1 Wunstorf-Idensen, Ldkr. Hannover, Alte Kirche. Vierungsgewölbe, Nordseite (Taufbild).
eine umfangreiche Inventarisation der Wandmalerei zu adap-
tieren (wo die Verhältnisse noch komplizierter sind: Wandmale-
rei besteht nicht aus klar umrissenen, einzelnen Scheiben).
In Anbetracht der großen Flächen und der vielen Bilder, die
aufzunehmen wären, haben wir das Schema auf nur vier Erhal-
tungszustände bzw. Schadensgrade beschränkt. Für den
Zweck eines „Korrektives der Fotografie” dürfte das gerade
noch ausreichen.
Erhaltungszustände/Schadensgrade
1. Guter Erhaltungszustand. Das Bild an der betreffen-
den Stelle ästhetisch ungestört. Wenige, sehr leichte
oder reversible Schäden (Farbe „wischt” oder ist ge-
ringfügig verschmutzt). Optisch unerhebliche kleine
Fehlstellen.
2. Malerei schadhaft verändert, ästhetisch gestört (Farb-
veränderungen), Schäden irreversibel (Farbe ausge-
dünnt, starkes Wischen, Absanden, fehlende Höhun-
gen oder Schatten).
3. Schwere Schäden, Bild ästhetisch entstellt. Farbe löst
sich in Schuppen oder „Schollen” ab. Hierher gehört
auch der Zustand, bei dem nur noch einzelne Striche
der Vorzeichnungen oder nur noch Farbe der Unterma-
lung sichtbar ist. Partien mit erheblichen Retuschen.
4. Totalverlust, keinerlei originale Farbe mehr vorhanden.
Auskittungen, zusammenhängende Retuschen.
Die hierangewandten Kriterien betreffen die Minderungen des
Erscheinungsbildes, denn die Grafik hat ja die Aufgabe, den
Betrachter/Kunsthistoriker darüber zu informieren, welche
Stellen im sichtbaren Bild „noch vertrauenswürdig” sind, in-
wieweit er Zeichnung, Farbe, Pinselführung des Malers vor
Augen hat. Eine Grafik nach den Gesichtspunkten des Re-
staurators sähe anders aus, sie müßte auch stark gefährdete
Stellen, etwa Blasen, Hohlstellen, auch Risse dokumentieren,
die wir übergehen, solange sie optisch nicht irritieren.8
So einfach dieses Konzept der grafischen Inventarisation er-
scheint, so diffizil ist die Ausführung. Beim Aufnehmen (Zeich-
nen) gilt es immer wieder zu überprüfen, ob die eigenen
Grundsätze auch konsequent befolgt werden, um sicherzu-
stellen, daß alle Zeichnungen vergleichbar sind. Je präziser
die Kategorien definiert sind, desto geringer wird der Spiel-
raum für subjektive Entscheidungen.
Auch die grafische Darstellung als solche gibt Probleme auf.
Zunächst liegt es nahe, jedem Erhaltungszustand eine Farbe
zuzuordnen, außer Schwarz und Weiß etwa die uns vom Stra-
ßenverkehr her vertrauten Farbwerte Rot, Gelb, Grün zu ver-
wenden (Abb. 2). Andererseits ist zu bedenken, daß der Erhal-
tungszustand unserer mittelalterlichen Wandmalerei in unend-
lich kleinen, stufenlosen Graden wechselt und daß die Grafik
nicht den Effekt einer „Falschfarbenfotografie” bieten, sondern
eher den graduellen „Verlauf” - wenn auch in Stufen verein-
facht - wiedergeben sollte. Dem entspricht besser ein farbiges
Stufenrelief in wenigen Tönen oder ein reines Helldunkel-Re-
lief, bei dem die Schadstufen innerhalb einer einzigen, breit
gefächerten Skala (von schwach zu stark) erscheinen.9 Ob
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