Var Luch fül-We
Illustrierte familienrestung
15. kiest. 1915.
^wei'ikan. Oop^ri§1iL 1915 bzk Union vou^oko V6iIa§8§686ll80liLtt,
vor den schlachten.
I^oman von strthur Zapfl.
Uvrisrftuna.) -lklachdruck vsibvisn.)
gewesen sein, um seine Teilnahme an dem beab-
sichtigten Raube zu verbergen? Diese Frage äußerte
der Polizeiwachtmeister.
Doch Elert verneinte entschieden; er kannte den
Soldaten schon länger als durchaus zuverlässigen
Mann. Übrigens bewies der ärztliche Befund, daß
die Betäubung für ein Scheiumanöver viel zu aus-
giebig war, ja daß sie beinahe lebensgefährlich hätte
werden können.
Ein Verhör der Psörtnersleute ergab nichts Be-
lastendes, auch nicht für den Burschen.
Den Verhafteten nahm der Polizeiwachtmeister
mit zur Wache, von wo er am Vormittag nach dem
Polizeipräsidium übergeführt werden sollte.
Elert begrüßte seine Angehörigen auf dem
Stettiner Bahnhof. Von dem nächtlichen Überfall
erzählte er kein Wort. Unbefangen, als hätte er
die Nacht ruhig und friedlich geschlafen, plauderte
er mit seinen Eltern und Madeleine, die lebhafter
und liebenswürdiger war als je.
Während sie etwas abseits von den Eltern vor
Abgang des Zuges Arm in Arm aus und ab schritten,
flüsterte sie ihm liebevoll ins Ohr:
„Ich werde Tag für Tag an dich
denken, Elert, vom Morgen bis
zum Abend. Ach, könntest du doch
mit! Wie schön müßte es sein,
mit dir am Meeresstrande zu
stehen und sich ganz in die Er-
habenheit und Unermeßlichkeit des
Meeres und — unserer Liebe zu
versenken."
„Ich hätte gar nicht gedacht,
daß du auch schwärmerisch veran-
lagt bist. Man könnte meinen,
daß du eine Deutsche wärst."
, Sie drückte zärtlich seinen
Arm. „Ich werde es werden."
Er blieb stehen und sah sic mit
sprühenden Augen an. „Für die-
ses Wort könnte ich dich umarmen,
Madeleine, du Süße!"
„Ich habe dich lieb," flüsterte
sie mit bebender Stimme.
So oft er aber mit den Eltern
sprach, starrte sie auf die schwarze
Mappe, die er unter den linken
Arm geklemmt trug, und ihre
Augenbrauen zogen sich zusammen.
Als der Schaffner zum Ein-
steigen mahnte, zog er sie in seine
Arme und küßte sie.
Dann spielte sich noch etwas
Unerwartetes ab: sein Büschen
Erika Vorberg trat rasch an ihn
heran, ihr Gesichtchen glühte von
Aufregung und vom Eifer eines
nach schweren Seelenkämpfen ge-
faßten Entschlusses. „Du, Elert,
kannst du mir verzeihen?"
Er blickte überrascht auf.
„Siehst du dein Unrecht ein? Tut
es dir leid?" fragte er zurück.
„Ja, Elert. Und ich will auch —
wahrhaftig, das schwör' ich dir —
ich will auch immer furchtbar nett
zu ihr sein. Du haft recht: sie ist
schön, sie ist wunderschön und viel
klüger als ich, und wenn ich ein
Mann wär', würde ich mich viel-
leicht auch in sie verliebt haben."
Er lachte und klopfte ihr auf
die Wange. „Na also!" Dann
drückte er ihr die Hand. „Ich
danke dir, Erika, das war gescheit,
das war — furchtbar nett von dir."
Sie sprang vergnügt in den
Wagen und hakte zum Zeichen
ihrer vollständigen Sinnesände-
rung ihren Arm in den der einst
so leidenschaftlich gehaßten Neben-
buhlerin.
Am Fenster stand Madeleine
und sah mit unruhig flackernden
Augen zu ihm herab. Etwas
Ertappte Verräter, vriginalreichnung von 0. von der Wehl. (5. 328)
lert riß rasch das Fenster auf. Sie trugen
den bewußtlosen Burschen in das Arbeits-
zimmer des Offiziers.
Man hatte inzwischen die Polizeiwache
angerufen und dem Einbrecher die Hände
auf dem Rücken zusammengebunden; es war em
boch junger Mann in der zweiten
Hälfte der Zwanzig. Sein Äußeres
war nichts weniger als sym-
pathisch: flache Stirn, langes
braunes Haar, breite Backenkno-
chen, aufgestülpte Nase und kleine
blaugraue Augen. Als ihn der
Offizier aufmerksam musterte,
juckte ein höhnisches Lächeln um
seine breitgezogenen Mundwinkel.
