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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 9/10
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Kunstgewerbliches auf der Pariser Weltausstellung
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0062

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(Einen eigenen großen Saal füllen die Musikinstrumente, von
denen in dieser Besprechung nur die Flügel und pianinos wegen ihrer
äußeren Ausstattung in Betracht kommen. Auch hier herrscht eine
große Verschiedenheit im Stilcharakter, von plexel, Wolf & Eie. ein
pianino in Louis XVI. grau bemalt, mit blauen (Ornamenten und
farbigen Schäferbildern, während die profile vergoldet sind, ein Flügel
mit ähnlichen Bildern L Li Watteau auf Goldgrund, von Erard
mehrere Instrumente in Louis XVI., eines mit gefärbten Intarsien
auf schwarzem Grund mit aufgemalten Goldlinien, sehr fein wirkend,
von demselben noch ein kostbarer Flügel in Louis XVI. in Rosenholz
mit Bronzeverzierungen und bunten Blumenintarsien, in der 30 m
Galerie außerdem ein Flügel in Louis XIV. von wundervoller Arbeit,
ebenso Esarfen in Louis XVI. von lferz ein grün bemaltes Rokoko-
xianino mit Bronzeziergliedern, von Rusch Empirexianinos und ein
ebenfalls auf Bronzegrund bemalter Rokokoflügel, während Thibaut in
schwarz mit Messingboule und Bronzen reichausgestattete Arbeiten zeigt.
(Ein ganz mit rother Seide überzogenes pianino soll hier nur als
Kuriosum aufgeführt werden.

(Entwürfe zu ganzen Innenausstattungen und einzelnen Möbeln,
in einem Drehkasten ausgestellt, sind von <£. prignot und G. Römon
und verdienen dieselben auch ihrer flotten Darstellung wegen (z. B. eines
faxanifchen Salons) Lob.

von den Kunstschlofserarbeitcn kann man nicht behaupten, daß sie
die Leistungen, welche von deutschen Meistern auf den letzten Münchener
Ausstellungen bekannt wurden, übertreffen, obwohl dieselben gut vertreten
sind, von Disclxn und Fouchee sind Laternen, besonders eine große
in Louis XVI., bemerkenswerth, Lampen von A. Baudrit, von dem
auch ein Rundbogenthor mit Laterne ausgestellt ist. Achnliches von
Raxh. Favicr. Gothifche Leuchter, Lampen, Uhren, Kamingeräthe
von mehreren Firmen. Die Blattbehandlung, besonders des Rokokos
wirkt oft blechern. (Ein Konsoltisch in Rokoko von Baudrit ganz in
(Elfen ausgeführt, läßt ahnen, welche Ucbergriffe auf andere kunst-
gewerbliche Gebiete noch zu befürchten sind, nachdem wir uns bereits
eiserner Toilettespiegel erfreuen.

Die Gruppen der Keramik, der Glasindustrie, Kunstweberei rc.
sind so reichhaltig beschickt, daß eine eingehende Besprechung noch Vor-
behalten werden muß.

So viel läßt sich aus diesen natürlich lückenhaften Aufzeichnungen
ersehen, daß des Anziehenden und Lehrreichen für die Kunstgewerbe-
treibenden viel geboten ist und wenn wir noch auf die reichen alten
Schätze Hinweise,!, welche im Louvre, im Müsse de Lluny sich befinden
und im Trocadsro aus Privatsammlungen zu sehen sind, so glauben
wir den Besuch der pariser Ausstellung nur empfehlen zu können.

St.

ÖCnJmts KmPgeweMjchen MuskerbMen.

Tafel 27: pokal der Augsburger Metzgerzunft. Jm
Besitze des kgl. National-Mufeums zu München.

