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Berliner Kunst-Herold: wirtschaftl. Zentralorgan für bildende Künstler ; offizielles Publikations-Organ des Verbandes Deutscher Illustratoren, der Bildhauer-Vereinigung von Mitgliedern des V.B.K. und der Ortsvereine der A.D.K., sowie der Freien Vereinigung der Graphiker — 11.1911

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No. 9
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https://doi.org/10.11588/diglit.69726#0088
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84

KUNST-HEROLD

No. 9

Auf Inseratpreise erhalten die Mitglieder einen Rabatt von
50 Prozent.
Da das Blatt an die einzelnen Adressen durch die
Post überwiesen wird, so sind alle Beschwerden über
unpünktliche und unterbliebene Bestellung
an das zuständige Postamt
des Reviers zu richten, von wo aus das weitere veranlaßt wird.
Bestellungen auf das Blatt nimmt jedftr Briefträger ent-
gegen.

Museen — Kunst-Salons:
Künstlerhaus. Freier Eintritt auch für die Familienmit-
glieder. Ermäßigte Billets ä 50 Pf. im Vereinsbureau (z. Zt.
geschlossen).
Nationalgalerie. An Zahltagen freier Eintritt.
Salon Schulte. Freier Eintritt. (Nur für ordentliche Mit-
glieder.) ‘
Königliche Akademie der Künste. Freier Eintritt für die
Vereinsmitglieder zu den Ausstellungen der Akademie.

Versicherungen:
Lebens-, Unfall-, Haftpflicht-, Feuer-, Renten-, Pensions-
und Diebstahl-Versicherung zu vorteilhaften Bedingungen unter
Erlass der Polize-Gebühren durch „Atlas“, Deutsche Lebens-
versicherungs-Gesellschaft in Ludwigshafen a. Rh. — Berlin:
Friedrichstr. 42. Vermittlung durch die Schriftleitung des
Blattes. Jede Auskunft bereitwilligst.

Ausstellungs=Frühling.
Der Frühling, der überall neues Leben in der Natur bringt,
ist von jeher die Aera der großen Kunstschauen gewesen,
welche die Kunststädte seit Jahren regelmäßig veranstalten.
Den Reigen eröffnet gewöhnlich die Berliner Sezession, dann
folgt die Große Berliner Kunstausstellung, die sich bereits am
29. April auftat, es folgen München, Paris, Düsseldorf, Wien
usw. Diesmal bilden noch die großen Ausstellungen in Rom
und Turin, wo eine internationale Industrie- und Gewerbeaus-
stellung stattfindet, besondere Anziehungspunkte ausstellungs-
freudiger Besucher.
Wir geben nachstehend einen Ueberblick über die zuletzt
eröffneten Ausstellungen, von denen wir der Frühjahrsaus-
ausstellung der Sezession schon in der vorigen Nummer ge-
dachten.
Am Sonnabend, den 29. April, folgte die „Eröffnung
der Großen Berliner Kunstausstellungen“.
Die diesmal gewählte Nachmittagsstunde um 4 Uhr hatte wohl
manchen aus der Gesellschaft ferngehalten, aber der Andrang
war trotzdem ein gewaltiger und es ist von den ergangenen
Einladungen noch nie ein so umfassender Gebrauch gemacht
worden. Auch das persönliche Erscheinen des
Kultusministers gab dem Festakt eine erhöhte Be-
deutung.
Auch diesmal eröffneten die „Singakademie“ und das
„Philharmonische Orchester“ unter Professor Georg
Schumanns Leitung die Feier mit der Bachschen Kantate:
„Nun ist das Heil“ für achtstimmigen Chor und Orchester. Als
die weihevollen Klänge verhallt waren, hielt der Präsident der
diesjährigen Ausstellung, Maler Carl Langhammer, fol-
gende Ansprache:
„In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren hat sich nicht
nur die deutsche Kunst, sondern auch die allgemeine Ansicht
über das, was man unter einer Kunstausstellung zu verstehen
hat, sehr stark gewandelt. Ueber schwere Kämpfe und tiefe

