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Hest 2.

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Das Buch s u r A s l o.

nach der Schweiz. Auf der Fahrt dahin studirt er Mbeker'ü
englische Ausgabe, und wenn er Sinn für Naturschönhciten
besitzt, widmet er den Schweizer Bergen, Thälern lind Seen
ein paar Tage. Von einem ruhigen Genießen der herrlichen
Gegenden ist bei ihm aber nicht die Rede. Durch den Tunnel
des St. Gotthard geht es nach Italien, der Bädeker sagt ihm,
an welchen Orten er Halt machen soll und eines schönen
Morgens befindet er sich in der Siebenhügelstadt. Hier wieder-
holt sich mit geringen Variationen das Pariser Programm.
Man darf ihm gerade keinen Vorwurf daraus machen, in
Rom gewesen zu sein, ohne den Papst gesehen zu haben, aber
es bleibt ihm dort so vieles Schöne unbekannt, daß er fast
ebenso gut nicht dahin zu reisen gebraucht hätte.
Da der Vesuv während seiner Anwesenheit in Neapel nicht
einmal Feuer speit und er in der blauen Grotte auf Capri
sich etwas ganz Anderes vorgestellt hat, verläßt er Italien
in sehr verdrießlicher Stimmung. Ob er über Triest nach
Wien und Berlin geht, ist noch sehr die Frage; deutsch ver-
steht er nicht und seine zuweilen sehr sonderbaren Vorstellungen
von Deutschland durch eigens Anschauung zu berichtigen, fühlt
er sich nur in den seltensten Fällen bewogen. Thut er es,
uni so besser für ihn — unterläßt er es, dann bekommt er
höchstens noch den Rhein zu sehen und ein Stückchen von
Holland und Belgien, schifft sich in Ostende nach Dover ein,

von wo ihn der Eilzug gerade noch zu rechter Zeit für den
Cunard-Dampfer nach Liverpool bringt. Acht Tage später
sitzt er wieder in seinem Comptoir und wenn er Mittags an
der Börse erscheint, erzählt er den ihn begrüßenden Freunden,
daß er in Europa gewesen, sich vortrefflich amüsirt und Alles
gesehen hat, was überhaupt des Sehens werth sei. O.v. Briesen.
Eine Wohltlsutigkeitsvorsteü'ung für Schilter's Erben.
— Am 9. Mai 1806 wurde zu Gunsten der Hinterbliebenen
Schiller's (fi 9. Mai 1805) in Berlin eine Theatervorstellung
gegeben, über welche der berühmte Jffland in der damaligen
„Königlichen privilegirten Zeitung" folgenden Bericht ver-
öffentlichte:
„Schiller's Werke gehen zum Herzen; der Trauernde findet
darin Erhebung, und die Freuds wird durch ihn veredelt. Er
gehört Allen an und sein Scheiden brachte tiefe Trauer in
alle Herzen. Darum bedurfte es an dem Tags, der seinem
Gedächtnis; gewidmet war, nicht des äußeren Trauergepränges,
um Äntheil zu erregen. Schiller's Werk war dis würdigs
Feier dieses Tages; Liebe und Verehrung hat schnell und
mit Eifer den Raum in Anspruch genommen, der im Schau-
spielhause vorhanden ist. Die Darstellung des Trauerspiels
,Die Braut von Messina' ward mit Werth geleistet, und
mehrere Malo durch Töne unterbrochen. — Nach dem Ver-
hallen der Trauermusik, mit welcher die Handlung endet,

herrschte tiefe Stille. — Erst nach einer Pause verließ die
Versammlung das Haus; langsam und still, wie Trauernde
die Ruhestätte des Freundes verlassen. — Der Ertrag der
Einnahme für Schiller's Erben besteht in 426 Friedrichs'dor,
30 Dukaten und 511 Thl. 20 Gr.; im Ganzen also aus
3003 Thl. 2 Gr Hierzu kommen noch 4 goldene Huldigungs-
medaillons, als Geschenke für Schillcr's Kinder bestimmt. Es
hat sich durch freundschaftliches Anerbieten eines Verehrers
von Schiller Gelegenheit gefunden, diese Summe kostenfrei
zu Leipzig zu hinterlegen.
Berlin den 10. Mai 1806. Jffland. C. L."
s K.
Hmpsindungskose Grganc. — Im Gegensatz zu den äuße-
ren Organen, die in der Haut einen sehr empfindungsfähigen
Apparat besitzen, sind die inneren Organe für gewöhnlich em-
pfindungslos. Man kann in die Leber, die Milz und Nieren,
in die Gedärme und den Magen schneiden, ohne daß der Mensch
es fühlt. Aber auch die Muskeln sind ziemlich unempfindlich.
Nach den Erfahrungen der Chirurgen erwächst aus der Durch-
trennung der Haut, wo die seusibeln Nerven endigen, bei
Operationen der Hauptschmerz, während nachher bei der Durch-
schueidung der Muskelbündel der Schmerz verhältnißmäßig
gering ist. Gänzlich gefühllos ist ferner das Gehirn. Schon
Galenus hatte beobachtet, daß die Gehirnmasse berührt werden

