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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 21.1905

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Heft 3
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Zetzsche, Carl: Friedhofkunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.44852#0028

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1905

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 3




Architekt: Ernest Flagg'.

i

Mausoleum.
Aus »Architects’ and Builders’ Magazine«,

ihrer köstlich naiven Linienführung, — überall ist lebendige
Eigenart, wahrhaft künstlerisches
aller Aufwendigkeit doch immer
eine zielbewußte Selbstbeschrän¬
kung, die gewissenhafte Einhaltung
der Grenzen, welche dem Einzel¬
denkmal durch Standort, Umgebung
und Maßstab gezogen sind.
Daran aber fehlt es bei gar
vielen unsrer heutigen Grabmäler,
auch wenn künstlerische Kräfte
daran mitgewirkt haben. Zunächst
am Maßstab! Fragt man sich nicht
häufig bei der Betrachtung der
Grabmalentwürfe moderner Künst¬
ler kopfschüttelnd, ob diese Denk¬
mäler wirklich für unsre engen,
dicht besetzten Kirchhöfe bestimmt
sein sollen oder mit ihren Stein¬
haufen und Steinbildern nicht viel
mehr in eine Wüste oder eine
groteske Phantasielandschaft hin¬
einkomponiert sind, wie es sie bei
uns niemals geben wird.
Es mögen darin ganz schätzens¬
werte Eindrücke weitausgedehnter
Studienreisen zu Tage treten; für
unsre Friedhofskunst ist mit einer
so grundsätzlichen Verkennung des
Maßstabes und zugleich der Um¬
gebung nichts gewonnen.
Ist es aber nicht außerdem

gische Größe der
Toten, jener Adels-
geschlechter der
römischen Repu-
blik, auf die alle
Fürstenhäuser des
Mittelalters ihren
Stammbaum zu-
rückzuführen
suchten, der Cä-
saren und der
großen Päpste der
Renaissance und
ihrer riesenhaften
Genossen?
Hat denn unsre
Zeit außer dem
einen Unvergeß-
lichen im Sachsen-
walde wirklich
Empfinden und selbst bei Tote zu beerdigen,

Mausoleum. Architekten : Herts &
Aus »Architects’and Builders’Magazine«. Tallant in' New York,
deren Leben und Taten auch nur
annähernd ein Denkmal von solcher
Wucht verstehen ließen? Es scheint
als ließen auch hier viele Architek-
ten nur allzugern ihrer Phantasie
alle Zügel schießen, sich an ufer-
losen Massenwirkungen zu be-
rauschen, statt auf der Erde zu
bleiben und für unsre Erde Brauch-
bares zu ersinnen!
So wenig wie unsre Zentral-
friedhöfe mit der Via Appia, so
wenig haben unsre Erbbegräbnisse
und kleinen Gruftkapellen mit den
Pyramiden oder den Monumental-
bauten zu schaffen, in denen den
Giganten der Weltgeschichte eine
einsame Ruhestätte bereitet ist.
Andres ist es auch, wenn ein indi-
scher Großmogul seiner über alles
Geliebten ein Grabdenkmal er-
richtet, das seinesgleichen nicht
haben sollte auf Erden an Pracht
und Schönheit, einen Wunderbau
wie den Tadsch-Mahal, einsam in
einem Zaubergarten gelegen — auch
das ist einsame, heroische Größe,
von der in unsern kleinen lyrischen
Verhältnissen nichts — keine Spur
zu finden ist. Das sollte man nicht

Mausoleum. Architekten: Herts & Tallant
Aus »Architects’ and Builders’ Magazine«. , *n New York.

fe.

noch ein gutes Stück der gegenwärtig so beliebten tragischen

Architekt: Chas. J. Berg.


Pose, wenn für einen
Geh. Rechnungsrat
a. D. oder einen Da-
menhutfabrikanten in
Filz und en gros etwa
auf einem Kirchhofe
in Berlin W. Stein-
blöcke gehäuft werden,
wie für das einsame
Riesengrab einesMeer-
königs auf steiler
Meeresküste?
Wo haben wir denn
in Deutschland eine
Szenerie wie die Cam-
pagna, die selbst an
tragischer Größe un-
iibertreffbar ist? Und
gehört dazu nicht
immer wieder die tra-

vergessen und danach Maßstab und Motive bescheidener
wählen. Oder glaubt man, daß spätere Zeiten unsre heroischen
Felsengräber in den wohlgepflegten Reihenstraßen städtischer


Architekten: Morris, Butler & Rodman.

Mausoleum.
Aus »Architects’ and
Builders’ Magazine«.

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Mausoleum.
Aus »Architects’ and Builders’ Magazine
 
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