Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

DOI Heft:
Heft 16
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0364
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
358-
Meer bei der Stadt Port-Said Um den Angriff der
Türken zu erschweren, haben die Engländer die früher
trocken gelegte Osthälfte des Mensalehsees wieder über-
flutet. Auch über den Timsahsee und die Bitterseen hin-
weg ist ein Vorrücken der Türken nicht möglich. Die
durch die örtlichen Verhältnisse gegebenen Einbruchstellen
liegen bei El Kantara, bei der Schwelle El Gisr und beim
Serapeum, südlich von Jsmailia, sowie zwischen den
Bittersecn und Suez. Die Türken haben denn auch ihren
Angriff zwischen Tusun und dem Serapeum angesetzt.
Größere Truppenmassen, die den Kanal hier überschreiten,
können unschwer den Vormarsch auf Kairo ausführen.
vom montenegrinischen Kriegschauplatz.
(8iet>e die beiden LUder auf 8eite 359.)
<?Iei dem äußerst schwierigen Gelände, das Montenegro
n der Kriegführung darbietet, begnügt sich Osterreich-
Ungarn in der Hauptsache damit, das montenegrinische
Gebiet von der Herzegowina aus mit seinen Truppen
einzuschließen und ihm durch seine Flotte die Zufuhr über
Antivari abzuschneiden. Nur gelegentlich werden Vorstöße
nach Montenegro hinein unternommen, wie kürzlich bei
Avtovac, oder auch Flieger suchen die montenegrinischen
Stellungen und größeren Orte auf, um auf sie Bomben
abzuwerfen. So bombardierte vor kurzem ein Flieger
die Hauptstadt Cetinje. Infolge der Einschließung
durch Truppenketten und Standlager find die Zustände
in Montenegro äußerst mißlich geworden. Der Hunger
und der harte Winter schwächen die Bevölkerung immer
mehr. Da die Wege über die serbische Grenze bei der
Höhe des Schnees fast ungangbar sind, können auch von
Serbien Nahrungsmittel nur in sehr geringen Mengen
geholt werden. Die Mißstimmung gegen Serbien, das
Montenegro auf Grund des abgeschlossenen Vertrages
mit in den Krieg zog, wächst von Tag zu Tag. Es ist
daher nur noch eine Frage der Zeit, daß Montenegro
eine Vereinbarung mit seinem überlegenen Gegner her-
beiführen wird. Unsere Bilder auf Seite 359 geben das
Lager einer österreichisch-ungarischen Gebirgstrainkolonne
bei Breszje und ein Desensionslager bei Avtovac wieder.
Zu den Kämpfen in den deutschen Kolonien
Mikas.
die beiden Midsc aus 8eiie Zbl.)
I^lle Nachrichten, die langsam aus unseren afrikanischen
F » Schutzgebieten zu uns herübersickern, ja selbst die
stark gefärbten Berichte unserer um eine Verschleierung
der Tatsachen nie verlegenen Gegner lassen erkennen,
daß sich gerade unsere wertvolleren Kolonien wacker ihrer
Haut zu wehren wissen und schon eine Reihe glänzender
Waffenerfolge, darunter sogar ein paar große Siege, er-
rungen haben, dank dem Heldenmut und der ausge-
zeichneten Verfassung der verschiedenen Schutztruppeu,
dem glühenden Patriotismus der deutschen Ansiedler, die
mit Enthusiasmus als Kriegsfreiwillige mitkämpfen, und
der im großen und ganzen durchaus aufrichtigen Haltung
der Eingeborenen. Freilich, unsere kleine Musterkolonie
Togo fiel, da sie so gut wie schutzlos war, bald in feind-
liche Hände. Ebenso ivar das Küstenland Kameruns
vor den mit großer Macht zur See anrückenden Englän-
dern und Franzosen von uns nicht zu halten, wie man es
auch vorgezogen hat — aus strategischen Gründen — den
Engländern das Küstengebiet Deutsch-Südwestafrikas bis
auf weiteres zu überlassen und günstigere Verteidigungs-
stellungen weiter binnenwärts einzunehmen. Denn es
liegt in der Natur der Sache, daß sich unsere von jeglicher
Verbindung mit dem Mutterlande abgeschnitkenen, ledig-
lich auf die eigene Kraft angewiesenen Schutzgebiete in
der Hauptsache auf die Verteidigung beschränken müssen.
