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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

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Grote, Rolf-Jürgen; Königfeld, Peter: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen - ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie: aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden
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https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0008
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Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen - ein Forschungsprojekt
des Bundesministers für Forschung und Technologie:
Aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden
Rolf-Jürgen Grote / Peter Königfeld

Einleitung
Wandmalereien gehören zu den wertvollsten, aber auch emp-
findlichsten Kulturgütern. Sie werden in wachsendem Maße
von gravierenden Zerfallserscheinungen bedroht. Die Ursa-
chen sind bisher in der Bundesrepublik Deutschland, aber
auch im internationalen Rahmen, nie systematisch untersucht
worden. Erst in jüngster Zeit konnten bei Restaurierungen
einiger bedeutender Objekte in stark reduziertem Umfang in-
terdisziplinäre Schadensanalysen eingeleitet bzw. abge-
schlossen und daraus vorläufige Konservierungskonzepte ab-
geleitet werden. Diese vorwiegend empirische Vorgehens-
weise bildet allerdings eine nur unzureichende und für die
notwendigerweise langfristig angelegten denkmalpflegeri-
schen Maßnahmen unsichere Basis. Eine Prüfung der verfüg-
baren Konservierungsmittel und eine Erfolgskontrolle der Kon-
servierungsmethoden, grundlegende Bestandsaufnahmen
des maltechnischen Aufbaues von Wandmalereien, Hinterfra-
gung und gesamtheitliche Wertung der chemischen, physikali-
schen und biologischen Zerfallsvorgänge und ihre Interaktio-
nen als unabdingbare Basis für Erhaltungsstrategien stehen
aus; mangelhaftes Wissen über die direkten und indirekten
Auswirkungen des Handelns bzw. die Reaktionen der Objekte,
aber auch tiefgehende Schäden und irreversible Zerstörun-
gen, verursacht u.a. auch durch restauratorische Eingriffe,
müssen an fast allen Wandmalereien festgestellt werden. Es
fehlt sowohl die Absteckung des Problemfeldes, als auch die
materialübergreifende interdisziplinäre Forschung.
Denkmalpflegerische Probleme
Die akuten Probleme der Denkmalpflege bei der Erhaltung
von Wandmalereien wurden bisher von der naturwissen-
schaftlichen Forschung kaum berücksichtigt. Es liegt auf der
Hand, daß neben Studien zu den Korrosionsvorgängen auch
intensive Forschungen zur Konservierung durchgeführt wer-
den müssen. Dabei ist zu überprüfen, ob die heute üblichen
technischen Verfahren zugrundegelegt werden können bzw.
inwieweit eine Verbesserung dieser Verfahren und ihre Anwen-
dung möglich und notwendig ist. Vor allem muß die Gesamt-
skala der Konservierungsmittel, die in den vergangenen 150
Jahren zum Einsatz gekommen sind - Kalkkaseine, Kaseine,
Wachse, Öle, organische Harze (z. B. Acryl- und Epoxidharze),
Kieselsäureester - und siliciumorganische Verbindungen, Ka-
liwasserglas u.a. - auf ihre Wirksamkeit analysiert werden.
Die Schadensagentien an Wandmalereien sind sehr komplex.
Als Faktoren wirken vor allem Entstehungs- und Restaurie-
rungsgeschichte, das Material und die Exposition auf sie ein.
Spezielle Schadensursachen sind unter anderem:
- Undichtigkeiten aller Art
Dächer, Dachanschlüsse, Grundfeuchte
- Stark verwitterte Steine und Mörtel
- Unsachgemäße Eingriffe in das Baugefüge
Anbauten, Umbauten, Auskernungen
- Verwendung falscher Materialien bei Restaurierungen
Reinigen mit Säuren und Laugen,

Festigungen mit Wasserglas,
Abdichtungen mit Zementschlämme und Wasserglas,
Konservierungen mit Kunstharzen
- Heizung und Isolation
Veränderungen des Raumklimas,
Kondensationsmöglichkeit für Wasserdampf.
Da bisher weitgehend unklar ist, welche Ursachen zu Zerstö-
rungen an Wandmalereien führen, wird das gesamte analyti-
sche Instrumentarium innovativ weiter zu entwickeln sein. Hier
öffnen sich Notwendigkeiten einer breiten Forschungs- und
Entwicklungsarbeit. Wenn auch die sehr komplexe, schwie-
rige und differenzierte Aufgabe nur von einem interdisziplinä-
ren Verbund von Theorie und Praxis, von Forschungsinstitutio-
nen und Denkmalpflege, angegangen und durchgeführt wer-
den kann, ist es Ziel, erlernbare, objektspezifische und unpro-
blematische, da zerstörungsfreie Untersuchungstechniken,
einfache Prüfverfahren sowie modifizierte bzw. neue Konser-
vierungsmittel und -methoden für die Anwender (Restaurato-
ren, Bauämter, Architekten) zu entwickeln.
Das Forschungsprojekt im Überblick
Der Bundesminister für Forschung und Technologie (BMFT)
hat sich dieser Problematik in einem speziellen Forschungs-
projekt angenommen: Unter Leitung des BMFT und koordi-
niert vom niedersächsischen Institut für Denkmalpflege, Han-
nover, werden bedeutende Wandmalereien im gesamten Bun-
desgebiet eingehend wissenschaftlich auf ihre Schäden unter-
sucht. In einem Wissenschaftsverbund schließen sich in einer
fachbereichsübergreifenden interdisziplinären Kooperation
Techniker und Wissenschaftler aller relevanten natur- und gei-
steswissenschaftlichen Fächer zusammen.
Das Verbundprojekt setzt sich aus folgenden Arbeitsschwer-
punkten zusammen:
- Zentrales, vorwiegend denkmalpflegerisch ausgerichtetes
Projekt des Instituts für Denkmalpflege mit fachspezifi-
schen sowie wissenschaftlich-technischen Stützungsvor-
haben;
- Klimatologisch-bauphysikalische Untersuchungen;
- Mineralogie und anorganische Chemie;
- Mikrobiologie und organische Chemie.
Diese komplexe Aufgabe kann nur dann bewältigt werden,
wenn neben der beabsichtigten iterativ-innovativen Methodik
eine integrale Gesamtschau der Phänomene strikte Anwen-
dung findet, d. h. Bauwerk, Wandmalerei, ihre Umgebung und
ihre Einbettung in gesamtkulturelle Zusammenhänge bilden
eine untrennbare Einheit.
Das Teilprojekt des Instituts für
Denkmalpflege
Aus arbeitsökonomischen Gründen, vor allem aber, um die
Überschaubarkeit des Bearbeitungsraumes und die Ver-
gleichbarkeit der Phänomene zu gewährleisten, wird das Pilot-
projekt in Norddeutschland als kulturgeschichtlich zusam-
menhängendes Gebiet mit großer Objektdichte begonnen

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