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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1.1967

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Nr. 2/1967
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I.
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Toran, Eduard: Beitrag zur Erforschung der Architektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Slowakei
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https://doi.org/10.11588/diglit.51369#0178

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Zukunft die bei der Ausfolgung der Baubewilligun-
gen zu beachtenden Richtlinien enthalten soll.“
Nebst der einzuhaltenden juridischen Prozedur
enthält das Statut auch Vorschriften bezüglich der
bautechnischen, Sicherheits- und vor allem feuer-
polizeilichen Massnahmen, die schon bei der Pro-
jektion der Konstruktionen zu beobachten waren;
das Statut enthält Vorschriften bezüglich der Wahl
feuerbeständiger Materialien, weiter bezüglich der
feuersicherheitlichen Isolierung der mit dem ge-
planten Neubau grenzenden Nachbarobjekte; es
wurde verboten, bei Bauten in der Stadt unge-
brannte Ziegelsteine zu verwenden, Kellerwohnun-
gen zu projektieren (was aber keineswegs soviel
bedeutete, dass Menschen nicht genötigt gewesen
wären, in Kellerlokalitäten zu wohnen); zum Dach-
decken durften keine Schindel, geschweige denn
Stroh oder Schilfrohr verwendet werden, wie dies
in der Provinz noch üblich war; auch war es
verboten, Mansardenzimmer zu bauen, usw.
Vom Standpunkt des architektonischen Äusseren
ist es interessant zu sehen, dass das Baustatut sich
auch mit Fragen des zeitgenössischen Geschmacks
und mit dem Sortiment „künstlerischer Komple-
mente“ der Architektur, oder — richtiger gesagt —
mit den bei den Fassaden anzuwendenden Zierele-
menten beschäftigte. So z. B. haben beginnend mit
1872 die in der Stadt neugebauten Häuser zumin-
dest ein Stockwerk hoch zu sein; nur in den
Vorstädten wurde der Bau ebenerdiger Häuser
bewilligt. Es wurde eine streng einzuhaltende
Baulinie vorgeschrieben, die nichteinmal durch
die äusseren Stiegen des Hauses, durch Balustra-
den, Pfeiler oder Säulen gebrochen werden durfte.
Die oberhalb des mittleren Gesimses angebrachten
Verzierungen, Statuen, Vasen und ähnliche Arte-
fakten mussten nicht nur gut verankert werden,
sondern — um solche überhaupt errichten zu
können — war eine separate Bewilligung des Ma-
gistrats einzuholen. Bei der Prüfung einer solchen
Proposition hat die Baukommission „die Erfor-
dernisse des guten Geschmacks zu beachten, damit
der von ihr gutgeheissene Bau weder allein noch
zusammen mit den Gebäuden der Umgebung eine
Verunglimpfung der Gasse oder des Platzes wo er
stehen soll, verursache“. Um es der Baukommission
zu ermöglichen, auch den aesthetischen Wert des
neuen Gebäudes vollrechtlich beurteilen zu können,
wurden ihr zwei Mitglieder des Städtischen Ver-
schönerungsvereins beigegeben.

Die initiative Bautätigkeit privater Bauherren
war von grosser Bedeutung; in den meisten Fällen
war sie durch irgendein privates Bauinteresse ge-
geben. Die Magistratsbehörden der Städte machten
guten Gebrauch von dieser privaten Initiative
und sind den betreffenden Unternehmern entge-
gengekommen, wobei jedoch gewisse Bedingungen
gestellt und gewisse, dem Interesse der Stadt
dienende Gegendienste verlangt wurden. In diesen
für das Bauunternehmertum des 19. Jh. so ty-
pischen Vereinbarungen ging es um einen weiten
Kreis sowohl grossangelegter Propositionen als um
ganz kleine Angebote: Der Magistrat der Stadt
Nitra hat z. B. den Bau des Engel’schen Palais
unter der Bedingung gutgeheissen, dass der Eigen-
tümer einen Teil seines Grundes zur Errichtung
einer Verbindungsgasse der Stadt überlässt; nach-
dem die Eisenbahnstrecke bis Bardejov ausgebaut
wurde, hat sich der Unternehmer Zsimonyi erbötig
gemacht, in Bad Bardejov diverse Badegebäude
zu bauen und diese nach 30 Jahren in das Eigentum
der Stadt übergehen zu lassen; der Zuckerbäcker
Haiyak hat aus eigenen Mitteln zur Asphaltierung
der Fussgängerstreifen in der Stadt Lučenec bei-
getragen, wofür es ihm erlaubt wurde, auf einer
abgesteckten Stelle vor seiner Konditorei Tischchen
für seine Gäste aufzustellen; ähnlicherweise hat
der Kaffeehausbesitzer M. Freiwirth der Stadt
Banská Bystrica einen Jahresbeitrag von Kronen
200.— zu leisten angeboten, damit es ihm erlaubt
werde, die vor seinem Kaffeehaus befindliche
Terrasse auf das Trottoir zu erweitern.
Das Interesse der Öffentlichkeit an der Archi-
tektur konzentrierte sich hauptsächlich auf das
Äussere, auf das Aussehen der Fassaden der neuent-
stehenden Gebäude. Die bürgerliche Klasse brauch-
te diese Fassaden zu Repräsentationszwecken,
sodass die Fassaden eigentlich die besondere Funk-
tion hatten, irgendetwas — ein Niveau oder ein
Milieu — vorzutäuschen, also quasi eine Aufgabe
von Theaterkulissen; aus dieser Notwendigkeit
entstand auch das System der Projektierung „von
aussen nach innen“, d. h. ein System, in welchem
sich die Grundriss-Disposition den Fenster- und
Eintritts-Öffnungen, der Komposition der Strassen-
fassade zu unterordnen hatte.
Ein snobistisches Trachten nach einer über-
mässigen Vergrösserung der Hausfassade kann
besonders am Beispiel kleiner Objekte gesehen
werden; solche Häuser sehen wir z. B. in Rimavská

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