Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

DOI Heft:
Heft 8
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0180
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ve^Luch fülMe

Bustriette famstienrestung
8. kjest. 1915.
Lmsrikim. vopxrixkt ISIt Union ventselis Verl^xsAoseilsolnikt, LtuttFLrt.

vss grüne l)gU5.
lkomun gus der Medermeierreit.
von 6eorg Hartwig (Lmmg koeppel).
ikoNseftung.) — (Nachdruck oerdolen.)
gesteigerte Pochen traf Wostermanns
WI//W Er rief ein Paar fragende Worte
»W «/ den Flur und trat, da statt der Ant-
wort ein wahres Hämmern anhob, zu dein
Lärmenden.
Tie rote Gardine hing wie allezeit zugezogen
e>n Fenster. Schön ausgerichtet standen die blank-
llewichstgn Stiefel vor der Tür, hingen die ge-
zauberten Kleidungsstücke am Nagel.
Wostermann ergriff die Klinke und rüttelte mit
stster Kraft daran, als Abel plötzlich die Hände vors
Absicht schlug und beiseite schlich.
Mit einem Faustschlag stieß Wostermann schließ-

lich eine der kleinen Scheiben ein, griff hindurch
uud öffnete den Riegel so hastig, daß ein Glasstück
über seine Hand fiel und ihm eine blutige Schramme
verursachte. Ohne dessen zu achten, stürzte er ins
Kabinett, das die Morgensonne mit lieblichem Früh-
licht füllte.
In seinem Bett lag Beckmoder, die Arme von
sich gestreckt, die Hände geballt, reglos, einen ge-
preßten Zug im Gesicht, sonst wie ein Schlafender.
Nichts von Unordnung im Gemach. Seine silberne
Taschenuhr lag auf dem Stuhl, daneben seine ge-
strickte Börse, ein paar kleine Geldstücke enthaltend,
und das große, rotgeblümte Taschentuch.
Wostermann, erschreckt bis zur Sprachlosigkeit,
ergrisf seines Oheims Hand- Sie war kalt. Der
Tod mußte schon lange eingetreten sein. Er riß die
Decke herunter, er untersuchte mit atemloser Ge-
nauigkeit Glied für Glied des hageren und knochigen
Körpers, während Abel, an den Türpfosten gelehnt,
wimmernd stöhnte.
Als der Briefträger, von dieser grauenhaften Ent-

deckung wie mit Geißeln davvngejagt, an Abel vor-
übereilte, vernahm er aus dem Wimmern einzelne
Laute: „Ich hab's ja gewußt! Ich hab's ja gewußt!"
die ihm unbeachtet am Ohr vorüberflogen.
Wostermann hatte für nichts Sinn und Verständ-
nis als für den Zustand des Leichnams, ans den der
Mohrenschädel grinsend herabzuschielen schien. Die
Totenstarre war bereits eingetreten, und gemäß dem
Werdegang des Verfalls mußte der Tod in der ersten
Hälfte der Nacht eingetreten sein.
Unwillkürlich stellte sich die Erinnerung an den
mysteriösen Schlag gegen seine Tür wieder ein, auch
ein bitterer Selbstvorwurf, daß er dem innersten
Drange nicht gefolgt war, wo vielleicht noch Hilfe
Hütte gebracht werden können. Aber auch andere
Gedanken schlichen sich ein, erfreuliche, sobald er den
Blick auf den schätzebergenden Schrank richtete.
Selbst wenn kein Testament vorhanden war oder
der Verstorbene in früherer Zeit über sein Eigentum
anderweitig verfügt hatte, das Blatt, das er seit
gestern in Händen hielt, dieser letztgeschriebene Wille,


vdrnirsl o. 5chr6der, der deutsche Wlitä'rgouverneur von Unlweroen. Nach einer Photographie der berliner Iiiustration5-SeseIIschast m. b. h. in Berlin. (2-175)
uns.
 
Annotationen