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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

DOI issue:
Heft 23
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https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0499
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v98Luch fül-We
illustrierte ^gmil'ienreitung
23. fjeft. 1915.
Amerika». Copyright ISIS by Union Deutsche Verlagsgesellschast, Stuttgart.

ver Freibeuter.
kioman von firtur Winckier-Ignuenderg.

ikortsetmng.t — tklachdeuckoerNoten.s
alles machte Walli wieder sehr nach-
Rll l/W deutlich, so nachdenklich, daß, als der
8 /MM Wagen hielt, Klementine sie anstieß und
IWM sagte: „Liebes Fräulein Walli, sind Sie
so nrüde? Lo sehr hat Sie das Stück mit-
genommen? Wachen Sie auf, wir sind da!"
Erschrocken fuhr die Gerufene auf. „Verzeihung,
gnädige Frau, ich glaube wirklich, die Oper hat mich
ein wenig mitgenommen!" —
Ain folgenden Tage kam Gotthard mit der ihm
selbstverständlichen Pünktlichkeit. Er ging erst ein
Paarmal auf und ab, da ging rasch eine Frauen-
gestalt vorüber.
„Walli!" rief er leise.
Eben wurde er zweifelhaft, ob es die Erwartete
gewesen sei, da wandte sich die Gestalt, und eine
flüsternde Stimme sagte: „Etwas zurückbleiben,
aber folgen!"

Gehorsam fand er sich in ihr Gebot.
An der nächsten Straßenecke erst ließ sie ihn heran-
kommen , und dann gab es eine kurze, aber entschlossene
Auseinandersetzung. Sie hielt sich bei Nebendingen
nicht auf. Er empfing seinen Tadel, wurde von der
Begegnung im Opernhause unterrichtet, hörte ihre gut-
begründeten Vermutungen, dann ging's aufs Ziel los.
„Und nun bin ich nur gekommen, um mit dir
zu beraten, wie wir den Assessor stellen, du oder ich.
Das Eisen ist heiß, es muß geschmiedet werden.
Wie? Bon wem?"
„Wäre es nicht besser, ihn an uns herankommen
zu lassen?"
„Solange er mich zu brauchen glaubte, um mit
Frau Emmerich Anschluß zu finden, ja — jetzt, wo
uns dieser schlimme Streich gespielt wurde und die
Anknüpfung sich von selbst einstellt, müssen wir
handeln. Ist der Mann erst im Hause, so ist er
Herr. Gotthard, glaube mir: das fühlen, das
wittern wir! Dieser Leske hat etwas — etwas —!
Na, laß, ich mach' dir's als Mann doch nicht ver-
ständlich, er hat etwas, und er hypnotisiert damit
wie die Schlange das Kaninchen. Du hast dir wohl
seine Augen noch nicht ordentlich angesehen?"

„Sehr lustige, kluge Augen."
„Ach, du gutes Göttchen! Schlange und Kanin-
chen, das bleibt das einzige Bild!"
„Aber Walli — also ein schlechter Mensch?"
„Schlecht, das weiß ich nicht. Es kann sein, es
braucht aber nicht zu sein. So etwas gibt Rätsel
auf. Du, Göttchen, bist inir lieber, ich bin eben
nicht für Rätsel, ich liebe die einfache, ehrliche Haus-
backenheit."
„Und wenn sie, die Frau, unglücklich wird?"
Da trat etwas Hartes, Herbes in das Gesicht
Wallis. „Lieber Gotthard, hat jemals jemand nach
unserem Glück gefragt? Diese Frau vielleicht?
Tändelnd hat sie mir den Lohn hingeworfen, wenn
der Monat um und ich wieder vier Wochen älter,
vertrockneter und vergrämter war! Domestiken
fragt man nicht, ob sie glücklich oder unglücklich sind,
sie haben zufrieden zu sein. Also habe auch ich nach
so etwas nicht zu fragen. Aber damit du ganz be-
ruhigt bist: Würden wir, wenn wir unseren Vorteil
nicht wahrnähmen, irgend etwas hindern? Dieser
Mann geht seinen Weg, der geht ihn! Es gilt nur,
ihm Schwierigkeiten anzudeuten, die er vielleicht
fürchtet, weil er das Unvermeidliche auch schnell zu


Phot. Leipzigern Preise-Büro, Leipzig.

^XlII. INS.

Zerschossene Säume im Urgonner Waid. (5. 506)
 
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