Spaltungen in der Künstlerschaft hinweg sind die Reformen er-
reicht worden, die unser Ausstellungswcsen zu einer Achtung
gebietenden Höhe geführt haben. Unsere heutige Ausstellung
trägt
einen durchaus deutschen Charakter.
Nur einer kleinen Gruppe der stammverwandten Schweizer
haben wir Gastfreundschaft gewährt. Wir finden in ihren
Werken ein eigenes starkes Streben nach einer neuen Kunst-
auffassung, einem neuen Stile. In einem Falle haben wir eine
Kollektivausstellung einem Toten zugebilligt. Der Bildhauer
Christian Behrens war eine der stärksten Erscheinungen der
deutschen Plastik. Aus der bei uns vorgeführten Sammlung
aus seinem Werk spricht der problematisch-fragmentarische
Charakter seines Wesens, der Widerspruch und Begeisterung
gleichermaßen weckt. Als liebe Gäste begrüßen wir hier zum
ersten Mal
unsere elsaß-lothringischen Brüder.
Durch das Kunstschaffen unserer Tage geht ein Ringen nach
Größe und Stil, und die Erkenntnis, daß diese beiden Eigen-
schaften am stärksten sich in der Monumental- und dekorativen
Malerei einer jeden Zeit zeigen, hat uns veranlaßt, auch in
unserer Ausstellung eine Anzahl von monumentalen Kartons
und Malereien unterzubringen. Die Erkenntnis, daß einem
solchen Werke stets unrecht getan wird, wenn es gerahmt als
eine Art vergrößerten Staffeleibildes irgendwo in einer Aus-
stellung aufgehängt wird, hat uns veranlaßt, die Werke in
einer eigenartigen Weise in die Wände einzulassen und ihnen
so den Charakter, den sie tragen sollen, möglichst zu wahren.
Das Kunstgewerbe ist in diesem Jahre bei uns nur spärlich
vertreten. Es ist dies darauf zurückzuführen, daß wir nur
kunstgewerbliche Erzeugnisse ausstellen wollen, die in Art und
Erfindung den Charakter eines Kunstwerkes tragen. Was am
meisten Interesse erheischt, ist die kleine Kollektivausstellung
moderner deutscher figürlicher Porzellane. Wir haben heute
gelernt, daß jede Kunst der prägnanteste und konzentrierteste
Ausdruck der geistigen und seelischen Empfindungen ihrer Zeit
ist. Die Ewigkeitswerte, die in ihr stecken, können nur ge-
wertet werden nach dem Grad von Klarheit, mit dem sie diese
ihre Zeitempfindungen zum Ausdruck bringt. Von den Jahren
1830 bis 1850 trennen uns heute zwei Menschenalter. Der Be-
griff „unmodern“ wie auch der Begriff „altmodisch“ trifft diese
Zeit nicht mehr und manch ungekannter Schatz ist aufgetaucht,
viel Bekanntes erscheint in neuem Licht. In die ersten Jahre
unserer Epoche hinein ragt noch die weithin befruchtende Ge-
stalt des großen universellen Künstlers Schinkel. Eine Samm-
lung von Gemälden, von Abbildungen der Bauwerke des
Meisters, von Möbeln und anderen Kunstgewerbeerzeugnissen,
die nach seinen Zeichnungen geschaffen sind, von Wohn-
räumen, die in dem ihm eigenen Stil mit zeitgenössischem
Mobiliar ausgestattet sind, sollen uns in den Zauberbann seiner
aus Romantik und Klassizismus eigenartig zusammengesetzten
Persönlichkeit und den Geist seiner Zeit versetzten. Das
Krügersche Paradebild, das wir ausstellen, auf dessen unterer
rechten Ecke ein großer Teil der bekanntesten Typen der da-
maligen Berliner Gesellschaft mit treuer Sachlichkeit dar-
gestellt ist, zeigt, wie sehr es sich damals bei dem Begriff
„Gesellschaft“ in Berlin um Geist und Kunst drehte. Der
romantische Idealismus, der sich in Wach, Rauch, Schinkel
verkörperte, geht gepaart mit dem echten Realismus, in dessen
Zentrum Krüger selbst und der junge Menzel stehen. Was alle
diese Meister jener Zeit auszeichnete, ist die selbstverständ-
liche Beherrschung des Handwerklichen, daß nie bei ihnen die
Absicht zu empfinden ist, den Beschauer irgendwie zu ver-
blüffen.
Jedes ernste Streben hat Anspruch auf ernste Würdigung,
aber auf Einsicht rechnen wir für die Schwierigkeit unseres
 
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