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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1.1967

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II.
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Chadraba, Rudolf: Zwei Welten im Bilde: zu den antiken Grundlagen dualistischer Komposition
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https://doi.org/10.11588/diglit.51369#0132

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„höheren“ Wahrheit jedoch sollte ihr Wesen kon-
zentriertes Licht sein, und sie strahlten es in
ihrem Splendor hervor.50 Einem mit Licht bewußt
experimentierenden Maler wie Josef Sima kann
heutzutage nicht gleichgültig sein, daß die Rela-
tivitätstheorie 1905 eben von solchen Lichtfragen
ihren Ausgang nahm, das Licht entzog sich den
„normalen“ Verhältnissen im Makrokosmos, das
„sonderbare Benehmen“ des Lichtes bestand
darin, daß seine Geschwindigkeit in den Berech-
nungen immer Konstante blieb, die feinsten
Apparate können es entweder als ein elektro-
magnetisches oder ein korpuskulares Phänomen,
aber nicht als beides zugleich messen, u. s. w.51
Dies ist nicht mehr Metaphysik, sondern ein
Grenzgebiet der Naturwissenschaft, ohne sie ist
die Weltanschauung nur passiver Subjektivismus
der Sinne. Die alten Denker und Künstler ver-
suchten die Grenzen der Erfahrung mit Hilfe
der Metaphysik zu überschreiten und der von uns
verfolgte Dualismus des Bildes war ein Ausdruck
dafür. Dieser Dualismus aber, der auch seine
sozialpsychologische Wurzel zugleich hatte, ist
die Vorgeschichte eines modernen Dualismus,
dessen Spuren oben angedeutet wurden. Dieser
Dualismus ist unmetaphysisch, erforscht die unen-
dlichen Verwandlungen der Materie, bleibt jedoch

5,9. Murillo, Entrückung des Id. Diego. Madrid, Prado.


Dualismus, solange die Erkenntnismittel der
Naturwissenschaft dualistisch sind. Nur die unan-
schaulichen abstrakten Begriffe der Philosophie
können einen Monismus denken, zu dem der
Wissenschaftler und Künstler sich mit seinen
zwiespältigen Erkenntnismitteln durchringen muß
- es geht auch ihm zuletzt um die Überwindung
des Dualismus. Die alten Lichtspekulationen sind
also nicht ganz veraltet für die moderne Malerei,
wie es auch Wolfgang Schöne in seinem dies-
betreffendem Buch gezeigt hat.52 Er erklärt
jedoch nur die frühmittelalterliche Malerei am
Hintergrund der Lichmetaphysik konkret und
folgerichtig. Die böhmische Schule des 14. und
15. Jahrhunderts z. B. figuriert in seinem Buch nur
als ein Phänomen des Überganges vom Eigenlicht
zum Beleuchtungslicht. Hier wäre auf die Erör-
terungen Karel Stejskals bei den Lichtanalysen
der Anfänge der böhmischen Schule bei Theodorich
u. a. zu verweisen.53 Für das 20. Jahrhundert dann
auf das seit 1905 neueröffnete kosmologische
Problem des Lichts.
Im allgemeinen erscheint es noch als notwendig,
hier auf die zwei Hauptwege der modernen Maler-
programme zur kritischen Überwindung der bloßen
sinnlichen Erfahrung (des Impressionismus) hin-
zuweisen. Es ist der Weg der geometrischen
Konstruktion eines im Grunde mathematischen
Kosmos (Kubismus, Konstruktivismus, Purismus,
De Stijl-Gruppe) und der Weg der organischen
Schöpfung, wo Paul Klee bezeichnenderweise
den Künstler mit einem Baum vergleicht, von
gemeinsamen Wurzeln des Künstlers und der
Wirklichkeit bei diesem Vergleich spricht, woraus
folgen soll, daß der Maler durch freie Schöpfung
das Wesen der Dinge trifft, die aus denselben
Wurzeln wie er selbst wachsen und sich ernähren.54
Dieser Weg steht dem anderen gegenüber wie
seinerzeit dem Geometrismus italienischer Re-
naissance der Vegetabilismus der Donauschule.
Wenn die Künstler diesen oder jenen Weg zur
Kritik der sinnlichen Erfahrung vorschlagen,
können sie jedoch schwer von diesem natürlichen
Elément ihrer Kunst sich auch ganz lossagen.
Auch das ist ein Grund, warum das Problem der
zwei Welten im Bilde immer neu aktuell werden
kann.
Die moderne Malerei schärft den Blick auch für
solche Erscheinungen, wie die Überführung des
Übereinander in das Hintereinander ist, was bei

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