnt solche Wunder!
Doch wieder will das Sprichwort sagen:
Du mußt darum noch nicht verzagen,
Weil Hunderten es nicht gelang,
Sic waren ungeschickt und bang',
Du hast den rechten Schick und Mnth:
Wer weiß, ob's Glück nicht auf dir ruht?
'S ist eben eine Sache jetzt,
Worauf man sein Vermögen setzt.
Mit Erfurt, dem mächtigen lag zur Zeit
Thalmann von Lunderstedt in Streit:
Da sprengt er hin, die Zügel verhängt,
Von Reisigen Erfurt's hart bedrängt;
Die jubeln in guter Zuversicht:
„Jetzt, jetzt entgeht uns der Ritter nicht!
Vor ihm die Wand von Rothenstein.
Wer wagt es, wer ritte wohl dahinein?
Noch Keiner hat es zu Stande gebracht."
Doch Thalmann hat sich nur wenig bedacht,
Reitet mit Hellem Blick zu Thale,
Grüßet das Fähnlein, schwimmt durch die Saale . . .
„Viel lieber statt sicherer Schmach und Noth,
Versuche das Glück: Sieg oder Tod!"
H. Iiidc.
Ein Bauer aus dem Paznauner Thal in Tirol kommt
zum erstenmale in eine ihm fremde Gegend, wo er einen
gemauerten Schweinstall sieht, den er für ein Wohnhaus !
hält. Ein Schwein streckt gerade seinen Kopf heraus und
grunzt. Kopfschüttelnd bleibt der Paznauner stehen und
sagt zu seinem Buben: „Josele, do schau — on andern Land- j
schaft, andern Leut'."
Die Compaguic-Casse.
In ein elegantes Hotel der Residenzstadt traten beinahe
zu gleicher Zeit 2 Offiziere — ein Linieninfanterist und ein
Jäger. Obwohl einander gänzlich unbekannt, grüßten sie
sich, als ob sie alte Bekannte wären, und ließen sich in
einer behaglichen Ecke nieder.
„Kamerad", sagte der Jäger-Hauptmann, ein großer
schöner Mann, „jetzt sitzen wir so traulich beisammen, und :
ich habe Dich noch nicht gefragt, ob Du hier stationirt bist?
Glaubte ich doch, daß Dein Regiment in der Provinz liege."
„Dieselbe Frage wollte ich an Dich thun, Freund,"
antwortet darauf der Infanterist, ein schon etwas älterer,
freundlich lächelnder Hauptmann. „Ich habe durchaus nicht
das Glück in der Kaiscrstadt zu residiren, sondern vegetiere
ebenfalls in der Provinz, wo ich mich ehrlich von Schweine-
fleisch und Brod nähre, und dazu etwas Wein trinke. Vor
wenigen Stunden erst bin ich hier angekommen und werde
mich auch nur so lange hier aufhalten, als ich brauche, bei
seiner Majestät eine Audienz zu erlangen."
„Corpo di bacco, das nenne ich ein merkwürdiges Zu-
sammentreffen ," meint der Andere, „dasselbe ist auch bei
mir der Fall und vielleicht war es ein glückliches Spiel des
Zufalls, das uns hier so znsammenwürfelte."
„Wenn's Dich nicht ennnirt, edler Waffenbruder, so
erzähle ich Dir die Ursache meiner Anwesenheit, hoffe jedoch,
daß Du Gleiches mit Gleichem bezahlst, und mir auch Deine
Affaire mittheilst, vorausgesetzt, daß ich sie wissen darf."
Glück.
Ethnographisch.
Es wendet Jenen seinen Rücken
Und Diesen stellt's ein Bein voll Tücken.
Man sagt, daß es ein Mädchen sei,
Das seine Hnld verschenket frei
Und Dem gerad' am meisten lacht,
Der nichts Besvnd'res ans ihr macht,
Wie Dem, der zugreift keck und froh,
Als ob sich das gehörte so.
D'rum, kommt das Glück dir in den Weg,
So sei nicht schüchtern oder trag;
Reicht's dir den Finger, nimm die Hand,
Eh' noch das Blättlein sich gewandt!
Denn bald erkennest du voll Reu:
Hingebend ist es nicht, noch treu.
