Wernigerode Stadt.
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entbehrlich geworden war, ging es in Privathände über und wurde sowohl in der
Breitenstrasse, als nach der Seitengasse hin vergrössert und mit vermehrten
Stockwerken versehen, wie es noch jetzt sich darstellt. Bei dieser Gelegenheit
erhielt es zunächst in der Schenkstrasse eine Thorfahrt, über welcher einge-
sclmitten ist:
Iimt0 Jaullmuitt, Ütarin litirmcö, 1630.
Dann folgte eine Thüre in der Breitenstrasse mit der Inschrift:
Jjiuiö JiuiUmum, Itariit Imitcö, 1634.,
sodass das Haus jetzt eigentlich das Faulbaum’sche Wohnhaus heissen müsste.
Her Besitzer gehörte einer angesehenen Familie an und war Brauherr, weshalb
in den beiden Etagen Aufziehluken zu sehen sind. Brauer, Brenner und Gerber
waren zur Zeit in Wernigerode zahlreich vertreten. Durch die dichten Fenster-
reihen und die reichen Holz verstreb ungen unter jedem Fenster erscheint das
grosse Haus höchst stattlich und erinnert an das sogenannte Kanzleigebäude in
Stolberg a/H., ist jedoch weit einfacher als dieses (1535 erbaute). Eine gute Abbildung
sieht man auch bei Puttrich. Schnitzereien fehlen dem Hause und waren nie vorhanden.
Diesem Hause gegenüber befindet sich ebenfalls ein älteres Fach werkshaus,
das besonders merkwürdig gestaltete Balkenköpfe und Gesichtsmasken (s. Fig. 94)
an beiden Seiten der Thorfahrt zeigt, welche nicht ohne etwas derben Humor er-
dacht und mit gewandter Hand dargestellt sind, weshalb die Abbildung eines Theiles
derselben nicht ungeeignet erscheinen mag. Laut ein geschnittener Schrift gehörte
dieses Haus zur Zeit seiner Erbauung einem „Christof Preysser“ und dessen Ehefrau
„Bar(bara) Margaretha Blancken Anno 1696.“ Jetzt hat es die Nummer 271.
Etwas weiter nach dem Thor zu, wo früher vermuthlich ähnliche Verzierungen
zu sehen waren, liest man über dem Thorwege die Namen „M(eister) . Michel Krelu
und „Maria Werenpenig Anno 1678.“
Besonders reich an Holzschnitzereien ist das auf derselben Strassenseite
wie das Faulbaum-Iieinecke’sche stehende kleinere sogenannte Frankenfeld’sche
Haus, Nr. 408 der Breitenstrasse. Von jedem Wernigerode besuchenden Fremden
wird es mit Recht aufgesucht und einer eingehenden Betrachtung unterzogen, —
daher es vielfach fast zum Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Vor einigen
Jahren erfuhr es eine theil weise Umwandlung und Ergänzung, die aber nicht im
ursprünglichen Stil und Geiste ausgeführt wurde. Sie hatte jedoch das Gute, dass
sie dem Holzwerk einen schützenden Oelanstrich gab. Das Erdgeschoss, das
früher nur eine verzierte Hausthüre mit der Jahreszahl 1674 zeigte und im
Uebrigen wahrscheinlich nur einfach massiv war, hat man in ähnlicher Ausführung
wie die alte Holzarchitektur auszustatten versucht und mit der Jahreszahl 1875
versehen. Die oberste Etage, welche noch vor 1870 keine Glasfenster, sondern
enge Holzgitter mit Schieberahmen, sowie eine Aufzugluke zeigte, hat jetzt wie in
allen übrigen Etagen moderne Fenster bekommen und die Luke verloren. Im
Puttrich’schen Werke (Blatt 4 des betr. Heftes) ist zwar eine grosse Abbildung
gebracht, doch ist dabei manches im Einzelnen nicht getreu wiedergegeben.
Nach Anleitung einer grösseren alten Photographie ist versucht worden, einige
Theile der ursprünglichen und noch jetzt erhaltenen Schnitzerei abzubilden.