„Der Kerl hat offenbar slawi-
schen Typus," bemerkte einer der
Herren, der auf Aufforderung des
Offiziers in sein Zimmer mit ein-
getreten war.
„Sicherlich ein Russe," erwi-
derte Elert. Dann wandte er sich
wr den ihm Gegenübcrstehenden.
»Sie sind ein Russe?"
In dem Gesicht des Burschen,
bsr gut gekleidet war, wenn auch
ganze Erscheinung etwas Nach-
«rssiges hatte, bewegte sich nicht
eme Muskel
. „Wie heißen Sie?" fragte jetzt
der Offizier.
Wieder blieb der Gefragte
slurnrn. Elert deutete auf die
Mappe, die er unter den linken
ürrn geklemmt hatte. „Also dar-
auf haben Sie es abgesehen? Da
wnnen Sie nur ein Russe sein,
denn daß Sie kein Franzose sind,
swht man doch auf den ersten
Mick."
. An den: Aufflackern der Augen
Wh er, daß der Bursche ihn ver-
standen hatte, aber Antwort gab
keine.
Eine Bewegung an der Tür
beranlaßte Elert, von dem Men-
schen abzulassen.
Es waren Polizeibeamte. Der
Wachtmeister besah sich mit Elert
Zunächst das Schlafzimmer. Es
chadZich, daß das Kunstschloß mit
Meißel, Stemmeisen und Hammer
"ufgesprengt worden war. Den
chlasenden Burschen, den man
um ins Garnisonslazarett schaffte,
wttcn sie beim Eintritt in die
"Wohnung sofort mit Chloroform
Mäubt. Die beiden Einbrecher
büßten offenbar Bescheid und
batten einen Mitschuldigen, dem
m ihre Kenntnis verdankten. Da
bunten nur der neue Bursche und
w Freu des Pförtners, die zu-
U r i beim Reinemachen und
Mslegen der Teppiche geholfen
'wie, in Betracht kommen.
Sollte die Betäubung des
bldaten nur ein Scheinmanöver
ISIS.
Illustrierte familienrestung
15. kiest. 1915.
^wei'ikan. Oop^ri§1iL 1915 bzk Union vou^oko V6iIa§8§686ll80liLtt,
vor den schlachten.
I^oman von strthur Zapfl.
Uvrisrftuna.) -lklachdruck vsibvisn.)
gewesen sein, um seine Teilnahme an dem beab-
sichtigten Raube zu verbergen? Diese Frage äußerte
der Polizeiwachtmeister.
Doch Elert verneinte entschieden; er kannte den
Soldaten schon länger als durchaus zuverlässigen
Mann. Übrigens bewies der ärztliche Befund, daß
die Betäubung für ein Scheiumanöver viel zu aus-
giebig war, ja daß sie beinahe lebensgefährlich hätte
werden können.
Ein Verhör der Psörtnersleute ergab nichts Be-
lastendes, auch nicht für den Burschen.
Den Verhafteten nahm der Polizeiwachtmeister
mit zur Wache, von wo er am Vormittag nach dem
Polizeipräsidium übergeführt werden sollte.
Elert begrüßte seine Angehörigen auf dem
Stettiner Bahnhof. Von dem nächtlichen Überfall
erzählte er kein Wort. Unbefangen, als hätte er
die Nacht ruhig und friedlich geschlafen, plauderte
er mit seinen Eltern und Madeleine, die lebhafter
und liebenswürdiger war als je.
Während sie etwas abseits von den Eltern vor
Abgang des Zuges Arm in Arm aus und ab schritten,
flüsterte sie ihm liebevoll ins Ohr:
„Ich werde Tag für Tag an dich
denken, Elert, vom Morgen bis
zum Abend. Ach, könntest du doch
mit! Wie schön müßte es sein,
mit dir am Meeresstrande zu
stehen und sich ganz in die Er-
habenheit und Unermeßlichkeit des
Meeres und — unserer Liebe zu
versenken."
„Ich hätte gar nicht gedacht,
daß du auch schwärmerisch veran-
lagt bist. Man könnte meinen,
daß du eine Deutsche wärst."
, Sie drückte zärtlich seinen
Arm. „Ich werde es werden."
Er blieb stehen und sah sic mit
sprühenden Augen an. „Für die-
ses Wort könnte ich dich umarmen,
Madeleine, du Süße!"
