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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 5.1894

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Aus dem deutschen Hause in Chicago
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https://doi.org/10.11588/diglit.3804#0047

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Das deutsche Haus auf der Weltausstellung in Chicago, erbaut von Jon. Kadke. (Ansicht von Süden.)

AUS DEM DEUTSCHEN HAUSE IN CHICAGO.

AS deutscheHaus in Chicago ist zu einemWahr-
zeichen und Denkmal deutschen Geistes ge-
worden; ungeachtet seiner vielgliederigen An-
lage macht das Werk einen prächtigen malerischen
Gesamteindruck und stellt der Erfindungsgabe und dem
architektonischen Gefühl seines Erbauers, Regierungs-
baumeisters Radke, ein allenthalben gültiges, gutes Zeug-
nis aus. Wollte man den deutschen Baugeist in einem
einzigen Werke darstellen, gewissermaßen die Quint-
essenz dessen zur Erscheinung bringen, was in deutschen
Landen zerstreut liegt, so musste wohl oder übel an ein
zusammengesetztes Werk gedacht werden. Ein Nürn-
berger Erkerhaus zu bauen wäre für das Beabsich-
tigte nicht ausreichend gewesen; ein nordischer Back-
steinbau hätte Alldeutschland auch nicht repräsentirt.
Der romanische Stil durfte nicht ganz fehlen; und
auch die Gotik musste ihr bescheidenes Plätzchen
erhalten, da sie doch in der mittelalterlichen Zeit
eine nicht nur architekturgeschichtlich, sondern auch

Kunstgewerbeblatt. N. F. V. H. 3.

kulturgeschichtlich so große Rolle spielte. Das wird
jedem erinnerlich, der da bedenkt, wie sehr das Er-
bauen der großen Dome den Deutschen Herzens-
sache und Seelensorge war. Diese verschiedenen
Elemente zu einem künstlerisch wirkenden Ganzen
zusammenzufassen war gewiss keine leichte Aufgabe
und die Gefahr lag nahe, dass das beabsichtigte Pot-
pourri den Charakter eines architektonischen Appe-
titsbemmchens annehmen würde. Regierungsbau-
meister Radke hat es nun vortrefflich verstanden,
dem Bau, man mag ihn betrachten von welcher Seite
man will, einen künstlerischen Schwerpunkt zu ver-
leihen, zu dem das Auge immer wieder zurückkehrt.
Das Innere des Hauses birgt nun außer einer
Anzahl Bureaus und einigen Sonderausstellungen,
wie die des Buchgewerbes und die der kirchlichen
Kunst in dem gotischen Kirchenchor, die Arbeits-
und Empfangsräume des Reichskommissars, Geheim-
rat Wermuth. Die Aufgabe diese Räume auszu-

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