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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1991

DOI Artikel:
Veselý, Marian: Vývinové tendencie slovenského knižného umenia v rokoch 1918-1988
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.51720#0246

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Entwicklungstendenzen in der slowakischen Buchkunst 1918—1988

Die Studie interpretiert den Inhalt des Begriffs „schönes
Buch“ und verfolgt seine Entwicklung anhand der slowakischen
Buchkunst des 20. Jahrhunderts. Für die charakteristische Ten-
denz im Schaffen des schönen Buches wird das Streben nach
einer komplexen Lösung des Buches als belletristisch-bildkün-
stlerische Schöpfung gehalten. Das schöne Buch wird als Buch-
schöpfung verstanden, die alle Bestandteile einschliesst, die an
ihrem Entstehen durch ein optimales Mass der Vollendung be-
teiligt sind : das Editionsprojekt, die künstlerische Invention der
grafischen Ausstattung, Illustration, Typographie, polygrapgis-
che und buchbinderische Realisation.
Vor dem Jahre 1918 war die Zusammenarbeit der bildenden
Künstler mit der slowakischen Buchkultur nur sporadisch. Es
herrschte eine stereotype Typographie, bei Illustrationen waren
Bleistiftzeichnung und Ornament bestimmend.
Im Laufe der zwanziger Jahre klingen das Empfinden des
Sezessionsstils (Mikuláš Galanda, Jaroslav Vondrážka) und die
Tradition des klassischen Buches (Andrej Kováčik) aus. Es setzt
sich im grösseren Masse die Dekorativität des Buchumschlags
und ein funktionaler Kontext der Illustration mit dem Buch
(Martin Benka) durch. Eine komplexe Buchlösung widmet allen
bildkünstlerischen Komponenten des Buches Aufmerksamkeit
— neben dem Umschlag und dem Einband auch der ganzen
graphischen Austattung (Jaroslav Vodrážka, Karol Jaroň).
Für die Entfaltung der avantgardistischen Prinzipien des
Konstruktivismus in der Buchgestaltung war im Verlauf der
dreissiger jahre die am Bauhaus orientierte Kunstgewerbeschule
in Bratislava von Bedeutung (Zdeněk Rossmann, Eudovit Fulla,
Mikuláš Galanda).
Neue Impulse im Bemühen um das schöne Buch brachte die
Herausgabe ursprünglicher slowakischer Poesie in der ersten
Hälfte der vierziger Jahre: die Gestaltung des visuell-künstleris-
chen Ausdrucks des Buches im Ganzen und im Detail, wie den
Komplex der Werte der bildkünstlerischen Synthese (Illustratio-
nen von Eudovit Fulla, Vincent Hložník, graphische Ausstat-
tungen von Jozef Cincik, Ján Smrek und besonders von Dušan
Šulc).
Nach der schematischen Zeit der fünfziger Jahre erhöhte sich
allmählich die Anzahl anspruchsvoller Editionsprojekte. Ge-

meinsam mit der Vorbereitung der künstlerischen Fachleute auf
Buchkunst und Illustration an der Bratislavaer Hochschule für
bildende Künste (die Professoren Vincent Hložník, Albin Bru-
novský) wurde ein hohes Niveau im Illustrationsschafen, haup-
tsächlich im Bereich der Belletristik und des Kinderbuches er-
reicht.
Aus den umfangreichen Möglichkeiten der Illustration ragen
heraus: eine Renaissance des klassischen Holzschnitts (Ernest
Zmeták, Robert Dübravec), der expressive dynamische Aus-
druck der „filmischen“ Komposition (Vincent Hložník), die
dekorative Stilisierung (Ján Lebiš, Viera Bombová, Miroslav
Cipár), der lyrisch gestimmte Ausdruck (Mária Želibská), eine
episch-sachliche Umsetzung des Sujets (Igor Rumanský, Vladi-
mir Machaj) und phantastische Imagination und Symbolismus
(Albín Brunovský, Dušan Kállay, Robert Brun).
Seit den sechziger Jahren nimmt die Zahl weiterer Editionen
belletristischer Literatur auf Grundlage unkonventioneller kün-
stlerischer Konzeptionen zu (der Freundeskreis der Poesie — in
der graphischen Ausstattung von Lubomír Krátký; Mladá tvor-
ba, Erb bieten jüngeren Buchkünstlern Raum).
Analog wird für das wissenschaftliche Buch nach dem kün-
stlerischen Ausdruck gesucht, der durch den funktionalen As-
pekt der graphischen Ausstattung akzentuiert wird (Titel der
Gesundheits- und naturwissenschaftlichen Literatur, gestaltet
von Jindřich Krejča).
Durch die Entwicklung der künstlerischen Fotografie erwei-
tert sich der Kreis jener Ausgaben, in denen Bildreproduktionen
dominieren (heimatkundliche Publikationen von Martin Mar-
tinček, Karol Kállay, kunsthistorische Publikationen in der
graphischen Ausstattung von Ivan Kovačevič, Lubomír Krátký,
Karol Rosmány).
Im gegenwärtigen Buchschaffen scheint durch die aktuellen
Tendenzen die Grenze zwischen den sog. Nutzbüchern und den
bibliophilen Buchausgaben überwunden. Es setzen sich die Pri-
nzipien des schönen Buches in der ganzen Breite der Edition-
sprogramme durch, das Experiment nicht ausgeschlossen.
Deutsch von Kuno Schumacher

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