Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 7.1912

DOI Artikel:
Mies, Paul: Über die Tonmalerei, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3592#0401
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
X.

Über die Tonmalerei,

Von

Paul Mies.

1. Wesen der Tonmalerei.

Über die Art und Weise, wie die Musik auf den Menschen wirkt,
ob ihr die Fähigkeit innewohnt, Vorstellungen zu vermitteln oder Ge-
fühle hervorzurufen, oder ob sich ihr Vermögen darauf beschränkt,
Stimmungen zu erregen, darüber haben Ästhetiker und Musiker seit
jeher nachgedacht, aber wenig Einigkeit erzielt. Hanslick, der in seiner
Schrift »Vom Musikalisch-Schönen« den ursächlichen Zusammenhang
zwischen Tonkunst' — die er nur als Instrumentalmusik betrachtet —
und Gefühlen leugnet, sucht zu zeigen, wie die Musik zwar nicht den
Inhalt von Gefühlen, wohl aber das Dynamische derselben darstellen
kann1)*). Später fügt er aber hinzu2): »Das für uns Wichtigste ist und

J) Zur Erklärung dieses Begriffs führen wir einige darauf bezügliche Stellen
aus Hanslick an: »Nur auf Grundlage einer Anzahl von Vorstellungen und Urteilen
kann unser Seelenzustand sich zu eben diesem bestimmten Gefühl verdichten«
(S. 22). »Nicht die Art der bloßen Seelenbewegung, sondern ihr begrifflicher Kern
macht sie« (die Liebe) »zur Liebe. Ihrer Dynamik nach kann diese ebensogut sanft
aIs stürmisch, ebensowohl froh als schmerzlich auftreten und bleibt doch immer
Liebe. Diese Betrachtung reicht hin, zu zeigen, daß Musik nur jene begleitenden
Adjektiva, nie das Substantivum, die Liebe selbst ausdrücken könne« (S. 23). »Was
kann also die Musik von den Gefühlen darstellen, wenn nicht deren Inhalt? Nur
aas Dynamische desselben. Sie vermag die Bewegung eines physischen Vorgangs
"ach den Momenten: schnell, langsam, stark, schwach, steigend, fallend nachzu-
bilden. Bewegung ist aber nur eine Eigenschaft, ein Moment des Gefühls, nicht
«»eses selbst« (S.26). *) Ha. M. S. S. 111.

*) Erklärung der Abkürzungen in den Anmerkungen.
E. Hanslick, Vom Musikalisch-Schönen 11. Auflage = Ha. M. S. — A. W. Ambros,
Geschichte der Musik Bd. I, 3. Auflage, 1887; Bd. II, 3. Auflage, 1891; Bd. III, 3. Auf-
jage, 1893; Bd. IV, 3. Auflage, 1909; Bd. V, 1. Auflage, 1882 = A. I-IV, V. -
H. Helmholtz, Die Lehre von den Tonempfindungen 3. Auflage, 1870 = He. T. —
G. Klauwell, Geschichte der Programmmusik 1910 = KI. Pr. M. — Denkmale deut-
scher Tonkunst Bd. X = D. d. T. Bd. X. — Denkmäler der Tonkunst in Österreich
Bd. X = D. d. T. i. Ö. Bd. X. — Publikationen älterer praktischer und theoretischer
Musikwerke der Gesellschaft für Musikforschung Bd. X = Publ. Bd. X. — Sammel-
 
Annotationen