1 Schematische Darstellung einer Probenaufbereitung.
krobenmatten. Ferner muß darüber hinaus bis in die Tiefe des
Untergrundes mit eindringenden bakteriellen Begleitfloren ge-
rechnet werden, die optisch schwer feststellbar sind. Hieraus
leiten sich Konsequenzen für gegebenenfalls geplante Säube-
rungsmaßnahmen ab.
Zu der offensichtlichen optischen und damit ästhetischen Be-
einträchtigung tritt zumindest ein Schadenspotential durch
die Beeinflussung des Feuchtehaushalts unter den betroffe-
nen Partien hinzu, die sich durch die mehr oder weniger ge-
schlossenen, mit der Besiedlung einhergehenden, Schleim-
filme ergibt.
Chemoorganotrophe Bakterien und Pilze benötigen zum
Wachstum (Aufbau ihrer körpereigenen Substanz), sowie zur
Aufrechterhaltung ihrer Lebensfunktionen organisches Mate-
rial (organisch gebundener Kohlenstoff). Dieses Material ist
am Standort „Wandgemälde” in besonders reichem Maße
durch Bindemittel, z. B. auf Kohlenhydrat-, Ei-, Kasein-, Leim-
oder Ölbasis vorhanden. Die Aktivität der Mikroorganismen
bedeutet daher für das Wandgemälde massive Verluste von
Bindemittel und somit auch die Verringerung der Festigkeit.
Vorübergehend kann diese durch das Geflecht der zum Scha-
den beitragenden Organismen teilweise kompensiert werden,
da die Zellfäden als Teppich wirken, in den die Farbpartikel
eingebettet sind. Sterben die Organismen, so bröselt Farbe
erst dann ab, wenn sich die Mikroben gar nicht mehr nachwei-
sen lassen.
Die Mehrzahl der Mikroorganismen produziert - besonders
beim Wachstum im wechselfeuchten Luftraum - massive
2 Organismenanreicherung auf verschiedenen Nährmedien.
Schleimhüllen. Neben ihrem potentiellen Nährstoffcharakter
stellen diese quellbares Material dar, das die für die Aktivität
der Organismen erforderliche Feuchte über einen längeren
Zeitraum garantiert. Längere Trockenphasen führen schließ-
lich zum Rückgang der mikrobiellen Aktivität und zur
Schrumpfung der Schleime. Viele Organismen bilden unter
diesen Bedingungen widerstandsfähige Überdauerungssta-
dien wie z. B. Sporen und Zysten aus, die in der Lage sind,
auch solche Phasen zu überstehen und bei erneuter Feuchte-
zufuhr wieder auszukeimen, d.h. in die aktive Lebensform
überzugehen. Diese Formen können gleichzeitig der Verbrei-
tung über die Maloberfläche dienen.
Die hier beschriebenen Schleime wirken aber auch bei verän-
derter Feuchte als quellendes und schrumpfendes Material
in den oberen Schichten des Wandgemäldes. Aufgrund der
ständigen Feuchtewechsel in den Objekten führen diese me-
chanischen Belastungen langfristig zu einer Auflockerung des
Gefügeverbandes.
Die Produktion und Freisetzung organischer Säuren1,2 durch
die von Wandgemälden isolierten Mikroorganismen führt zu
Lösungsvorgängen an den Mineralbestandteilen, die durch
die komplexierende Wirkung vieler dieser Säuren verstärkt
werden. Insbesondere durch eine Besiedlung mit Pilzen setzt
hier auch die Auflösung von Calziumcarbonat ein. Da gerade
die Carbonatisierung von hoher Bedeutung für den Bestand
des Wandgemäldes ist, dürfte die Carbonatauflösung von ent-
scheidender Bedeutung für Substanzverluste sein.
Mikrobiell induzierte Oxidations-, Reduktions- und Metall-
transferprozesse6 können zu Farbveränderungen bei Metall-
pigmenten führen; ein bekanntes Phänomen bei Blau-Grün-
Verschiebungen des Kupfers und Schwärzungen von Bleisul-
fid. Eine Fülle weiterer Schadensursachen und Schadensme-
chanismen soll hier der Kürze halber nicht vertieft werden.
Hierüber wird in der Zukunft noch detailliert berichtet werden.
Probenentnahme und Aufarbeitung
Um zu prüfen, ob die zuvor dargestellten Schadensprozesse
an einem Objekt ablaufen, werden für diesen Zweck zusam-
mengestellte Nährböden mit definierten Probenmengen
geimpft, in denen die Organismen vorhanden sein können
(Abb. 1). Da es grundsätzlich nicht möglich ist, die exakten
Wand-(Lebensraum-)verhältnisse zu ermitteln und den Orga-
nismen im Labor anzubieten, werden für die möglichen unter-
schiedlichen physiologischen Gruppen solche Nährböden ge-
wählt, die ihnen allgemein gute Lebensbedingungen bieten.
Das bedeutet aber auch, daß pro Ansatz mehrere Nährboden-
typen geimpft werden müssen und daraus resultiert somit
letztlich ein entsprechender Materialverbrauch (Probenmenge
= „Impfgut”).
Sollte das Material lebensfähige Mikroorganismen enthalten,
so werden sich diese „Keime” innerhalb weniger Tage im Labor
zu Kolonien entwickeln, die - nach vielen Teilungsstadien -
bereits mit bloßem Auge sichtbar sind. Abb. 2 zeigt das Ergeb-
nis eines solchen Kulturversuches. Der ganze Prozeß könnte
mit Masern verglichen werden, bei denen die Flecken erst
lange nach der Infektion mit wenigen Keimen optisch sichtbar
werden. Die einzelnen Kolonien bestehen hier bereits aus
unzählig vielen Einzelzellen (Bakterien sind im allgemeinen
0,5-3 um groß). Unter optimalen Kulturbedingungen teilen
sich einige Bakterienarten im Labor alle 20 Minuten (d. h. aus
einer Ausgangszeile sind nach einer Wachstumsphase zwei
gleichwertige Zellen von der gleichen Ausgangsgröße entstan-
den). Eine derartige Wachstumsgeschwindigkeit kann zwar
am Objekt selbst nicht erwartet werden, dennoch muß auch
hierbei, für die Mikroorganismen günstigen Bedingungen da-
mit gerechnet werden, daß ein durch die Besiedlung hervorge-
rufenes Schadensbild als solches mit bloßem Auge sichtbar
wird.
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