Über Kamerun wissen wir Sicheres zurzeit am wenigsten,
nur ist durchgesickert, daß unsere brave Kameruner Schutz-
truppe den von Nigeria ins Kameruner Hinterland vor-
stoßenden Feinden verschiedentlich blutige Schlappen bei-
gebracht hat. Auch aus Südwest lauten die Nachrichten
nn großen und ganzen recht befriedigend. Selbst das eng-
lische Tendenz- und Lügenbureau „Reuter" mußte mit
sauersüßer Miene verschiedentlich zugebcn, daß unsere
wackeren Südwester sich den englisch-südafrikanischen
Streitkräften überlegen gezeigt und Vorteile über sie er-
rungen haben. Auf Seite 350 haben wir bereits der glanzen-
den deutschen Waffentat bei Sandfontein kurz Erwähnung
getan. Drei englische Schwadronen wurden damals von
unseren Truppen vernichtet, 15 Offiziere, darunter der
feindliche Führer, Oberst Grant, und 200 Mann gefangen
und zwei Geschütze erobert, während auf deutscher Seite
nur 2 Offiziere und 12 Mann fielen und 25 Mann ver-
wundet wurden. Was nun unsere Ostafrikaner anbelangt,
so haben sich diese geradezu hervorragend gehalten. Zwar
konnten sie es nicht verhindern, daß die Küstenplätze durch
feindliche Kriegschiffe beschossen und zum Teil schwer
beschädigt wurden, vor allem Daressalam, aber zu Lande
waren sie bisher überall siegreich und haben dem Gegner
gezeigt, welch gefährliches Unterfangen es ist, deutsches
Land anzugreifen. Nicht nur, daß sie an den verschie-
densten Stellen der Grenze alle Angriffe blutig abwicsen,
haben sie auch den Krieg bald hier, bald da in Feindes-
land getragen, so nach Nordrhodesia, nach Uganda und
Britisch-Ostafrika. Einen wahrhaft großartigen Sieg aber
haben sie in der Schlacht vom 3. bis 5. November vorigen
Jahres bei Tanga, wovon erst vor kurzem sichere Nach-
richt zu uns gelangt ist, über eine vierfache englische Über-
macht errungen, so daß den Engländern für lange Zeit
das Wiederkommen vergällt wurde. Die englischen Ver-
luste waren sehr groß: 3000 Mann tot, verwundet und
gefangen, weit über ein Drittel der Truppen 30 Tele-
phonapparate, 8 Maschinengewehre, 300 000 Patronen,
lOOO wollene Decken und viele andere Ausrüstungsgegen-
ständs fielen in unsere Hände.

-..7- Das Luch für M!e 77—
Der Son Wasil und der grüne
eriählung aus der lsneg^eit von Matthias Mauk.
(Nachdruck verboten.)
Gori Wastl war zwar nur ein Holzknecht,
WW aber da er ein Arbeiter war, der bei seiner
öMU Stärke die Arbeit von zweien leistete, so war
er viel begehrt und verdiente so viel, daß er
sogar Geld auf der Sparkasse hatte — für einen Holz-
knecht immerhin eine bemerkenswerte Feststellung.
Allerdings sagten die einen, diese Ersparnisse seien
größtenteils darauf zurückzuführen, daß der Gori
Wastl mit dem Stutzen ebensogut umzugehen ver-
stehe wie mit Beil und Säge, und daß er in einer
Nacht oft mehr zu verdienen wisse als tagsüber
in einer Woche. Allerdings hakte er bei fast allen
Schützenfesten, die in Aibling, in Rosenheim, in
Holzkirchen und anderen Städten des bayrischen
Oberlandes stattfanden, erste Preise gewonnen,
immerhin ein Beweis dafür, daß er im Gebrauch
des Stutzens eine sehr sichere Hand hatte.
Die zweite Behauptung ließ sich dagegen nicht
beweisen, auch wenn der grüne Hans, wie der junge
Forstgehilfe genannt wurde, es steif und fest be-
hauptete. Der Gori Wastl, ein großer, knochiger
Bursche nut breiten Schultern, mit sonnverbranntem
Gesicht, schwarzen, blitzenden Augen, mit einer kräf-
tigen Hakennase und dunklem, buschigem Schnurr-
bart, sollte ja im Labertal den Wechsel eines jeden
Hirsches kennen, hörte auch anzügliche Bemerkungen
oder gar ein paar „G'stanzeln" auf seine geheimnis-
vollen nächtlichen Spaziergänge mit einem ver-
gnügten Schmunzeln an, bewiesen aber war ihm
noch nichts worden, trotzdem sich gerade der grüne
Hans schon alle erdenkliche Mühe gegeben hatte.