„Ich habe dich lieb," flüsterte
sie mit bebender Stimme.
So oft er aber mit den Eltern
sprach, starrte sie auf die schwarze
Mappe, die er unter den linken
Arm geklemmt trug, und ihre
Augenbrauen zogen sich zusammen.
Als der Schaffner zum Ein-
steigen mahnte, zog er sie in seine
Arme und küßte sie.
Dann spielte sich noch etwas
Unerwartetes ab: sein Büschen
Erika Vorberg trat rasch an ihn
heran, ihr Gesichtchen glühte von
Aufregung und vom Eifer eines
nach schweren Seelenkämpfen ge-
faßten Entschlusses. „Du, Elert,
kannst du mir verzeihen?"
Er blickte überrascht auf.
„Siehst du dein Unrecht ein? Tut
es dir leid?" fragte er zurück.
„Ja, Elert. Und ich will auch —
wahrhaftig, das schwör' ich dir —
ich will auch immer furchtbar nett
zu ihr sein. Du haft recht: sie ist
schön, sie ist wunderschön und viel
klüger als ich, und wenn ich ein
Mann wär', würde ich mich viel-
leicht auch in sie verliebt haben."
Er lachte und klopfte ihr auf
die Wange. „Na also!" Dann
drückte er ihr die Hand. „Ich
danke dir, Erika, das war gescheit,
das war — furchtbar nett von dir."
Sie sprang vergnügt in den
Wagen und hakte zum Zeichen
ihrer vollständigen Sinnesände-
rung ihren Arm in den der einst
so leidenschaftlich gehaßten Neben-
buhlerin.
Am Fenster stand Madeleine
und sah mit unruhig flackernden
Augen zu ihm herab. Etwas
Ertappte Verräter, vriginalreichnung von 0. von der Wehl. (5. 328)
lert riß rasch das Fenster auf. Sie trugen
den bewußtlosen Burschen in das Arbeits-
zimmer des Offiziers.
Man hatte inzwischen die Polizeiwache
angerufen und dem Einbrecher die Hände
auf dem Rücken zusammengebunden; es war em
boch junger Mann in der zweiten
Hälfte der Zwanzig. Sein Äußeres
war nichts weniger als sym-
pathisch: flache Stirn, langes
braunes Haar, breite Backenkno-
chen, aufgestülpte Nase und kleine
blaugraue Augen. Als ihn der
Offizier aufmerksam musterte,
juckte ein höhnisches Lächeln um
seine breitgezogenen Mundwinkel.
„Der Kerl hat offenbar slawi-
schen Typus," bemerkte einer der
Herren, der auf Aufforderung des
Offiziers in sein Zimmer mit ein-
getreten war.
„Sicherlich ein Russe," erwi-
derte Elert. Dann wandte er sich
wr den ihm Gegenübcrstehenden.
»Sie sind ein Russe?"
In dem Gesicht des Burschen,
bsr gut gekleidet war, wenn auch
ganze Erscheinung etwas Nach-
«rssiges hatte, bewegte sich nicht
eme Muskel
. „Wie heißen Sie?" fragte jetzt
der Offizier.
Wieder blieb der Gefragte
slurnrn. Elert deutete auf die
Mappe, die er unter den linken
ürrn geklemmt hatte. „Also dar-
auf haben Sie es abgesehen? Da
wnnen Sie nur ein Russe sein,
denn daß Sie kein Franzose sind,
swht man doch auf den ersten
Mick."
. An den: Aufflackern der Augen
Wh er, daß der Bursche ihn ver-
standen hatte, aber Antwort gab
keine.
Eine Bewegung an der Tür
beranlaßte Elert, von dem Men-
schen abzulassen.
Es waren Polizeibeamte. Der
Wachtmeister besah sich mit Elert
Zunächst das Schlafzimmer. Es
chadZich, daß das Kunstschloß mit
Meißel, Stemmeisen und Hammer
"ufgesprengt worden war. Den
chlasenden Burschen, den man
um ins Garnisonslazarett schaffte,
wttcn sie beim Eintritt in die
"Wohnung sofort mit Chloroform
Mäubt. Die beiden Einbrecher
büßten offenbar Bescheid und
batten einen Mitschuldigen, dem
m ihre Kenntnis verdankten. Da
bunten nur der neue Bursche und
w Freu des Pförtners, die zu-
U r i beim Reinemachen und
Mslegen der Teppiche geholfen
'wie, in Betracht kommen.
Sollte die Betäubung des
bldaten nur ein Scheinmanöver
ISIS.