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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 1/2
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Haushofer, Max: Ueber Allegorien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0011

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*Ä* **

Allegorie auf den Januar von M. Schwind.

Aus dem auf Veranlassung des damaligen bayer. Kronprinzen Max herausgegebenen Kalender von J.8^4-.

Aeßer Ällkgorien. ^

Pott prof. Dr. Nax Daushofer.

rh

ene Götter, welche in den Mythen der alten
Kulturvölker lebten, waren überntenschliche
Wesen, welche sowohl gewisse Naturkräfte, als
auch Eigenschaften, Handlungen und Zustände
öer Menschheit in sich verkörperten. Es gab Götter des
Nichts und des Todes; Götter, welche die erzeugende Araft
öes Erdbodens, den Blitz und den Donner, das Meer und
öas Feuer in ihrer person darstellten; Götter der Liebe und
des Arieges, der Weisheit und der Ärmste. Dian glaubte
den unlösbaren Zusammenhang zwischen der Person
dieser Götter und dent allgemeinen Gedanken, als dessen
Eräger sie erschienen.

Als aber im Perlaufe der Geschichte die Pölker dazu
kamen, auch die Religionen und Mythen anderer Pölker
kennen zu lernen, als sie anfingen, die eigeneit Götter und
deren Eigenschaften mit anderen zu vergleichen, lernten sie,
daß man alle Gedanken gewisserntaßen als Räthfel in
wilder stecken kann. So entstand die Allegorie. Die Allegorie
ht ein Gedanke, der ursprünglich ohne Bild da war, und
für dessen Persinnlichung man auf künstlichem Wege ein
Bild sucht und herbeibringt. Pon den alten mythischen
Göttergestalten, welchen ihre Eigenschaften geglaubt wurden,
unterscheidet sich die Allegorie scharf dadurch, weil man
^u^iß, daß die dargestellten Personen blos Bilder sind, daß
die ^zdee und das Bild künstlich ineinander geschoben sind.

Die Allegorie ist verwandt mit dem Symbol; aber
doch wieder etwas ganz Anderes. Das Symbol erscheint
am Anfänge, die Allegorie am Ende einer Epoche der

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menschlichen Phantasie. In deit Anfängen der Aultur
schasst sich die Pölkerphantasie Götter, an welche sie wirklich
glaubt. Diese Götter bedeuten Naturerscheinungen und die
Naturerscheinungen bedeuten wiederum Naturkräfte. Und
es sind nicht allein Göttergestalten, sondern auch ganz andere
Dinge, namentlich Thiere, denen ntan eine Bedeutung beilegt,
welche sie gar nicht haben. Das sind Symbole. Symbole —
wir brauchen dafür den deutschen Ausdruck Sinnbilder —
sind Gedanken, die durch einen verwandten Gegenstand
dargestellt werden.

werden die Symbole nun einzelnen Gättergestalten
bleibend beigegebcn, als begleitende Thiere, Werkzeuge und
sonstige Gegenstände, die eine Figur als etwas Bcstintnites
kennzeichnen sollen, so werden sie zu Attributen. So der
Adler des Zeus, Gdin's Raben, Thor's Hammer, der
Dreizack des Neptun, die Aehren der Demeter, die Schlange
des Aeskulap. Die bildende Aunst ging aber noch weiter,
wo es ihr aus technischen Gründen nicht ntöglich war,
gewisse Zustände, Untgebungen, Handlungen durch Personen
allein zu schildern, da gebraucht sie Hilfen, die etwas der-
artiges bedeuten sollen. Sie wählt eine Staude, unt einen
Wald, einen Stein, um eine Gebirgsgegend darzustellen;
und in ähnlicher weise bedeutet ihr ein Ruder die Seefahrt,
eine gesenkte Fackel den Tod, eine Leier die Musik und die
Dichtkunst, eine Hirtenflöte das Landleben, eine Palme den
Sieg, eine phiale das Opfer u. s. f. Die plastische Aunst
brauchte solche Hilfen, unt Manches auszudrücken, was sie
sonst wegen ntangelnder Farbe und anderer technischer

Zeitschrift des ba?er. Aunstgewerbe.vereins München.

Heft \ & 2 (8g. U- 1SSJ.
 
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