Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

DOI Artikel:
Geruschkat, Uta; Glashoff, Harm: Visuelle Objektdokumentation
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0017
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Visuelle Objektdokumentation
Uta Geruschkat / Harm Glashoff

Erfahrungsgemäß fallen bei allen restauratorischen Untersu-
chungen und Planungen in großer Zahl bildliche Darstellungen
an. Trotzdem ist immer wieder festzustellen, daß es später
oft - selbst bei intensiv untersuchten Objekten - an wichtigem
Bildmaterial fehlt; gleichgültig, ob es für allgemeine Vorträge,
Vergleiche, Auswertungen für Berichte, Vorlagen für Detailskiz-
zen, nachträgliche Einmessung von Punkten und Flächen
oder andere Zwecke benötigt wird. Deshalb sollte für die
bildhafte Erfassung von Architekturobjekten nach einem fest
definierten Konzept vorgegangen werden. Je nach den vorge-
sehenen Folgearbeiten läßt sich meistens ein Stufenplan auf-
stellen:
1. Erfassung des Objektes als Baudenkmal in ganzheitlicher
Sicht. Dazu gehören Skizzen oder Fotos, die folgende Infor-
mationen geben können:
- die städtebauliche Einbindung des Objektes in seine
Umgebung
- „schöne” Gesamtaufnahme(n) des Außeneindrucks von
typischen Standorten, möglichst von einem Rundgang
um das Objekt. Dabei sind gegebenenfalls auch Ein-
schränkungen der Ansichten als Texthinweise festzuhal-
ten
- Gebäudetypische Architekturdetails im Außenbereich
- eventuell spontan ins Auge springende Schäden und
bauliche Eingriffe
- Gesamteindruck des Innenraumes mit Ausstattung
- Gebäudetypische Innendetails einschließlich eventueller
Ausmalungen und ihres Zustandes.
2. Wenn weitergehende Arbeiten geplant sind, die den ge-
samten Baukörper oder wesentliche Teile davon betreffen,
sollten verformungsgetreue Pläne des gesamten Gebäu-
des in üblicher Aufmaßgenauigkeit (cm-Bereich etwa 1:50)
angefertigt werden. Im Idealfall sollten mindestens folgende
Pläne vorliegen:
- Grundriß im üblichen Sinn (mit Projektion von Fenster-
öffnungen, Gurtbögen, etc.)
- Grundriß des Dachbereichs
- Längsschnitt über das gesamte Gebäude
- Querschnitt (oder mehrere Schnitte je nach Grundriß,
möglichst mit Angaben über den Fundamentbereich).
Wenn umfangreiche analytische Arbeiten vorgesehen sind,
empfiehlt sich die Definition eines einheitlichen Raumkoor-
dinatensystems über den gesamten Baukörper, mit dessen
Hilfe jeder Beobachtungspunkt eindeutig lokalisiert werden
kann.
3. Für Haupt-Untersuchungsflächen (z.B. Wandgemälde)
sollten darüber hinaus entzerrte fotogrammetrische Pläne
in größerem Maßstab (1:25-1:10) vorliegen. Diese Auf-
nahmen sollten wesentliche Architekturelemente (z.B.
Kanten) und Konturen von Darstellungen (Ornamente, Um-
risse von Figuren) sowie gegebenenfalls deutlich sichtbare
Schäden (Risse, Ausbruch-Grenzen) wiedergeben. Sofern
Koordinaten definiert sind, sollten diese in die fotogramme-
trischen Pläne übernommen bzw. mit den Fotogrammetern
gemeinsam definiert werden.
Eine besondere Behandlung erfordert die Darstellung ge-
krümmter Flächen.
- Zylinderflächen sind problemlos „abzuwickeln” (gege-
benenfalls Hilfskoordinaten in Winkeleinteilung einfüh-
ren)

- Kugelflächen (Kuppelgewölbe, Apsiskalotten) können
nur in geeigneter Projektion dargestellt werden. Günstig
ist z.B. eine stereographische Projektion mit Berüh-
rungspunkt im Zentrum der jeweiligen Fläche. Entspre-
chende Algorithmen für die Umrechnung der Plankoor-
dinaten in Raumkoordinaten sind von der Fotogramme-
trie mitzuliefern.
- Gebuste Flächen lassen sich im allgemeinen nur mit
Hilfe von Höhenlinien in geeigneter Projektion darstellen.
Teilflächen können zuweilen „abgewickelt” werden.
4. Als Ergänzung zu den fotogrammetrischen Plänen sollten
im gleichen Maßstab Fotomosaiken angefertigt werden.
Unvermeidliche Verzerrungen und perspektivische Verkür-
zungen lassen sich weitgehend ausgleichen, wenn sich
die Bilder zu ca. 30% überdecken und mit möglichst
großem Aufnahmeabstand und langer Brennweite gearbei-
tet wird. Die Aufnahmerichtung sollte ± senkrecht auf der
Wand sein.
Auf Transparent-Deckblättern lassen sich Beobachtungen
leicht eintragen und später in die fotogrammetrischen
Pläne übertragen.
Für Laibungen, Pfeilerbündel und „winklige Ecken” eignen
sich wegen der perspektivischen Verzerrungen Fotomo-
saike nicht. Hier muß ausschließlich auf fotogrammetrische
Pläne und/oder individuellem Aufmaß großmaßstäblich ge-
arbeitet werden.
5. Abbildungen für spezifische restauratorische und wissen-
schaftliche Zwecke.
Hier sollte bei aller Notwendigkeit eine gewisse Zurückhal-
tung geübt werden und sich vor jeder Aufnahme die Frage
gestellt werden, was wofür im Bild festgehalten werden
soll. Im wesentlichen gibt es drei Fragestellungen für die
fotografische oder zeichnerische Darstellung von Details,
die sich exemplarisch auf typische Phänomene beschrän-
ken sollten:
- Kunstgeschichtliche Details, die zur Deutung beitragen
können oder besondere Eigenheiten des Objektes bele-
gen;
- Stellen, die wesentliche Aussagen über Schichtenauf-
bau, Maltechniken, Übermalungen und Veränderungen
der Bildsubstanz erlauben;
- spezifische Schadensphänomene.
Dazu kommen bei restauratorischen Eingriffen fallweise
Aufnahmen des derzeitigen Zustandes im Sinne der Be-
weissicherung.
Alle diese Abbildungen sind eindeutig zu lokalisieren, sei
es durch Koordinatenangaben (Bildmittelpunkt, Aufnahme-
maßstab bzw. Radius der abgebildeten Fläche) oder durch
Einzeichnen in Übersichtsaufnahmen, auf Transparente der
Fotomosaike oder in fotogrammetrische Pläne.
Sämtliches Bild- und Planmateriai ist bei Abschluß der Arbeit
an einem Objekt mindestens in Form von Verzeichnissen zu
erschließen und späterem Zugriff zugänglich zu machen.
Summary
A methodological approach to gradual photographic and
graphic documentation of historic monuments is given here.
Different methods and the extent of documentation are pre-
sented according to the aims of investigation.

15
 
Annotationen