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Reelles Heirathsgesuch.

nicht entsinnen; die Entfernung zwischen unserem seitherigen
Wohnort und Wien war zu groß, um sie zum Reisen zu
veranlassen, und meines Vaters wichtige Stellung hatte es
niemals zugclasscn, ihr einen Besuch zu machen. Die beiden
Geschwister lebten aber im besten Einvernehmen, und korre-
spondirten sehr lebhaft miteinander.

Fünf Jahre vergingen, während welcher ich jedes Viertel-
jahr mit einem sehr freundlichen Briefe, den ich eben so herzlich
und dankbar erwiderte, meine Subsistenzmittel von ihr erhielt.
Mein erstes Eramen war bestanden, und man nannte mich
Referendar. Schon sah ich mich im Geiste zum Minister
avancirt, und verrichtete die Arbeiten meiner Kanzlei mit wah-
rem Feuereifer. Da erhielt ich eines Tages außer der gewöhn-

lichen Zeit einen Brief meiner Tante, welcher mich aus allen
meinen Träumen riß. Die würdige Dame wünschte, daß ich
mich verheirathcn solle!

Schon vor einer Reihe van Jahren hatte sie eine arme
Waise an Kindesstatt angenommen, und hing mit unendlicher
Liebe an dem kleinen Mädchen, van dem sie sagte, daß es
ihr ganzer Stolz sei. Ihr lebhafter Wunsch war, das Mädchen

zu versorgen. Da ihr aber gleichzeitig meine Zukunft am
Herzen lag, so hatte sie daran gedacht, falls ich mich dessen
würdig zeige, uns zu vereinigen. Ihren Brief schloß sie mit
den bedeutungsvollen Worten, daß sie ihre Pflegetochter zur
Erbin einsehen werde, uird drängte mich nun, zu ihr zu kommen,
um mich um deren Gunst zu bewerben. Am Erfolg, nament-
lich an meiner Liebenswürdigkeit, zweifelte sie nicht.

Ich war außer mir daüber und schrieb kurz, daß ich
auf die Ehre verzichte. In meinem Herzen lebte ein Bild,
das ich auf jener unvergeßlichen Schweizerreise mit Freund
Schlaich, nunmehr Advokat in unserer Vaterstadt, in mir auf-
genommen und seither nicht wieder vergessen hatte. Es war
ain Fuße des Rigi, wo ich in Gesellschaft mehrer Herren und

Damen ein Mädchen kennen lernte — lieblich wie eine frische
Rosenknospe, ein herziges Kind von 17 Jahren! Leicht be-
kannt, wie man auf Reisen wird, war ich von ihren Reizen
so gefesselt, daß ich ihr mehrere Tage lang nicht von der
Seite wich. Wir scherzten, lachten, plauderten mit einander,
als ob wir alte Freunde wären, und ihre Reisegefährten
waren zartfühlend genug, unseren kurzen schönen Traum nicht
zu stören.

Da kam wie ein Blitz aus heiteren Höhen der 9Cuf
meines Vaters — ich folgte der Stimme der Natur. Aber
mein Traum war dahin; zu blöde sie nach Namen und
Herkommen zu fragen, wußte ich uicht, wer die Holde war,
die mich mit so festen Banden an sich gefesselt hatte, — ihre
Freunde nannten sie Laura — mir aber ist nichts von ihr
geblieben, als die Erinnerung an die glücklichen Tage unseres
Beisammenseins. Ihr Bild jedoch trug ich seither als eine
Reliquie in meinem Herzen. Und ich sollte daran denken,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Reelles Heirathsgesuch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gebirge <Motiv>
Referendar
Pflegekind
Waisenkind
Geld <Motiv>
Unterstützung
Sack
Verlieben
Wien
Rigi
Eheschließung
Kanzlei
Studium
Ältere Frau <Motiv>
Ehevermittlung
Erbschaft
Karikatur
Schreibtisch
Junge Frau <Motiv>
Tante <Motiv>
Schweiz
Büro <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Schublade <Motiv>

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 52.1870, Nr. 1277, S. 3

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