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Klein, Dieter; Dülfer, Martin; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Dülfer, Martin [Ill.]
Martin Dülfer: Wegbereiter der deutschen Jugendstilarchitektur — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 8: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63235#0109

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Dülfers Villenbauten
Dülfer war als Villenbaumeister überregional bekannt; in
seinem Gesamtschaffen nehmen Villen und Landhäuser ei-
nen wichtigen Rang ein. Der Reihe ihrer Entstehung nach
sind bisher bekannt:
1895 Villa Josef Kalb in Wildenroth/Grafrath
1895 Villa Geheimrat Stützei in Wildenroth/Grafrath
1896/98 Villa Bechtolsheim in München/Bogenhausen
1897/98 Villa Albert Schmidt in München/Obersendling
1898 Villa Burri in München/Schwabing
vor1900 Villa Schuster-Woldan in Garmisch/Breitenau
1899/00 Villa Hugo Schmidt in München/Obersendling
1899/00 Villa Curry in Riederau/Ammersee
1901/02 Villa Dülfer in Krailling b. München
1902/05 Villa Becker in München/Bogenhausen
1903 Villenartiges Rückgebäude Franz-Josef-Str. Nr.
13 in München/Schwabing
1905/06 Villa Schenk in Freiburg/Breisgau
1907/08 Villa Philipson in Osnabrück.
Über das Landhaus, das Dülfer vor 1900 für den Kunstmaler
Schuster-Woldan in Breitenau bei Partenkirchen unter Ein-
beziehung eines bestehenden, alten Bauernhauses schuf,
sind bisher keine näheren Daten verfügbar; die Bauakten
sind nicht auffindbar, zudem verweigerten 1977 die Besitzer
jegliche Information.1129)
Mit Sicherheit entstanden auch während Dülfers Dresdner
Zeit mehrere Villenbauten, für die sich aber nirgends Bele-
ge fanden.1130)
Für alle nachweisbaren Bauten ist eine bewegte Dachland-
schaft charakteristisch, ab 1898 auch ein weitgehender Ver-
zicht auf Stuckdekor; ornamentaler Schmuck beschränkt
sich dann meist auf bildhauerisch gestaltete Kapitelle, auf
Balkongitter und andere Metallteile.
Dülfer bediente sich bei allen seinen Landhäusern typi-
scher Elemente der lokalen Bautradition; so verwendete er
für die Villa Kalb, die Villa Stützei und die Villa Albert
Schmidt bayrische Barockformen, für die Villy Curry (neben
amerikanischen Landhausdetails) Elemente der oberbayri-
schen Bauernhäuser. Das Landhaus Schuster-Woldan be-
hielt seinen ursprünglichen alpenländischen Charakter na-
hezu unverändert auch nach dem Umbau bei, an der Villa
Schenk finden sich Details von Schwarzwald-Häusern; bei
der Villa Philipson ist der Einfluß niedersächsischer Archi-
tektur unverkennbar.
Villa Kalb
Dülfers erste nachweisbare Villenbauten entstanden 1895
in Wildenrath an der Amper für den Münchner Bauunter-
nehmer Josef Kalb.1131) Eine ließ Kalb für sich und seine Fa-
milie entwerfen; sie wird heute als Pflegeheim verwendet.
Die süddeutschen Barockformen der Fassade zeigen ähnli-
che Details wie andere Dülferbauten der gleichen Zeit: die
Verwandtschaft zu den Mietshausfassaden Schellingstr. 21
und Wiener Platz 14 (beide um 1895) war unverkennbar. Der
Giebel mit dem (heute leider beseitigten) Hirschkopf wurde
in modifizierter Weise nach 1895 am Hause Nymphenbur-
gerstraße 149/151 verwendet (vgl. Abb. 14).
Durch die Lage des Grundstückes an einem Berghang er-
gibt sich die Ausbildung eines an einer Seite in ganzer Hö-
he aus dem Boden ragenden Untergeschosses, dessen Ab-


Abb. 92 Wildenroth: ehern. Villa Kalb, heute Pflegeheim
Marthashofen, Südost-Ansicht

schlußsims etwa in gleicher Höhe mit der am Hauptein-
gang vorbeiführenden Straße liegt.
Der relativ ungünstige Grundriß wurde vielleicht, wie in der
Liebigstraße, vom Bauherrn selbst vorgegeben. Dülfers Ein-
fluß ist aber auf jeden Fall bei der auf das englische Vorbild
der „Halle“ hinweisenden Verbindung von Vorplatz und
Treppenhaus anzunehmen1132): im süddeutschen Raum war
zu jener Zeit noch die getrennte Anlage von Treppen und be-
wohnbarer Diele üblich.
An den mit Untergeschoß und mit Dachausbau vierge-
schossigen Wohntrakt wurde ein niedriger, nur aus Unter-
geschoß, Erdgeschoß und Dachraum bestehender Wirt-
schaftsbau angeschoben.
Die beiden Zimmer und die Küche im Erdgeschoß sind di-
rekt vom Vorplatz aus zu betreten, eine schmale Durchrei-
che stellte die direkte Verbindung zwischen Küche und
Wohnzimmer her.


Abb. 93 Wildenroth: ehern. Villa Kalb, Grundriß Erdgeschoß

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