Das Radetzky-Denkmal.
orgen soll also das Denk-
mal Radetzky's enthüllt
werden. Es ist ein großes
militärisches Schauspiel
geplant, und die Regi-
menter werden vor dem
Bilde des Mannes, dem
unsere Armee so unend-
^ lieh viel dankt, die
Fahnen senken. Bei all dem Geräusche dieses Fest-
tages wird allerdings auch das Werk des Künstlers
betrachtet werden, aber so schnell bildet sich kein
halbwegs richtiges ,Urtheil über ein Kunstwerk. Ein
Kunstwerk ist so wie ein Mensch, hinter dem etwas
steckt, man lernt ihn nicht von heute auf morgen
kennen, am wenigsten aber bei einer Festlichkeit.
So sei denn auch heute dem Denkmal bloß ein
Willkommen zugerufen und mehr seiner Vergangen-
heit, seiner Entstehung, als seiner Zukunft gedacht.*)
Wer das windschiefe Bretterhaus am Hof be-
sieht, der kann sich banger Zweifel schwer entschlagen.
Es ist kaum zu leugnen, dass der alte General wieder
einmal auf einem verlorenen Posten steht. Was thut's?
Vielleicht wird ein um so glänzenderer Sieg daraus.
Der Boden, auf dem das Denkmal steht, wäre so un-
passend nicht. Dort hat die Weltgeschichte schon
mehrfach ihr Theater aufgeschlagen und blutige
Stücke tragiret. Die Türken haben hier böse Er-
fahrungen gemacht. So steht das Denkmal auf echt
historischem, für Österreichs Waffen ehrenvollem
Boden. Es wäre ja auch alles gut, wenn man nur
wüsste, wo hinaus in aller Welt denn eigentlich Ross
und Reiter wollen. Das soll nun seinen Grund in
einem unterirdischen Abzugskanal haben. Wie doch
in der That die Dinge oft tiefliegende Gründe haben!
*) VgL „Allgemeine Kunst-Chronik" 1888, Seite 417.
Die Ausführung des Denkmals wurde einem be-
kannten Meister übertragen, und er hat seine künst-
lerische Überzeugung auch diesmal sowie sonst nicht
verleugnet: Plastik ist Ruhe. Alles ist an dem Denkmal
ruhig, der Aufbau, der Reiter und sein Ross. Nur
auf einem Relief ist ein Stück bewegten Lagerlebens,
über das wir schon vor Jahren, als es noch in Thon
vor dem Meister stand, genau berichteten. Radetzky
selbst ist das Bild der Ruhe. Etwas vorgebeugt, mit
der Linken lässig die Zügel haltend, die Rechte
weisend erhoben, das Auge klar in die Ferne ge-
richtet, im Waffenrock ohne Mantel, mit dem Feder-
hut —- so wird man ihn finden. Dass der Künstler
den Mantel weggelassen, ist nur gut. Es wäre auch zu
merkwürdig, wenn es jemand nach dem Hähnel'schen
Schwarzenberg noch gethan hätte. Das Pferd ist ein
edles, schönes, für den Reiter etwas großes Thier.
Zumbusch hat es mit allen vier Beinen fest auf den
Boden gestellt. Doch fehlt es ihm nicht an innerem
Leben: es spitzt die Ohren und horcht, es kaut un-
geduldig am Zaume, als könnte es den Befehl des
Herrn kaum erwarten. Es lässt sich vielleicht über
Zumbusch' Art, sich künstlerisch auszusprechen,
streiten; eins wird man ihm lassen müssen, die her-
kömmlichen Phrasen, will sagen die gewissen Posen
sind seine Sache nicht. Lieber nichts, scheint er zu
denken, als solches.
Zumbusch hat Radetzky als hochbetagten Greis
dargestellt; die Haltung und die Miene des Mannes
scheinen fast im Widerspruche mit seinem Beruf zu
stehen. Freilich hat, die Weltgeschichte sich diesen
Widerspruch erlaubt und ihn auch gelöst; der Greis
hat eben erst seine größten Thaten gethan. Aber da
wetteifert die Kunst wieder einmal aussichtslos mit
dem Leben! Der Künstler trachtete den Widerspruch
so gut als möglich zu verhüllen. Dass er darin lieber