Der Forstgehilfe, der ausweislich seines Tauf-
scheins eigentlich Johannes Pamphilius Moosbichler
hieß, war eine Erscheinung, die ebenso kraftvoll war
wie die des Gori Wastl; auch sein Gesicht war so
sonnverbrannt, als wäre seine Haut gegerbtes Leder,
dagegen hatte der grüne Hans blaue, freundliche
Augen, die oft im Zorne aufblitzten, während die
des Gori Wastl meist verschmitzt lachten, als säßen
dahinter tausend Schelme versteckt.
Freunde waren sie' ja nicht, der Gori Wastl und
der grüne Hans. Eine Freundschaft konnte schon
deshalb nicht bestehen, da aus dem gewaltigen Wild-
reichtum des Labertales trotz der sorgsamsten Pflege
ab und zu ein Hirsch oder ein Rehbock verschwand,
da dann und wann auf den zerklüfteten und zer-
rissenen Hängen des Tegelberges eine Gemse bei dem
gewohnten Wechsel nicht mehr erschien; der grüne
Hans war überzeugt, daß dann immer nnr der Gori
Wastl in sein Revier eingedrungen war. Ob er
mit dieser Annahme auch recht hatte, hätte mit
Bestimmtheit nur der Gori Wastl selbst sagen können,
der aber solchen Fragen gegenüber eine merkwürdige
Schweigsamkeit bewies.
Aber waren das immerhin beachtenswerte
Gründe, so waren sie für das gespannte Verhältnis
der beiden zueinander doch nicht so entscheidend wie
der Umstand, daß die Haßlacher Lene ein dichtes,
nußbraunes Haar hatte, das in schweren Zöpfen
wie eine Krone aufgesteckt war, daß sie ein Ge-
sichtchen hatte wie Milch und Blut und blitzende,
weiße Zähne, die sie beim Lachen gerne sehen ließ.
Und die Haßlacher Lene lachte, wenn der Gori Wastl
ihr auf dem Wege zur Gandlalm erzählte, wie er
den Listen des grünen Hans entwischt war, wobei
er noch einen Rehbock über die Grenze gebracht hatte;
sie lachte aber auch, wenn der grüne Hans von
einem Forsthause zu berichten wußte, das er sofort
beziehen könne, wenn er erst eine Frau Försterin
besitze; und da waren denn beide überzeugt, daß
die frohe, lustige Haßlacher Lene eigentlich nur für
den Gori Wastl oder für den grünen Hans bestimmt
sein müßte. Und wenn der Gori Wastl sie einmal
mit den: grünen Hans lachen sah, dann dachte er
an nichts anderes, als daß sie sich über diesen nur
lustig machen könne; begegnete dagegen der grüne
Hans der Lene und dem Gori Wastl, so konnte ihm
der nur leid tun, der ja nur ein Holzknecht war,
während er doch ein Forsthaus erwarten durfte, in
dem sich eine Frau Försterin schon wohlfühlen konnte.
Aber da sich schließlich die Haßlacher Lene weder
für die Ersparnisse des Gori Wastl noch für das
in Aussicht stehende Försterhaus des grünen Hans
endgültig entscheiden wollte, so hatten die beiden
cs doch fühlen müssen, daß nur einer von ihnen die
Haßlacher Lene bekommen konnte.
Ja, aber wer?
Und das ivar doch ein vollgültiger Grund, daß
zwischen dem Gori Wastl und dem grünen Hans,
abgesehen von anderen Gründen, keine Freundschaft
bestehen konnte.

- —i - -- hesl Id
Schien es, als sollte der grüne Haus der Beglückte
sein, weil der Gori Wastl die Lene am Tage des
Maitanzes schon am Vormittag bei dem grünen
Hans gesehen hatte, der ihr noch absichtlich so laut
znrief, daß cs der Gori Wastl hören mußte: „Also
der Maitanz g'hört mir, wie du mir den Verspruch
geben hast!" dann geriet der Gori Wastl in eine
begreifliche Wut. Damals war er fortgerannt und
ivar an dem Tage nicht mehr gesehen worden. Aber
statt sich am folgenden Tage an dem ungestörten
Verlaufe des Maitanzes freuen zu dürfen, mußte
der grüne Hans erfahren, daß gerade der schönste
Gemsbock ans dem Revier verschwunden ivar.
Natürlich hatte diesen der Gori Wastl geholt.
Und als die Johannisnacht kam, da begegneten
sich der Gori Wastl und die Haßlacher Lene am
Waldrand.