So will denn unser Sprichwort sagen:
Wenn Einer ward vom Glück getragen,
So folgt nicht, daß cs dir gelinge;
Nicht alle machen solche Sprünge:
Ein Schüler wollt' ein Nest voll Dohlen
Vom hohen Thurmgesimse holen.
Zur Lucke wird hinansgestellt
Ein Brettchen, das ein and'rer hält.
Schon steht er draußen ans dem Ende,
Ta spuckt der And're in die Hände . . .
Risch! jener fliegt vom Thurm geschwind —
Doch fängt im Chorrock sich der Wind,
Und er schwebt unversehrt hinunter . . .
Probir's, das Glück thnt solche Wunder!
Doch wieder will das Sprichwort sagen:
Du mußt darum noch nicht verzagen,
Weil Hunderten es nicht gelang,
Sic waren ungeschickt und bang',
Du hast den rechten Schick und Mnth:
Wer weiß, ob's Glück nicht auf dir ruht?
'S ist eben eine Sache jetzt,
Worauf man sein Vermögen setzt.
Mit Erfurt, dem mächtigen lag zur Zeit
Thalmann von Lunderstedt in Streit:
Da sprengt er hin, die Zügel verhängt,
Von Reisigen Erfurt's hart bedrängt;
Die jubeln in guter Zuversicht:
„Jetzt, jetzt entgeht uns der Ritter nicht!
Vor ihm die Wand von Rothenstein.
Wer wagt es, wer ritte wohl dahinein?
Noch Keiner hat es zu Stande gebracht."
Doch Thalmann hat sich nur wenig bedacht,
Reitet mit Hellem Blick zu Thale,
Grüßet das Fähnlein, schwimmt durch die Saale . . .
„Viel lieber statt sicherer Schmach und Noth,
Versuche das Glück: Sieg oder Tod!"
H. Iiidc.
Ein Bauer aus dem Paznauner Thal in Tirol kommt
zum erstenmale in eine ihm fremde Gegend, wo er einen
gemauerten Schweinstall sieht, den er für ein Wohnhaus !
hält. Ein Schwein streckt gerade seinen Kopf heraus und
grunzt. Kopfschüttelnd bleibt der Paznauner stehen und
sagt zu seinem Buben: „Josele, do schau — on andern Land- j
schaft, andern Leut'."
Die Compaguic-Casse.
In ein elegantes Hotel der Residenzstadt traten beinahe
zu gleicher Zeit 2 Offiziere — ein Linieninfanterist und ein
Jäger. Obwohl einander gänzlich unbekannt, grüßten sie
sich, als ob sie alte Bekannte wären, und ließen sich in
einer behaglichen Ecke nieder.
„Kamerad", sagte der Jäger-Hauptmann, ein großer
schöner Mann, „jetzt sitzen wir so traulich beisammen, und :
ich habe Dich noch nicht gefragt, ob Du hier stationirt bist?
Glaubte ich doch, daß Dein Regiment in der Provinz liege."
„Dieselbe Frage wollte ich an Dich thun, Freund,"
antwortet darauf der Infanterist, ein schon etwas älterer,
freundlich lächelnder Hauptmann. „Ich habe durchaus nicht
das Glück in der Kaiscrstadt zu residiren, sondern vegetiere
ebenfalls in der Provinz, wo ich mich ehrlich von Schweine-
fleisch und Brod nähre, und dazu etwas Wein trinke. Vor
wenigen Stunden erst bin ich hier angekommen und werde
mich auch nur so lange hier aufhalten, als ich brauche, bei
seiner Majestät eine Audienz zu erlangen."
„Corpo di bacco, das nenne ich ein merkwürdiges Zu-
sammentreffen ," meint der Andere, „dasselbe ist auch bei
mir der Fall und vielleicht war es ein glückliches Spiel des
Zufalls, das uns hier so znsammenwürfelte."
„Wenn's Dich nicht ennnirt, edler Waffenbruder, so
erzähle ich Dir die Ursache meiner Anwesenheit, hoffe jedoch,
daß Du Gleiches mit Gleichem bezahlst, und mir auch Deine
Affaire mittheilst, vorausgesetzt, daß ich sie wissen darf."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ethnographisch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Kiepe <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 46.1867, Nr. 1146, S. 206
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg