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Allgemeine Kunstchronik: ill. Zeitschr. für Kunst, Kunstgewerbe, Musik, Theater u. Litteratur — 16.1892

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Allgemeine Kunst-Chronik. XVI. Bd. Nr. 25
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628

Allgemeine Kunst-Chronik.

Konzerte.
Das hochbeliebte Quartett Rose hat sich nun auch
in die des Dienstes Polyhymnias beflissene Truppe ein-
geieiht. Es brachte als Eröffnungsnummer das E-moll-
Quartett von Smetana. Das eigenartige, gründlich ge-
arbeitete Werk ist „Aus meinem Leben" betitelt und ent-
rollt in den einzelnen Sätzen Stimmungsbilder des wechsel-
vollen Lebenslaufes dieses schwergeprüften Tondichters.
Es enthält gute Musik. Im zweiten und vierten Satze sind
nationale Elemente glücklich verarbeitet. Die tiefstgehende
Wirkung erzielte der dritte, die Seligkeit der ersten Liebe
schildernde Satz. Gegen die Opern des gefeierten Ton-
setzers steht diese Hervorbringung allerdings weit zurück.
Das Gleiche können wir auch vom Es- du r- Quartett von
Ditters sagen, einem klar geformten, zuweilen reizvolle
Eingebungen aufweisenden Werk, das gegen „Doktor und
Apotheker" ungefähr so weit im Rückstände sich befindet
wie „Aus meinem Leben" gegen „Die verkaufte Braut".
Gespielt wurde beides vortrefflich.
Ein anderer böhmischer Tondichter, Fibich, war im
Philharmonischen Konzert mit der Ouvertüre zum
Lustspiel „Eine Nacht in Karlstein" zum Wort gekommen
und errang mit dem gehaltvollen, glänzend instrumentirten
Stück .einen ehrenden Erfolg. Von sonstigen Aufführungen
erwähnen wir ein Konzert der sattsam bekannten Brüder
Thern, eine durch Programm und Ausführung fesselnde
Produktion des Wiener akademischen Wagnervereines,
sowie jene des Klaviervirtuosen Reisenauer, die gleichwol
besser als ihr Ruf war.
Großem Interesse begegnete das Konzert der groß-
herzoglich hessischen Kammersängerin Jettka Finken-,
stein. Den kürzesten, aber nichtsdestoweniger wertvollsten
Theil ihrer Darbietung bildeten alte Gesänge, in denen sie
nicht bloß ihre schöne Altstimme wirken lassen, sondern
auch die Vorzüge ihrer eminenten Schulung in italienischer
Weise voll bewähren Iconnte. Beim Vortrag der großen Arie
aus Paris und Helena schien sie anfänglich gegen ein wenig
Befangenheit anzukämpfen. Monteverdi's tiefergreifendes „La-
mento d'Avianna" und das berückend schöne „Tre giorni"
von Pergolese wurden von ihr musterhaft gesungen, ersteres
mit edlem Pathos, letzteres mit klarer Hervorhebung seines
melodiösen Charakters. Sinnig trug sie ferner den „Weg-
weiser" von Schubert vor, interessant dessen „Doppel-
gänger", anmutig etliche Mendelssohn'sche Nippsächelchen.
Auch dem französischen Stil zeigte sie sich gewachsen, wie
wir aus der gelungenen Wiedergabe eines pikanten Liedes
Massenet's und eines in flüchtigem Plapperton dahin-
huschenden Chansons von Chopin entnommen. In eine
gänzlich anders geartete Region des Empfindens führten
uns zwei Brahms'sche Gesänge, die sie gleich den italieni-
schen und Schubert'schen Kompositionen mit warmem Aus-
druck sang und worin sie gleichfalls ihr Künstlertum
aufs erfreulichste bethätigt.
Schließlich sei auch einer kirchenmusikalischen Neu-
heit gedacht, einer Messe in B, die, von dem gelehrten
Dr. Otto Müller, einem gebürtigen Augsburger, kompo-
nirt, in der Hernalser Redemptoristenkirche zur Aufführung
kam. In dem streng gearbeiteten Werke im kontrapunkti-
schen A tyel/a-Stil erwiesen sich insbesondere das Kyrie,
Sanctus und Agnus als wertvoll und wirksam.
Dr. Max Dietz.

