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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

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Hinsch, Klaus: Laseroptik am Baudenkmal - ein Beitrag zum Erhalt steinerner Kulturgüter
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0043
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tion wie erforderlich zu registrieren, wird in der Bildebene noch
das vom Laser vorher abgezweigte Bezugslicht überlagert.
Zur Abspeicherung und Weiterverarbeitung der so entstehen-
den Helligkeitsmuster, wiederum körnige Lichtfelder, folgt eine
rechnergestützte Bildverarbeitung.
Machen wir uns die Funktion dieser Anordnung klar, indem
wir annehmen, der Stein bewege sich längs der optischen
Achse dieses Systems, d. h. in der Richtung auf die beobach-
tende Kamera, wobei Teilbereiche des Steins unterschiedlich
große Verschiebungen erfahren sollen. Bei einer solchen Be-
wegung verschiebt sich auch die Phase in der Bildebene längs
der Achse, so daß die Überlagerung mit dem Bezugslicht
ständig neue Helligkeitsmuster liefert. Immer dann aber, wenn
die Steinbewegung gerade dafür sorgt, daß sich z. B. die
Maxima um ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge längs
der Achse verschoben haben, sind die Ausgangsbedingun-
gen wiederhergestellt, so daß das ursprüngliche Muster wie-
der entsteht. Die Bildverarbeitung erhält daher die Aufgabe,
das jeweils einkommende Bild von einem ursprünglich abge-
speicherten Ausgangsbild zu subtrahieren. An allen Stellen
auf dem Stein, an denen die Bewegung gerade die zur Wie-
derherstellung des Ausgangsmusters erforderlichen Phasen-
verschiebungen erzeugt, liefert die Subtraktion Dunkelheit. An
den anderen Stellen bleibt wegen der Ungleichheit der verar-
beiteten Bilder ein Muster mittlerer Helligkeit über. Das Abbild
der Steinoberfläche ist also von dunklen Stellen, bei regelmä-
ßigen Verformungen meist streifenförmig, überzogen, die Orte
gleicher Verschiebung verbinden. An jeden dieser Streifen
könnte ein Verformungswert geschrieben werden, so daß sich
ein Muster ähnlich den Höhenlinien auf einer Landkarte ergibt
- mit dem Unterschied, daß hier die Linien nicht die absolute
Form des „Geländes” darstellen, sondern die Höhenverände-
rungen gegenüber dem Bezugszustand. Üblicherweise wer-
den diese Streifenmuster auf einem Monitor angezeigt, wobei
zusätzliche Bildverarbeitung zur eindrucksvolleren Visualisie-
rung eingesetzt wird (z. B. sog. Pseudofarbendarstellung zur
Erhöhung des Kontrastes). Da die Technik elektronisch Interfe-
rometrie mit Granulationsmustern betreibt, wird sie häufig ab-
gekürzt ESPI (Electronic Speckle Pattern Interferometry) ge-
nannt, man kann sie aber auch kürzer Videoholographie be-
zeichnen.5
Wir beschränken uns in dieser Darstellung auf prinzipielle Be-
merkungen, die zum unmittelbaren Verständnis des Meßver-
fahrens erforderlich sind. Feinheiten in der Technik erlauben
es, z.B. auch die Richtung der Verschiebung zu bestimmen:
Bewegungen auf den Beobachter zu oder von ihm weg müs-
sen unterschieden werden. Eine Ergänzung des Aufbaus regi-
striert neben der Bewegungskomponente längs der optischen
Achse die Komponenten in der Ebene senkrecht dazu, also
die Verschiebungen parallel zur Steinoberfläche. So ergibt sich
zum Beispiel der prinzipielle Aufbau eines Meßkopfes wie er
für viele der hier dargestellten Untersuchungen eingesetzt
wurde (Abb. 7). Hierin erkennt man im ausgezogenen Strah-
lengang den Aufbau aus Abb. 6 zur Messung der axialen
Verformung wieder, der gestrichelte Strahlenverlauf ist zur
Messung der Verschiebung erforderlich, die senkrecht zur
Achse und in der Zeichenebene liegt. Ein weiterer solcher Teil,
der entsprechend senkrecht auf der Papierebene steht, ließe
auch die letzte noch fehlende Komponente messen.
Eines der Hauptanliegen beim Studium von schädigenden
Prozessen an Wandmalereien ist es, auch direkt am Baudenk-
mal messen zu können. Für die Verformungsmessungen be-
deutet dies: möglichst kontinuierliche Messung von Verschie-
bungen, die nur einige Mikrometer groß sind, und dies in
Gegenwart eines breiten Spektrums von Störeinflüssen, die
leicht in Größenordnungen über den zu messenden Effekten
liegen können. Die Technik soll also in „Echtzeit” funktionieren,
d.h. die Ergebnisse sollten während des Prozeßablaufes

