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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

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Heft 12
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https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0268
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12. lfest. IMS.
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vor den 5chlachten.

f^omnn von vrthur Zapp.
^"^hung.) . (Nachdiuci! orrdoieuo
ußland will jedenfalls den Krieg." nahm
Gebhard v. Schilling nun das Gespräch
wieder auf. „Daran ist kein Zweifel.
Alles hängt jetzt von Frankreich und Eng-
land ab. In England — das beweisen ja
. verschiedenen Verbrüderungsakte zwischen uns
o lhnen — sind die besten Volkskreise sriedlich
Und auch in Frankreich scheint die große
" enge einen Krieg nicht zu wünschen."
Lex Kranke zeigte eine geringschätzige Miene,
i^^chlaggebend sind doch schließlich die. die die
in den Händen haben. Hoffen wir also das
diesem Falle den Krieg, der Deutschland
„ ?och nicht erspart bleibt! Wir sind gerüstet, die
„ ^sen noch nicht. Je eher also, desto besser für


M Gebhard v. Schilling deutete verstohlen aus
wadeleine. „Wäre es nicht schade? Sie pflegt dich
i, ^tt, und wir machen alle so hübsche Fortschritte
' französischen. Damit wär' es dann vorbei."
n,.fer Offizier machte ein verdutztes Gesicht: „Ja
daran hab' ich nicht gedacht."
»Mit der Eintracht zwischen ihr und uns ivär's
"Un Essig. Sie würde uns als Feinde betrachten,

und wir müßten sie aus dem Hause weisen, wenn sie
nicht freiwillig ginge."
Aber Elert v. Schilling widersprach eifrig. „Wir
führen doch Krieg mit dem Lande, mit der Nation,
nicht mit friedlichen Leuten, am wenigsten mit den
Frauen. Meiner Wertschätzung und meinem Dank
Fräulein Vernon gegenüber würde durch den Krieg
nicht der mindeste Abbruch geschehen."
„Aber sie dächte wohl anders. Überhaupt
stimmt deine Theorie nicht recht. Die Nation wird
doch durch die Personen gebildet. Das ist ja eben
der Zwiespalt, in dem wir Menschen von heute
stecken: das ganze moderne Leben drängt zur
Verständigung, zur gemeinschaftlichen Kulturarbeit
der Volker, und dann kommt plötzlich ein Rückschlag
in die alten Zustände der nationalen Eifersucht,
Mißgunst und Raublust, und wir sind gezwungen,
die als Feinde zu behandeln, mit denen wir noch
gestern in regem Verkehr, ja, in herzlicher Freund-
schaft standen."
Der Offizier blickte sinnend vor sich hin und
wiederholte halblaut ein paar Verse, die er vor
kurzem gelesen:
„Solang des Zeitenwebstuhls Arme weben,
Solang die Menschheit lebt von Pol zu Pol,
Bleibt Trauerspiel das große Bölkerlcbcu
Und hat ein Schwert zum ewigen Svmbol."
Ter Legationsrat schüttelte den Kopf: „Ich weiß
nicht, ob diese Anschauung immer recht behalten
wird. Allerdings sind wir noch weit ab vom all-

gemeinen Völkerfriedcn, und daß die großen
Rüstungen — hüben und drüben — zu einem Aus-
bruch, zu einer Betätigung drängen, gebe ich zu.
Dann aber ade, Fräulein Vernon!"
„Dann ade, schöne Madeleine!" fiel der andere
wie ein Echo ein. Und während es in seinen Augen
aufflammte, fuhr er mit gedämpfter Stimme fort:
„Wenn ich ihr dann in ihrer Heimat begegne, der
Teufel soll mich holen, wenn ich dann nicht mit dem
Recht des Siegers die süßeste Kriegsbeute von ihren
Lippen pflücke. Gebhard, ist das nicht auch schon
einen Krieg wert?"
Der Legationsrat lachte. „Du bist ein Gemüts-
mensch. Übrigens scheinst du ja höllisch verschossen
in die schöne Französin."
Der Hauptmann versuchte kein Leugnen, sondern
sagte in seiner geraden, ossenherzigen Weise: „Na, ich
möchte den Mann sehen, der diesem bezaubernden
Geschöpf gegenüber kalt und ungerührt bleiben
könnte. Hand aufs Herz! Sind wir nicht alle, du
auch und Papa, von ihr mehr oder weniger ge-
fangen?"
Der Legationsrat nickte und blickte sinnend vor
sich hin: „Sie ist in der Tat berückend. Unsere kluge
Mama hat das sofort empfunden, und sie wußte
wohl, was sie tat, als sie sich dieser Venus oder
Circe oder Pallas Athene widersetzte. Vor allem
scheint Mama für dich gefürchtet zu haben — und,
wie das Beispiel lehrt, nicht ohne Grund."
Elert machte eine leicht abwehrende Bewegung.
 
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