Kunstnachrichten.
(Zusammengestellt vom Herausgeber.)
Wien. In der Jahresversammlung der Künstlergenossen-
schaft wurde zum Vorstande der Genossenschaft Professor
J. M. Trenkwald gewählt. In den leitenden Ausschuss
(Vorstand-Stellvertreter: Architekt Franz Roth; Schrift-
führer: Architekt Professor Julius Deininger; Kassen-
verwalter: Dr. August Ritter von Honstetter) wurden
berufen (Felix hatte die Wahl entschieden abgelehnt): die
Maler Hans Temple und Ed. Zetsche, Architekt
Rud. Bernt, die Bildhauer Hugo Härdtl und Edm.
v. Hofmann. Der Vorsitzende, Architekt Roth, be-
richtete der Versammlung noch über die Audienz, welche
der Ausschuss beim Kaiser genommen, um demselben für
die Anerkennung zu danken, welche der Genossenschaft
gelegentlich der Widmung des Alt'schen Bildes für das
Hofmuseum geworden. Der Kaiser habe den Ausschuss
sehr gnädig empfangen und geäußert, er freue sich immer,
wenn er von der Genossenschaft Gutes höre. Vorstand
Roth dankte der Genossenschaft für das ihm bewiesene
Vertrauen. Herr Friedländer sprach dem scheidenden
Vorstande in warmen Worten den Dank der Genossen-
schaft aus.
In der Vollversammlung des Wiener Kunst-
gewerbe-Vereins am 24. v. M. berichtete Dr. Leisching
über zwei von der Handelskammer vorgelegte Fragebogen
betreffend die erweiterte Anwendung des IV. Hauptstückes
der Gewerbeordnung und betreffend die im Abgeordneten-
hause gestellten Anträge zur Abänderung, beziehungsweise
Ergänzung der Gewerbeordnung; es wurde beschlössen,
einen Referenten zu bestellen und die Angelegenheit in
der nächsten Vorstandssitzung zu berathen. Neu aufgenommen
in den Verein wurde der Glasfabrikant K arl Ritter v. K ralik
in Adolf bei Winterberg in Böhmen. Dr. Leisching berichtete
weiters über die am 15. November eröffnete Winteraus-
stellung, welche er als eine der gediegensten und schönsten
unter allen bisher veranstalteten bezeichnete. Sodann be-
richtete Architekt Bressler über die Installation der
österreichischen Abtheilung auf der Weltausstellung in
Chicago. Architekt Bressler theilte mit, dass für Dekorations-
zwecke 40.000 fl. zur Verfügung stehen, und dass sich die
Industrie-Abtheilung durch ein großartiges Portal und
sonstige zweckentsprechende Dekoration als schönste und
auffallendste Gruppe unter allen Staaten hervorthun werde.
Herr Bressler gab sodann an der Hand der Pläne Auf-
klärung über die Platzvertheilung und das ganze Arrange-
ment, besonders in Bezug auf die Kunstgewerbe, und
hob hervor, dass die österreichische Abtheilung zwar nicht
quantitativ, aber gewiss qualitativ großen Eindruclc in
Amerika machen werde, umsomehr, als das. Österreichische
Museum mit den hervorragendsten modernen Arbeiten aus
seinem Besitze und die ersten Namen des Wiener Kunst-
gewerbe-Vereines an der Ausstellung theilnehmen. Der
Bericht wurde mit lebhafter Befriedigung zur Kenntnis ge-
nommen. Sodann berichtete Herr Schwerdtner über den
neuen Erwerbsteuergesetzentwurf, an welchem er sehr
scharfe Kritik übte und den Nachweis erbrachte, dass mit
der Annahme des vorliegenden Entwurfes viele Zweige
des Kunstgewerbes geradezu vernichtet würden. An der
Debatte betheiligten sich die Herren P o1itzer,L. Schmitt,
Dr. Munk, Irmler und der Vorsitzende, Herr Hanusch,
 
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