Tafel 28: Derselbe; Unteransicht des Fußes, Unter- und (Ober-
ansicht des Deckels (Wirkliche Größe), von dieser prächtigen Arbeit,
welche weder einen Zunftstempel, noch eine Meistermarke oder ein
Beschauzeichen trägt, kann man, da sie sich seit Jahrhunderten im
Besitze der Augsburger Metzgerzunft befand, wohl mit Sicherheit an-
nehmen, daß sie in Augsburg gefertigt worden, wo sie auch im Jahre ;88S
in der kunsthistorischen Abtheilung der Schwäbischen Kreisausstellung
(unter No. ;<$83) figurirte. Der pokal stammt wohl aus dem (Ende
des ;s. Jahrhunderts; in den Motiven und der Disposition des
ornamentalen Schmuckes ist mancher verwandte Zug mit den Vor-
bildern, welche die Nürnberger Goldschmiede und Kupferstecher
Beruh. Jan um (580 und der etwas spätere paul Flint Herausgaben.
Auch die Anwendung der punzenmanier weist auf diesen Zusammen-
hang. Die Beziehung des pokals auf die Metzgerzunft kommt am
deutlichsten in den Fuß- und Deckelfüllungen zum Ausdruck. Die hier
dargestellten äußerst charakteristischen Txpen zweier Schlachtthiere (Widder
und Stier) sind vortreffliche Treibarbeiten; beispielsweise ist der Kopf
des Stiers etwa einen Lentimeter weit hervorgetrieben. Der pokal
wurde — wie schon früher mitgetheilt — im Anfang dieses Jahres
vom kgl. National-Mufeum erworben und ist nun daselbst in würdiger
Weise im Saal IV, 2. Stock aufgestellt.

Tafel 29: Saal aus dem pellerhaus in Nürnberg. Jm
Besitze der Möbelfabrik von J. A. Lysfer daselbst. Ausgenommen
und gezeichnet von <E. I7 ä b c r I c, Lustos am bayer. Gewerbe-Museum
zu Nürnberg. Nachdem die Möbelfabrik von J. 21. Eysser das
bekannte „pellerhaus" in Nürnberg erworben hatte, um dasselbe unter
der künstlerischen Beihilfe des f Baudirektors A. Gnauth zu einem

großartigen verkaufslokal auszugcstalten, wurde bei Gelegenheit baulicher
Reparaturen in dem hier dargestellten Saal die seinen lhauptschmuck
bildende kfolzdecke entdeckt (;882). Dieselbe zeigt den baroken Gedanken,
ein regelmäßiges Fünfeck als Mitte einer nahezu quadratischen Fläche
(8,70 auf 8,90 Meter) zu verwenden, in vortrefflicher weise durch-
geführt. Das Material derselben ist in der Hauptsache (Eichenholz,
ferner Lsche und Ahorn, verfertigt wurde die Decke, der in einer
Lcke angebrachten Jahreszahl gemäß, im Jahre ;so8; über die Zeit
seiner Verdeckung durch Stuckaturen ist nichts Näheres bekannt.

Tafel 30: Gemaltes Fenster im Rath Haus zu Karls-
ruhe. (Entworfen von <0. Hemmer, Karlsruhe, ausgeführt von
W. Schell, (Offenburg (Baden), vergleiche damit Tafel 3$ des Jahr-
ganges ;887.

Tafel 3(: Vestibül-Laterne. Entworfen und in Schmied-
eisen ausgeführt von Jos. bfaindl, München. Nach Photographie
gezeichnet von Max Kien dl, Ifauxtlehrer, München.

Tafel 32: Tischdecke. Entworfen und gezeichnet von prof.
Fr. Thiersck. In Applikationsstickerei ausgeführt von Frau Direktor
Therese Schiffmaun, München. Die Decke besteht aus tiefrothem
Atlas mit Applikationen in verschiedenfarbigen (alten) Seidenstoffen.

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Berichtigung.

Zu Tafel 23 (Heft 7/8) ist zu berichtigen, daß der Name des
Verfertigers des Essig- und Gelgefäßes „Fr. v. Miller" und nicht
„Fr. v. Müller" ist; überdieß besteht die Montirung des Doppel-
gefäßes nicht aus Bronce, sondern aus vergoldetem Silber. Der als
Marmorsockel bezeichnete Untersatz gehört nicht dazu. — Die Red.

Beilage des Doppelheftes 9/(0: Beiblatt llo. 9 (Seite (OS—(08).

verantw. Red.: prof. £. Smelin. — Herausgegeb. v. bayer. lumstgewerbevereiu. — Druck u. Lomm.-Verl. von Lnorr !j Lirth in München.

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