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Berger, Ernst; Berger, Ernst [Editor]
Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Maltechnik (Band 3): Quellen und Technik der Fresko-, Oel- und Tempera-Malerei des Mittelalters: von der byzantinischen Zeit bis einschliesslich der "Erfindung der Oelmalerei" durch die Brüder van Eyck ; nach den Quellenschriften und Versuchen — München: Callwey, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.59357#0247

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229

III. Die Oeltempera und Vasari’s Bericht über die „Erfindung“
der Van Eyck.
Bevor ich daran gehe , meine eigenen Ansichten auf Grundlage der Quellen-
schriften auseinanderzusetzen, möge zuvor noch im Punkte der Technik eine allgemeine
Bemerkung eingefügt werden:
Durch den nur auf die moderne Oeltechnik Rücksicht nehmenden Studiengang
unserer Kunstakademien sind wir Maler (ich spreche aus Erfahrung!) völlig im Dun-
keln über andere Techniken und mancher Tüncherlehrling würde uns darin beschämen
können.
Was T e m p e r a heisst, wissen wir nur vom Hörensagen und aus der Kunst-
geschichte, welche lehrt, dass es Ei, Gummi, Honig, Feigenmilch oder dergl. gewesen.5)
Es ist deshalb den meisten Kollegen und auch Kunsthistorikern völlig unbekannt, dass
es auch eine Tempera gibt, die durch innige Mischung von fetten Gelen
mit Ei oder Gummi als Emulsion bereitet6) werden kann. Diese innige
Vermischung von Gel mit einem anderen Körper bewirkt vor allem eine ungeheuer
feine Verteilung der Oelteilchen und die Folge davon ist, dass solche Gele mit
Wasser mischbar sind, sie werden dadurch zur Tempera, zur sog. Oel-
tempera. Auf zwei Arten lässt sich dies leicht erreichen; erstens, wenn die Gele
aufs innigste mit Eigelb vermischt werden, die Ei-Oeltempera, oder wenn zu diesem
Zwecke pulverisierte Gummiarten verwendet werden, die Gummi-Oeltempera.
Im Verfolge der vorliegenden Arbeit, welche die Entwicklungsgeschichte der
Maltechnik von den ältesten Zeiten an behandeln soll, war ich nun auch bestrebt,
den e rsten Spur en dieser T e m p e r a a r t e n in den Q uell en nachzu-
forschen.

5) Ebensowenig wissen unsere Kunstakademiker von Freskotechnik. Man klagt fort-
während über den Verfall der grossen monumentalen Kunst, vergisst aber, dass wir nicht ein-
mal das rein Technische derselben zu bewältigen gelernt haben. So konnte deshalb in München
eine Stiftung für Freskomalerei schon jahrelang nicht verliehen werden, weil sich keine jüngeren
Kräfte fanden, die Fresko zu malen im stände sind.
6) Die Emulsion ist eine mechanische (nicht chemische) innige Vereinigung eines
Fettes mit einer gummiartigen, zähen, wassergelösten Substanz; bei Milch z. B. des Butter-
fettes mit Casein (Käsestoff). Das Eigelb enthält einen gummiartigen Körper, das Vitellin
zu etwa 15 °/o und ca. 21°/o fettes trocknendes Oel, das Eieröl, in Emulsion: das Vitellin hat
aber eine so grosse Emulsionskraft, dass es äusser dem im Dotter enthaltenen Oele noch eine
Menge eines anderen Oeles zu binden vermag, welche dem Gewichte des ganzen Eidotters etwa
gleich ist. 0 e lern u 1 s ion en werden auch aus 2 Teilen fettem Oel und 1 Teil pulverisierten
arabischen Gummi bereitet, indem man letzteres mit dem Oel übergiesst, allmählich „nach den
Regelnder Kunst“ (Pharmakopoe) verreibt und mit 17 Teilen Wasser verdünnt. H ar z e mu 1s i o en
werden bereitet, indem man die Harze mit Wasser unter Zusatz von Eigelb anreibt oder indem
man dieselben in Spiritus löst und die erhaltene Tinktur mit Wasser mischt. Zu technischen
Zwecken unterscheidet man noch die sog. Emulsinen, welche durch Vermittlung von Seifen,
fein verteiltes Fett oder Oel enthalten und beim Mischen mit Wasser milchartige Flüssigkeiten
(Emulsionen) geben (Meyers Konversationslexicon, 1890 Bd. V. p. 611); vergl. die Rezepte im
letzten Abschnitt.
 
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