„Na, Wastl, auf dem Kesselberg werden die Feuer
ang'steckt. Kommst 'nüber? Willst mit mir den
Sprung übers Feuer machen?"
Der Gori Wastl hatte aber auch schon die Augen
von einem Luchs; er hatte gerade noch den grünen
Rockärmel hinter einem Baumstamm gesehen. „Ah
so!" dachte er sich. „Willst Wohl was derlauschen?"
Aber er blieb ganz ruhig. „I möcht' die Nacht
schlafen, Lene! Es is besser, du fragst den grünen
Hans. Der hat dir beim Maitanz die G'fälligkeit
erwiesen, und i bin schon z'frieden, wenn er's wieder
macht."
In der Johannisimcht dann kletterte der grüne
Hans durch das ganze Revier, streifte von einen:
Ende zum anderen und war todmüde, als die Sonne
über das Ramserköpfl heraufkam. Aber kein Schuß
war in der Nacht gefallen, und auch vom Gori Wastl
hatte er keine Spur entdecken können.
Das erschien ihm freilich begreiflich, als ihm am
nächsten Tage erzählt wurde, "der Gori Wastl sei
mit der Lene auf dem Kesselbcrg gewesen.
Natürlich konnte das die Gesinnung der beiden
zueinander auch nicht bessern.
Ja, aber wer würde der Sieger sein?
Diese Frage war noch lange nicht zur Entscheidung
gekommen, denn die beiden waren nach wie vor
entschlossen, den Kampf weiterznführen, da sie un-
bewußt fühlen mochten, daß sic um der lustigen
Augen der Haßlacher Lene willen schon ein paar
Jahre durchhalten konnten, wenn einst um die schöne
Helena gleich neun Jahre Krieg geführt worden war.
Da sollten die Plänkeleien ein rasches Ende er-
reichen, als der Ruf des Königs nach seinen Sol-
daten auch in das Oberland gedrungen war, weil
die Franzosen und die Russen glaubten, sie könnten
von Deutschland einen guten Happen wegnehmen;
aber die im Oberlande wollten dann schon zeigen,
daß sie ebenso kräftig zu „dreschen" verstünden, wie
die Väter Anno siebzig.
Jubelnd waren sie alle dem Rufe gefolgt; aus
den entlegensten Almen waren die Holzknechte her-
untergekommen ins Tal, hatten Säge und Beil liegen
gelassen, um nach dem Gewehr.zu greifen.
Auch der Gori Wastl, der droben auf den Hängen
des Hachecks gearbeitet hatte, war in das Tal her-
untcrgestiegen, nm noch am gleichen Tage nach
München zu fahren.
An: Hofe, in dem er die Haßlacher Lene wußte,
war er vorbeigegangen, und sie mußte wirklich schon
auf ihn gewartet haben, denn sie kam gleich heraus.
„Pfüat di Gott, Lene! Mit dem Eisern' Kreuz
knmm i wieder. Wartst so lang?"
„Warum soll i net warten?"
„No, z'wegen dem grünen Hans."
„Der is ja selm aufs Frankreich."
„So! Da is mir ja leichter, Lene. Brauchst mir
jetzt nur sag'n, ob i dir an Franzos' oder an Russ'
bringen soll. I lass' ihn dir beim Bartl in Miesbach
ausstopfen."
„Geh zua, mach könne Scherz! Leicht kann jeden
der Tod. zufall'n."
„Jede Kugel trifft net. Und na is die meine
allweil g'schwinder. Glaubst, daß a Franzos an
bessern Wind hat wie a Gams? Da is mir no könne
ausg'wischt, die i mir hab' hol'n woll'n. Na wird
mir a Franzos durchgehn? I knmm wieder, wenn
nur du bleibst."
„Natürli bleib i. Der alte Haßlacher braucht nn
do erst recht, wo die Knecht' doch alle fort müass'nst
Und ehe der Gori Wastl ging, da brachte sie
von ihrem Rosenstock noch ein paar halberblühte rote
Rosen, die sie dem Wastl an die Brust steckte.
Da konnte es nicht gefehlt sein. Der Gori Wastl
wollte schon sein möglichstes beisteuern, damit die
Franzosen bald wieder froh sein würden, wenn sw
den Griff einer deutschen Faust nicht mehr spürten-
Der Gori Wastl war dann nach München ge-
kommen. Und als er bei seiner Kompanie cingerciht
ivar, natürlich bei den Leibern"'), da sah er in der

*) Münchener Leibreginicnt.
 
Annotationen