gleichzeitig zu sehen sein, und Erschütterungen oder Dejustie-
rungen müssen minimiert werden. Die grundlegende Philo-
sophie bei der Entwicklung des Oldenburger Meßsystems
war es daher, engen mechanischen Kontakt zwischen Meß-
kopf und Objekt herzustellen und alle optischen Daten elektro-
nisch zu verarbeiten. Dazu mußte der Meßkopf möglichst klein
und robust gebaut werden, die Bildaufnahme einem Video-
system sowie Speicherung und Weiterverarbeitung von Bil-
dern einer digitalen Bildverarbeitungsanlage übertragen wer-
den.
Die schnell fortschreitende Entwicklung immer neuer Kompo-
nenten der Optoelektronik und Elektrooptik liefert miniaturi-
sierte Diodenlaser und handliche, hochempfindliche Video-
kameras, die nicht mehr eine Videoröhre, sondern Halbleiter-
detektoren benutzen. Während ein videoholographisches
Meßsystem vor kurzem noch einen ganzen Labortisch (Abb. 9)
und die Bildverarbeitungsanlage dazu einen kleinen Raum
füllte, läßt sich ein Meßkopf nach dem Schema von Abb. 7
jetzt so klein und robust aufbauen (Abb. 8), daß er z. B. wie
in Abb. 1 an einem einzigen Dübel an der Kirchenwand hängt.
Auch die nötige Bildverarbeitung erfordert keinen großen
Rechner mehr, sondern kann von einem speziell ergänzten
PC bewältigt werden. Damit steht ein leistungsfähiges Gerät
zur Verfügung, um sich den vielfältigen Problemen bei immer
schneller fortschreitendem Verfall der steinernen Kulturdenk-
mäler zu widmen.
Für den speziell interessierten Leser seien hier noch einige
weitergehende technische Daten des Meßsystems zum Vor-
Ort-Einsatz, mit dem viele Ergebnisse für diesen Bericht ge-
wonnen wurden, angegeben: Die Laserdiode emittiert mit
40 mW Leistung bei einer Wellenlänge von 0,810 p.m und die
verarbeiteten Videobilder haben ein Format von 512 x 512
Bildpunkten. Beobachtet werden Gesichtsfelder von zur Zeit
ca. 5 x 5 cm. Sämtliche Verarbeitungsroutinen erfolgen auf
einem durch Bildverarbeitungskarten ergänzten PC-AT so
schnell, daß dem Videotakt von 20 Bildern/sec genügt wird.6
Steinprobe im Prüfstand
Die einzelnen Bestandteile eines Baudenkmals, seine Steine
in verschiedenen Sorten und Formen, seine Mörtel, Putze
oder Wandanstriche sind durch Kenndaten charakterisiert,
deren genaue Kenntnis zur Beurteilung von Schädigungsvor-
gängen unentbehrlich ist. Um z. B. die mechanische Belast-
barkeit eines einzelnen Natursteins zu erkunden oder die Ent-
wicklung von Bruchvorgängen zu studieren, wird üblicher-
weise eine Probe des Materials in einer Prüfmaschine einer
zeitlich steuerbaren Beanspruchung ausgesetzt. Dabei kann
z.B. die Dehnung als Funktion der Last verfolgt werden bis
die Probe beim Erreichen eines Grenzwertes bricht. Bei hete-


9 Videoholographische Messung der Rißbildung an einer mecha-
nisch belasteten Natursteinprobe im Labor.

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