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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

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Schwarz, Andreas: Infrarot-Thermographie zur berührungslosen Bestimmung von Dichte- und Feuchtedifferenzen an historischen Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0035
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Infrarot-Thermographie zur berührungslosen Bestimmung
von Dichte- und Feuchtedifferenzen an historischen Wandmalereien
Andreas Schwarz

Aufgabenstellung
Ziel der Arbeiten des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung
innerhalb des Verbundprojektes „Wandmalereischäden” ist
die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung einer Meßmethode
zur berührungslosen, zerstörungsfreien Bestimmung von Ma-
terialfeuchteverteilungen auf malereitragenden Mauerwerks-
oberflächen. Die hierfür besonders geeignete Infrarot-Ther-
mographie wird durch spezielle Bestrahlungsmethoden so-
weit ergänzt, daß Feuchteverteilungen oberflächennaher
Schichten thermographisch sichtbar werden.
Die anwendungsorientierte iterative System- und Methoden-
entwicklung erfolgt parallel zu konkreten Untersuchungen am
Objekt. Fragen nach bestimmten Feuchteverteilungen inner-
halb der Malschichten bzw. des Malschichtträgers und deren
Korrelation mit spezifischen Schadensphänomenen sollen mit
der Infrarot-Thermographie beantwortet werden. Auch eine
Beurteilung der Aktivität bestimmter Zerfallszonen innerhalb
der Malerei soll über die Bestimmung aktueller Feuchtevertei-
lungen ermöglicht werden.
Methode
Mit einem kurzzeitigen Wärmeimpuls über Infrarot- bzw. Hoch-
frequenzstrahler werden einzelne Oberflächenbereiche um bis
zu 5 K erwärmt. Die so erzeugte instationäre Temperaturvertei-
lung der Fläche wird thermographisch aufgenommen, wobei
Dichte- und Feuchtedifferenzen oberflächennaher Schichten
im Wärmebild qualitativ sichtbar werden.
Die Infrarotbestrahlung führt hierbei zu einer verstärkten Ver-
dunstung von oberflächlich vorhandenem Wasser und damit
in feuchten Bereichen zu einer relativen Temperaturabsenkung
gegenüber trockeneren Flächen. Diese Abkühlung durch Wär-
meentzug bei der Wasserverdunstung wird von einer erhöhten
Wärmeableitung in feuchten Wandbereichen noch verstärkt.
Abhängig von Höhe und Dauer der Bestrahlung gehen über
die feuchteabhängige Wärmeleitung der Putzschichten tiefer-
liegende Wandbereiche in die Temperaturverteilung der Ober-
fläche und damit in die Messung ein. Die Infrarotbestrahlung
wurde bisher mit einem Infrarot-Strahler mit einer Anschlußlei-
stung von ca. 1 kW und einer Bestrahlungsdauer von ca.
20 Sekunden durchgeführt. Der Abstand zur Wandoberfläche
betrug hierbei ca. 40 cm, die in die Messung eingehende
Putzschichttiefe maximal 5 mm.
Die Mikrowellenbestrahlung, durchgeführt mit einem Hochfre-
quenz-Strahler im Frequenzbereich von 2450 ± 50 MHz, einer
Anschlußleistung von ca. 650 W und einer Bestrahlungsdauer
von ca. 8 Minuten, führt über die feuchtespezifisch erhöhte
Dämpfung des Hochfrequenzfeldes im Gegensatz zur Infrarot-
bestrahlung zu Erwärmungseffekten in Wand- und Oberflä-
chenbereichen mit erhöhtem Wassergehalt.
Über eine zusätzliche gravimetrische Feuchtemessung,
durchgeführt in Wandbereichen ohne Wandmalerei mit anson-
sten vergleichbaren Randbedingungen, ist mit der durch Wär-
mebestrahlung ergänzten Infrarot-Thermographie auch eine
halbquantitative Feuchtemessung möglich.

System
Die für die Untersuchungen eingesetzte Anlage besteht aus
einem Slow-scan-Sensor in Form einer Infrarot-Kamera und
der Kamerasteuerung mit Bildspeicher. Auf einem ange-
schlossenen RGB-Monitor wird das Wärmebild dargestellt.
Diese in Abb. 2 als Thermographie-System bezeichnete An-
lage weist folgende technische Daten auf:
Systembezeichnung: Zeiss Ikotherm, hochauflösendes
Wärmebildsystem mit radiometri-
scher Messung der Absoluttempe-
ratur
Detektor: HgCdTe
Wellenlängenbereich: 7 ... 12 ^m
Temperaturauflösung: < 0,3 K bei 30°C
Temperaturgenauigkeit: 0,3 K bei 25 . . . 42°C
Mit dem angeschlossenen Personalcomputer mit Bildverar-
beitung können aufgenommene Wärmebilder gespeichert
bzw. weiterverarbeitet werden. Ein zusätzlich angeschlosse-
ner zweiter RGB-Monitor dient der Darstellung aufbereiteter
Bilder. Abb. 3 zeigt diese Anlage bei Untersuchungen in der
Ev.-ref. Kirche in Krummhörn-Eilsum, Ldkr. Aurich.

Bisherige Arbeiten
In ersten orientierenden Versuchen wurden zwei romanische
Kirchenausmalungen in Norddeutschland untersucht: Die
etwa um 1240 im sächsischen Zackenstil ausgemalte Ev.-ref.
Kirche in Krummhörn-Eilsum, Ldkr. Aurich, sowie die um 1130
entstandene Ausmalung der Alten Kirche in Wunstorf-Idensen,
Ldkr. Hannover (Abb. 1).


1 Wunstorf-Idensen, Ldkr. Hannover, Alte Kirche. Die um 1130 ent-
standene Ausmalung als Beispiel für den progressiven Zerfall von
Wandmalereien.

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