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Radowitz, Joseph Maria von [Oth.]
Verzeichniss der von dem verstorbenen Preussischen General-Lieutenant J. von Radowitz hinterlassenen Autographen-Sammlung (1. Theil): Reformatoren, Fürsten, Kriegsmänner, Staatsmänner, und wichtige Urkunden auf Pergament und Papier — Berlin: Hübner-Trams, 1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.57325#0011

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Vorwort. VII
In der Achten Abtheilung: Varia, darunter: berühmte und be-
rüchtigte Frauen und merkwürdige Personen überhaupt, Philantropen,
politische Redner, Geldmänner, Typographen, Verbrecher.
Joseph von Radowitz selbst sagt in seiner bekannten Schrift
betreffs des Autographensammelns unter Anderem Folgendes: „Die
Autographen sind nicht als blosse Curiositäten zu betrachten, son-
dern es knüpft sich für jeden einigermaassen Fühlenden ein gei-
stiges Interesse an ihren Besitz, das Interesse an die Personen
selbst. Das sogenannte Schliessen von den Schriftzügen auf den
Charakter möchte zwar Jedem, der hierin umfassendere Verglei-
chungen als Lavater vorgenommen, zweifelhaft erscheinen. Nationen
und Epochen haben einen so bestimmten Charakter der Handschrift,
dass in den meisten Fällen mit grosser Sicherheit bei einem vorlie-
genden Autographum geschlossen werden kann, ob es einem Fran-
zosen, Engländer, Italiener, einem Sachsen oder Oesterreicher ange-
höre, ob es im fünfzehnten, sechszehnten Jahrhundert oder einem
späteren Zeitabschnitte geschrieben worden sei. Auch die Stimmung
des Momentes, die leiblichen oder geistigen Einflüsse, unter welchen
der Schreiber eben gestanden, die Eile, die Zerstreuung, der Zorn,
verändern dessen Handschrift sehr merkbar, und es könnte bei ge-
nauer Beobachtung dieser Veränderungen nicht schwer sein, hieraus
haltbare Schlüsse für ein bestimmtes Individuum zu ziehen. Eben
aus diesen Gründen aber treten die denkbaren Einflüsse der Charak-
ter-Eigenschaften zurück, und der Mensch schreibt, wie es seine
Natur und seine Zeit, beide häufig durch seinen Schreiblehrer re-
präsentirt, ihm eingeben und wie seine augenblickliche Stimmung
ihn treibt. Ganz unabhängig von dieser bodenlosen Forschung ist
aber das Interesse, welches der Schreiber selbst einflösst. Bei Per-
sonen, die irgend eine Bedeutung erlangt, an deren Namen und
Bild sich irgend eine Reihe von Sensationen knüpft, übt Alles zu
ihnen Gehörige einen Reiz aus, der in geradem Verhältnisse mit
ihrer historischen Erscheinung selbst steht. —- Von Allem nun, was
der Mensch hienieden zurücklässt, gehört ihm vielleicht nichts so
ganz eigen an, als seine Handschrift, ein Product seiner geistigen
und leiblichen Thätigkeit, ein eben so unmittelbarer und dabei greif-
licher Ausfluss seiner Persönlichkeit, als seine Handlungen selbst.
Bringt dem Unempfindlichsten, bringt einem solchen, der jedes
andere Interesse als sein eigenes Steckenpferd für haaren Aberwitz
hält, die eigenhändigen Schriftzüge eines der grossen geistigen Agi-
tatoren vor Augen, mit welchen sie einst die Gedanken ihrer Zeit-
genossen gelenkt, zeigt ihm auch nur den Namenszug eines der
 
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