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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 50.1915

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Heft 26
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https://doi.org/10.11588/diglit.47351#0567
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Heft 26 -Vas Luch fül- Mle -569


Lin pamerwrmschlss veralteter tlrt (1874).

schwere Geschütze auf-
gestellt waren. Da die
Kasematte etwas über
die Schiffseitenwände
überragte, so konnten
die Geschütze bei einer
gewissen Drehfähigkeit
nach verschiedenen Sei-
ten feuern. Ein großer
Vorteil der Kasematt-
schiffe, die besonders
in der französischen
Marine Aufnahme fan-
den, war es, daß die
gesamte Feuerleitung
der schweren Artillerie
von einer Stelle aus
erfolgte. Ein lange
Jahre in Dienst gewe-
senes Schiff dieser Art
war das 1874 in Eng-
land gebaute Panzer-
schiff „Kaiser" der deut-
schen Marine. Ihm
folgte 1884 als erstes
aus einer deutschen
Werft hervorgegangenes Kasemattschiff die „Olden-
burg", ein Schiff, das für seine geringe Größe eine
außerordentlich starke Bestückung führte.
Eine besondere Ausbildung der Kasematte ist die
sogenannte Barbette- oder Geschützbankkasematte auf
Deck, in der vier schwere Geschütze dergestalt innerhalb
einer gepanzerten Brustwehr aufgestellt wareu, daß sie

noughts erreicht wurde. Selbstverständlich war
es auch den Italienern nicht möglich gewesen, die
artilleristische Stärke ihrer Barbettekasemattschiffe
zu erreichen ohne Beeinträchtigung der sonstigen
Gefechtseigenschaften. Die ungewöhnlich starke Be-
lastung des Schiffes durch die schwere Artillerie
gestattete keinerlei Panzerung der Schiffswünde —

boot, bei allen Marinen
Eingang gefunden. Die
große Beweglichkeit die-
ser kleinen Schiffe, ihre
Billigkeit und schließ-
lich ihre Ausrüstung
mit dem äußerst wir-
kungsvollen Torpedo-
geschoß führten dahin,
daß die großen Kampf-
schiffe mit Abwehrvor-
kehrungen gegen Tor-
pedoangriffe ausgestat-
tet werden mußten.
Das Linienschiff wurde
ein wesentlich verwickel-
terer Organismus als
bisher. Die Torpedo-
abwehrartillerie , aus
kleinkalibrigen Geschüt-
zen bestehend, gelangte
planmäßig zur Ein-
führung, die Panze-
rung des Schiffsrump-
fes wurde durch Verbes-
serungen des Panzer-
materials widerstandsfähiger gestaltet. Als Bau-
material kam nur noch Stahl, in der deutschen
Marine Nickelflußstahl, zur Verwendung, die Siche-
rungen des Schiffsrumpfes bei Sprengwirkungen
durch Torpedo erfuhren wesentliche Verbesserungen.
Die Bedrohung des Linienschiffstyps durch die
neue Waffe des Torpedos führte also iu kurzer

ein Larbettekasemattschisf vom sayre 1882.


ein ziemlich unbeschränktes Bestreichungsfeld hatten,
daß sie also weit drehbar „über Bank" feuerten, wie
der Seemannsagt, doch wiesen sie mit ihren Lade-und
Drehvorrichtungen keinen Panzerschutz auf. Ihren
vollkommensten Ausdruck fand die Barbettekasematte
bei den Panzern der italienischen Marine vom Typ
der Lepantoklasse. Hier waren die ganz unge-
heuer starken Geschütze
von 43 Zentimeter
Seelendurchmesser, bei
einer Lauslänge von
11,5 Metern, paarweise
in der drehbaren Bar-
bette der gepanzerten
Kasematte diagonal zu-
einander angebracht, so
daß es möglich war, die
vier großen Geschütze
gleichzeitig nach allen
Richtungen feuern zu
lassen. Dadurch war
Zum erstenmal eine
Feuerwirkung von ganz
gewaltiger Kraft, die
seinerzeit ohnegleichen
svar, erzielt worden.
Die vier großen Ge-
schütze konnten zu glei-
cher Zeit eine 3624 Kilo-
gramm schwere Gra-
natenladung verfeuern,
eineartilleristischeKraft-
rntsaltung, die erst
wieder in neuester Zeit
vei unseren Drcad-
T^VI. 1915.

nicht einmal die Maschinen erhielten einen Panzer-
schutz. Dagegen war die Fahrtgeschwindigkeit des
„Lepanto" mit 18 Seemeilen für die damaligen
Verhältnisse außerordentlich groß. Der „Lepanto"
war also sinngemäß kein Panzerschiff, vielmehr
ein schneller, großer und starkbestückter Kreuzer.
Inzwischen hatte eine neue Waffe, das Torpedo-

Zeit zu einer ganz bedeutenden Verbesserung der
Verteidigungsmittel des Panzerschiffes. Die Be-
lastung der Schiffe wurde aber dabei so groß, daß
notwendigerweise ihre Beweglichkeit eine Beein-
trächtigung erfahren mußte.
Allmählich kam man zu der Ansicht, daß zur
Bekämpfung des Torpedoboots das große Panzer-
schiff allein nicht aus-
reiche, und so entstan-
den die kleinen, schnell-
fahrenden Kreuzer, die
bisher unter dem Na-
men Aviso den Auf-
klärungsdienst für das
Geschwader zu besorgen
hatten, nunmehr aber
in größerer Zahl nötig
wurden, um die Tor-
pedoboote von der
Hauptmacht der Flotte,
dem Panzergeschwa-
der, abzuhalten. In
Deutschland führte die
rasche Entwicklung der
Torpedobootedazu, daß
in dem Zeitraum von
1880 bis 1892 nur ein
einziges Panzerschiff
gebaut wurde. Die
französische Marine
suchte ihr Heil im Bau
kleinerer Küstenvertei-
digungsschiffe und zahl-
reicher Kreuzer, und
auch England verfuhr


ein alter Kasemattpanrerschlff der deutschen Marine (1874).
 
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