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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Schäden an Wandmalereien und ihre Ursachen: ein Forschungsprojekt des Bundesministers für Forschung und Technologie; aktuelle Vorberichte zu den ersten interdisziplinären Befunden — [Hannover]: Inst. für Denkmalpflege, Heft 8.1990

DOI Heft:
Die Alte Kirche in Idensen
DOI Artikel:
Pursche, Jürgen; Drescher, Gerhard; Emmenegger, Oskar; Möller, Roland: Maltechnische Befunde
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.50505#0079
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der Pietra rasa einer untersuchten Stelle in der Apsis seitlich
des nördlichen Mandorla-Segmentes. Die Betrachtung der
originalen Mörtelkanten von Abbruchstellen zeigen die sehr
feine Mörtelzusammensetzung mit gleicher Korngrößenvertei-
lung sowohl des Arriccio als auch des Intonaco, was die
Analysen von Geilmann (vgl. Anm. 24) zu bestätigen scheint.
Danach besteht die Mörtelmischung aus 70 Prozent Sand
der Körnung von 0-1 mm als Füllstoff und 25 Prozent Kalk-
anteil als Bindemittel. Zu den fehlenden 5 Prozent äußert sich
Geilmann nicht.7
Weiter ist aus seinen Tabellen ersichtlich, daß der Hauptanteil
an Sand durch Korngrößen von 0,2-0,43 mm bestimmt wird.
Die von Geilmann festgestellte Korngrößenverteilung ist in der
nachstehenden Siebkurve dargestellt (Abb. 4).
Die Grafik zeigt, daß in der Mörtelmischung die oberen Korn-
größen von 0,1 -0,43 mm zu reichlich vorhanden sind - vergli-
chen mit der Ideallinie. Die in unserem Schema entwickelte
ideale Siebkurve würde ein Bindemittelverhältnis von minde-
stens 1 : 1 benötigen. Für eine ideale Siebkurve gilt die Regel:
Je feiner der Sand, um so größer ist seine innere Oberfläche
in einem Volumeninhalt. Daraus folgt: je größer die innere
Oberfläche dieses Inhaltes, desto größer der Bindemittelbe-
darf, um jedes Sandkorn zu umhüllen. Der Zustand, der opti-
sche Eindruck vor Ort und die Analyse von Geilmann weisen
deutlich auf eine viel zu magere Mörtelmischung hin. Dieser
Umstand führte dazu, daß Calciumhydroxid für die einwand-
freie Abbindung von Putz und Farbe nicht ausreichend zur
Verfügung stand. Darin ist auch der Grund zu suchen, weshalb
die Putzschicht nur ungenügend carbonatisiert ist und sandet.
Dem Idenser Meister waren die Eigenschaften seines verwen-
deten Sandes wahrscheinlich vertraut, wofür folgende Beob-
achtungen sprechen: Die einzelnen Putzlagen einschließlich
des Intonaco sind dünn, was bei der angewendeten Mörtelmi-
schung unumgänglich ist. Andererseits stellen sich dadurch
wohl auch keine Schwundrisse ein, die nur selten beobachtet
werden können.8
Intonaco-Oberflächenbehandlung
Der Intonaco wurde geglättet, blieb aber an der Oberfläche
durchwegs rauh stehen. Den Putz fein auszuglätten war aus
folgenden Gründen praktisch nicht möglich:
- durch das Rollen der Sandkörner beim Glättungsvorgang
auf der harten Unterlage der Mauersteine bzw. durch den
bereits hart gewordenen Arriccio;
- durch die magere Mörtelmischung. Der dünne Intonaco-
Auftrag sowie der schnelle Wasserentzug durch Arriccio
und Mauerwerk erschwerten das Verteilen und Glätten des
Putzes;
- Das Grobkorn läßt sich mangels Bindemitteln bei auf Null
auslaufendem Putz nicht fein anpassen.9
Bei Intonaco-Überlappungen und Intonaco-Anschlüssen, die
auf Null auslaufen, zeigt die Oberfläche die rauheste Struktur
(Abb. 5, 6).
In den Gewölben und besonders gut erhalten in der Apsis
der Pauluskapelle (im Bereich der Säulen) kann man ab und
zu glatte Oberflächen und bisweilen den Kellenduktus beob-
achten. Diese Werkspuren der Kelle an der Putzoberfläche
belegen die mittelalterliche Manier, den Intonaco zu glätten.
Für die Herstellung einer glatten Oberfläche, wie sie lediglich
partiell zu beobachten ist, wäre ein Mörtelauftrag von ca.
3 mm notwendig gewesen.
An allen untersuchten Partien ist der Mörtel in Zusammenset-
zung, Auftrag und Oberflächenbehandlung gleich.


4 Siebkurve der von Geilmann errechneten Korngrößenverteilung
(siehe Anm. 5).


5 Schema der Intonacoüberlappung.

Maltechnik
Die Intention des Malers von Idensen war es, in der Fresko-
technik zu arbeiten. Die Malweise im Sinne des „fresco buo-
no”, wie sie später Cennini und andere beschreiben, war ihm
offenbar nicht vertraut. Seine Arbeitsweise zeigt ein Zwischen-
stadium von Kalk- zur Freskomalerei.
Die Anlage der Malerei läßt jedoch erkennen, daß der Künstler
seine Arbeit vom ersten Konzept bis zum endgültigen Erschei-
nungsbild klar durchdacht und eingeübt hat, wobei er auch
technisch raffiniert vorgegangen ist.


6 Petruskapelle, Nordwand. Kopf aus der östlichen Darstellung un-
ten. Rauhe Struktur in der Haarpartie.

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