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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 5.1894

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Schlie, Friedrich: Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.3804#0225

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Kühlbecken von Delffter Fayence mit fünffarbiger Scharffeuerbemalung, Werk des Louwys Fictoor,
ca. 1700. Gr.-Durchm. 44 cm. (Aus dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg.)

DAS HAMBURGISCHE MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE.

AS vorliegende Buch1) ist eine
reife Frucht von einem fünf-
undzwanzigjährigen Baum, den
der Verfasser selber gepflanzt,
mit unendlicher Liebe, Sorg-
falt und Mühe gepflegt und zu
einer vollen und herrlichen
Krone emporgeführt hat. Es ist
die Lebensarbeit eines Mannes,
der an seine Schöpfung sein Herzblut gesetzt hat.
Wenn Brinckmann mit guter Hoffnung auf die Zukunft
S. V der Einleitung den Satz ausspricht, es sei dem
Wirken der Kunstgewerbemuseen, nicht einzelner An-
stalten, sondern ihrer gesamten, mit litterarischen,
wissenschaftlichen und Werkstattversuchen verknüpften
Arbeit gelungen, eine Fülle technischer Verfahren, die
fast oder ganz verloren gewesen waren, dem Kunst-
gewerbe und jedem wieder zugänglich zu machen, der
nur den ernsten Willen mitbringe, sich ihrer zu be-
dienen, so wissen die Fachgenossen gut genug, dass dem
Hamburger Museum und seinem erfahrenen Leiter ein
wesentlicher Anteil daran gebührt. Und nun kommt
zur silbernen Jubelfeier, die der Gründer mit seinem
Institut in diesem Jahre begeht, ein „Führer" hinzu,
wie ihn bis jetzt kein kunstgewerbliches Museum besitzt.
Beide gewinnen damit einen der Stadt Hamburg zu
großer Ehre gereichenden Primat, der ihnen nie wieder
streitig gemacht werden kann.

1) Das hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe.
Ein Führer durch die Sammlungen, zugleich ein Handbuch
der Geschichte des Kunstgewerbes, von Jus/its Brinclnnann,
Hamburg. Verlag des Museums für Kunst und Gewerbe.
Leipzig, E. A. Seemann 1894.

Dass die Aufgabe und der Nutzen kunstgewerb-
licher Anstalten nicht darin bestehe, Kunst- und Kunst-
handwerk mit diesen und jenen Stilnachahmungen einem
äusserlichen Elekticismus in die Arme zu treiben, dass
der Künstler den Inhalt der Museen nicht bloß als eine
Sammlung von Vorbildern zu eigener bequemer Wirt-
schaft mit ihnen ansehe, sondern dass er vor allen Dingen
ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung sich bewusst
werde und daraus, die Erkenntniss schöpfe, dass das
Neue, was er macht, nur dann einen Wert gewinne,
wenn es nicht eine leichte äußerliche Nachahmung von
etwas Altem sei, sondern wenn es, in lebendigem Ver-
hältnis zu den Bedürfnissen der Gegenwart stehend
und aus diesen erwachsen, selbständiges Denken, Er-
fassen und Schaffen verrate, und dass er zu diesem
Zwecke genau ebenso, wie es in den vergangenen Stil-
perioden von Seiten der Besten nnd Kräftigsten geschah,
seine Aufmerksamkeit in erster Linie unbedingt dem
unerschöpflichen, immer wieder neu belebenden Formen-
schatz der Natnr zuwende: das ist es, was nicht genug
betont werden kann, und dem auch Brinckmann in seiner
Einleitung beredten Ausdruck leiht. In diesem höheren
Sinne durchaus selbständiger Beherrschung von Natur-
formen und verständiger, dem Bedürfnis entsprechender
Stilisierung derselben, nicht aber zum Zwecke sklavischer
Nachahmung von Einzelheiten, ist auf das große Bei-
spiel der beiden Inselvölker, der praktischen Griechen
des nahen Mittelmeers und der ebenso praktischen Japaner
des fernen Ostens, hinzuweisen; in diesem Sinne erst
werden diese klugen und findigen Leute unsere wahren
Lehrmeister werden.

Wie nun dieser kulturgeschichtliche Standpunkt,
der in einem Kunstgewerbemuseum als höherer und
 
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