Iie Kaiser Wiki-ekmsörückc in Keringsdors. Nach einer Originalskizze von E. Hilpert. (S. 50)


kann, ohne daß dadurch ein Schmerz verursacht wird. Nach
den zahlreichen an Thieren gesammelten Beobachtungen steht
es fest, daß mau vom Gehirn Stück für Stück abtrcnncn
kann, ohne daß dabei die Thiere den geringsten Schmerz em-
pfinden.
Wie groß der Unterschied in der Empfindungsfähigkeit zwischen
den äußeren und inneren Organen ist, geht daraus hervor,
daß, wenn wir einen Finger in warmes Wasser tauchen, dessen
Temperatur zwischen 33 und 37 Grad schwankt, wir den Unter-
schied in der Temperatur bis auf ein Fünftel Grad angeben
können. Dagegen merken wir beim Fieber nicht einmal eine
Temperaturerhöhung von mehreren Graden, ja, wir sagen zu-
weilen, daß uns friert, während doch unsere innere Temperatur
die normale Höhe weit übersteigt.
Diese Empfindungslosigkeit der inneren Organe ist für das
Wohlbefinden des Menschen ohne Zweifel ein großer Vortheil.
Stellen wir uns nur einmal vor, was geschehen würde, wenn
SU den Reizen von Außen auch noch alle die Empfindungen
kämen, die den Vorgängen in den inneren Organen ihre Ent-
stehung verdankten. Unser Empfindungsvermögen würde un-
unterbrochen in Anspruch genommen werden. Oder was würde
gar entstehen, wenn unser Magen gleich der Zunge Geschmacks-
empfindung besäße. Schon der fortwährende Wechsel im Ge-
schmack der verschiedenen Speisen, die wir dem Magen im
Lauf des Tages zuführeu, würde genügen, uns in beständige
kiebelkeit zu versetzen.
Nur dann, wenn eine Entzündung der inneren Organe
Eintritt, erreichen die Nerven den Grad von Empfindlichkeit,

der nöthig ist, um dis Nervcncentren zu reizen. Nur, wenn
sich in den inneren Organen ungewöhnliche Vorgänge voll-
ziehen, empfinden wir in ihnen einen Schmerz und schließen
daraus mit Recht auf eine Erkrankung des Organs.
Th. S.
Bestrafter Kochmntt). — Als der berühmte Berliner Arzt
Frerichs noch Professor in Breslau war, wurde er eines Tages
zu einer alten Gräfin gerufen. Wie erstaunte er aber, als
dieselbe ihm unter Thränen einen kleinen Affen zeigte, der
in weiche Kissen gebettet auf dem Sopha lag und augenschein-
lich Schmerzen hatte. Natürlich war Frerichs sehr ungehalten
darüber, daß er als Affendoktor wirken solle, doch sah er sich
den kranken Affen näher an und erkannte bald, was ihm
fehle. Zugleich aber bemerkte er einen kleinen, bleichen Knaben,
den Enkel der Gräfin, der auf dem Sopha lag. Frerichs rief
das Kind heran, untersuchte es ebenfalls und wandte sich dann
zur Gräfin.
„Ihre beiden Söhne," sagte er ruhig und bestimmt, „leiden
an schlechter Verdauung. Wenn Sie, Frau Gräfin, denselben
Kamilleuthee zu trinken und nicht so viele Süßigkeiten zu
essen geben, dann sind sie bald wieder gesund."
Damit verbeugte er sich kurz, verließ die verdutzt darein-
schauende Dame und reichte ihr einige Tage später eine recht
ansehnliche Rechnung ein. Als die geizige alte Dame sich
dieselbe zu bezahlen weigerte, kam es zur Klage und die Gräfin
wurde zum Gespötts von ganz Breslau zur Bezahlung ver-
urtheilt. vr W
Allzu ivörikichc Auffassung. — Eines Vormittags hatte

der berühmte Dsvrient im Schauspielhause zu Berlin in den
Proben zu thun.
„Lieber Franz," sprach er zum Theaterdiener, „gehen Sie
doch einmal hinüber zu meiner Frau und lassen Sie sich ein
belegtes Buttcrbrod und ein Glas Wein geben, ich bleibe so
lauge hier."
„Sehr wohl, Herr Direktor!" spricht der Bote uud geht.
In der Wohnung Dcvrieut's angckommcn, richtet der
Theaterdiener die Bestellung aus, und nicht lange dauert eS,
so bringt ihm das Dienstmädchen das Gewünschte auf einem
Teller. Der Bote läßt es sich gut schmecken und mit einem
„Schönen Dank!" geht er wieder zum Schauspielhause zurück.
„Nun, lieber Franz, wo haben Sie mein Butterbrot) und
den Wein?" fragt ihn Devrient.
„Aufgogcssen, wie der Herr Direktor befdhlen!" erhält
Jener zur Antwort.
Dsvrient begriff. Lachend sagte er: „Na, wenn es Ihnen
nur geschmeckt hat! Jetzt gehen Sie noch einmal hinüber und
lassen sich noch ein Butterbrot) geben, diesmal aber für
mich!" —dn—
Hin Arühstück der Stockfische. — Der bekannte Natur-
forscher Professor Hurley stellt die Behauptung auf, es be-
dürfe mindestens einer Million Tonnen Heringe, um dis
i Stockfische an der Küste Norwegens mit einem einzigen Früh-
I stück zu versorgen. — Wer's nicht glaubt, überzeuge sich selbst
davon! —dn—
 
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