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entbehrlich geworden war, ging es in Privathände über und wurde sowohl in der
Breitenstrasse, als nach der Seitengasse hin vergrössert und mit vermehrten
Stockwerken versehen, wie es noch jetzt sich darstellt. Bei dieser Gelegenheit
erhielt es zunächst in der Schenkstrasse eine Thorfahrt, über welcher einge-
sclmitten ist:
Iimt0 Jaullmuitt, Ütarin litirmcö, 1630.
Dann folgte eine Thüre in der Breitenstrasse mit der Inschrift:
Jjiuiö JiuiUmum, Itariit Imitcö, 1634.,
sodass das Haus jetzt eigentlich das Faulbaum’sche Wohnhaus heissen müsste.
Her Besitzer gehörte einer angesehenen Familie an und war Brauherr, weshalb
in den beiden Etagen Aufziehluken zu sehen sind. Brauer, Brenner und Gerber
waren zur Zeit in Wernigerode zahlreich vertreten. Durch die dichten Fenster-
reihen und die reichen Holz verstreb ungen unter jedem Fenster erscheint das
grosse Haus höchst stattlich und erinnert an das sogenannte Kanzleigebäude in
Stolberg a/H., ist jedoch weit einfacher als dieses (1535 erbaute). Eine gute Abbildung
sieht man auch bei Puttrich. Schnitzereien fehlen dem Hause und waren nie vorhanden.
Diesem Hause gegenüber befindet sich ebenfalls ein älteres Fach werkshaus,
das besonders merkwürdig gestaltete Balkenköpfe und Gesichtsmasken (s. Fig. 94)
an beiden Seiten der Thorfahrt zeigt, welche nicht ohne etwas derben Humor er-
dacht und mit gewandter Hand dargestellt sind, weshalb die Abbildung eines Theiles
derselben nicht ungeeignet erscheinen mag. Laut ein geschnittener Schrift gehörte
dieses Haus zur Zeit seiner Erbauung einem „Christof Preysser“ und dessen Ehefrau
„Bar(bara) Margaretha Blancken Anno 1696.“ Jetzt hat es die Nummer 271.
Etwas weiter nach dem Thor zu, wo früher vermuthlich ähnliche Verzierungen
zu sehen waren, liest man über dem Thorwege die Namen „M(eister) . Michel Krelu
und „Maria Werenpenig Anno 1678.“
Besonders reich an Holzschnitzereien ist das auf derselben Strassenseite
wie das Faulbaum-Iieinecke’sche stehende kleinere sogenannte Frankenfeld’sche
Haus, Nr. 408 der Breitenstrasse. Von jedem Wernigerode besuchenden Fremden
wird es mit Recht aufgesucht und einer eingehenden Betrachtung unterzogen, —
daher es vielfach fast zum Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Vor einigen
Jahren erfuhr es eine theil weise Umwandlung und Ergänzung, die aber nicht im
ursprünglichen Stil und Geiste ausgeführt wurde. Sie hatte jedoch das Gute, dass
sie dem Holzwerk einen schützenden Oelanstrich gab. Das Erdgeschoss, das
früher nur eine verzierte Hausthüre mit der Jahreszahl 1674 zeigte und im
Uebrigen wahrscheinlich nur einfach massiv war, hat man in ähnlicher Ausführung
wie die alte Holzarchitektur auszustatten versucht und mit der Jahreszahl 1875
versehen. Die oberste Etage, welche noch vor 1870 keine Glasfenster, sondern
enge Holzgitter mit Schieberahmen, sowie eine Aufzugluke zeigte, hat jetzt wie in
allen übrigen Etagen moderne Fenster bekommen und die Luke verloren. Im
Puttrich’schen Werke (Blatt 4 des betr. Heftes) ist zwar eine grosse Abbildung
gebracht, doch ist dabei manches im Einzelnen nicht getreu wiedergegeben.
Nach Anleitung einer grösseren alten Photographie ist versucht worden, einige
Theile der ursprünglichen und noch jetzt erhaltenen Schnitzerei abzubilden.