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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 9/10
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Kunstgewerbliches auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0061

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Mosaikschule ausgeführt, angebracht sind, ein Beweis, welch hoher
pflege sich das Mosaik, seit Jahrhunderten ein Privilegium der Italiener,
nunmehr auch in Frankreich erfreut. Facchina, von dem die Mosaiken
in der Oper herrühren, Guilbert-Martin, Zambon sind als Vertreter
dieser Industrie zu nennen. Die Kunstmosaikcn Salviati's in Venedig
sind als hervorragende Leistungen längst bekannt.

Frankreichs Ruhm in der Kunstindustrie ist vorzugsweise auf
seine hochentwickelte Bronzcindustric gestützt, deren Vorführung in der
That sowohl nach qualitativer als quantitativer Sette die größte Be-
wunderung erregt. Die Güsse von Thibaut (Lafontaine-Monument in
der 30 m Galerie) sind ganz hervorragend; Barbedienne glänzt
durch eine Uhr von xhantasicvollcm und graziösem Aufbau im Stil
Frangois I. Schon durch technische Ausführung und Dimensionen
zeichnen sich Leistungen in der kirchlichen Kunst aus, so der bsauptaltar
von Merville, comxonirt von Dordonnier, romanisch, ganz in vergoldeter
Bronze ausgefllhrt von Trioullier Freres, von derselben Firma ein
gothischer nach dem Entwürfe von Sauvageot. Es gehört allerdings
das gedämpfte Licht eines Kirchenraumes dazu, die Glanzwirkuug des
Metalles weniger aufdringend erscheinen zu lassen. Ohne auf die
zahllosen Gegenstände der Bronzefabrikation für Gebrauchszwecke,
Uhren, Lampen, Schreibzeuggarnituren und sigürlichen Nippes ein-
gehen zu können, sei hier noch auf eine allerdings außerhalb der Aus-
stellung befindliche vorzügliche Bronzegußarbeit hingewiesen, die charak-
terisch in Bezug auf die dem Material zukommende Formengebung
erscheint, nämlich die Flaggenstöcke (Mats permanents) auf dein Place
de la Republique nach dem in der Ausstellung befindlichen Entwürfe
von Mayeux.

Geradezu großartige Werke finden sich in der Gruppe der Ldel-
metallarbeiten. Hervorragendes hat Bapst & Falize ausgestellt, von
dem wir eine Figur „Astronomie" zu dem Schönsten zählen; die Ver-
bindung von Metall, Elfenbein und reicher Emaillirung ist von großem
Reiz, außerdenr ist hervorzuheben eine Athene au einer Säule von
prächtiger Durchführung. — Sowohl in Lomposition, als Ausführung
gleich gelungen zeigt sich ein figürlicher Aufsatz, Pandora auf einer
lapis lazuli Säule sitzend, von Vever, aus dessen reichhaltiger Lollektion
noch ein emaillirter Gebetbuchdeckel und eine Reihe von farbigen
Lmailplatten mit meist mittelalterlichen Sujets besonders auffallen,
von Breant & Loulbeaur gehört eine Figur, eine Krystallvase mit
emaillirten Blumengewinden bekränzend, zu denr Besten dieser Gruppe.
Mit höchst feinen Reliefs (z. B. an Bürsten im Stil Louis XVI) in
Silber und Gravirungen ist Gaillard fils, mit Tafelgeräthen Boucheron
vertreten. In Schmuckartikeln fei hier aus der Menge Beaudouin
angeführt.

Unter den Firmen, welche sich vorzugsweise mit fabrikmäßiger
Anfertigung von Silbertafelgeräth rc. befassen, zeichnet sich die bekannte
Firma Lhristofle & Lo. aus, der die hervorragendsten Bildhauer
Moreau, Falguiere, Mercie, Loutan, Delaplanche u. A. Modelle auch für
größereKunstobjekte liefern, worunter besonders die Ehrenpreise für Land-
wirthschaft zu nennen sind, die in ihren Motiven die Arbeiten des Feld-
baues rc. verherrlichen. Mit solchen sind auch die Gebr. Fanniere vertreten.

Einen großen Raum nimmt die Industrie von Luxus- und ein-
fachen Möbeln ein, deren Aufstellung in einzelnen Kabineten mit gleich-
artig behandelten architektonischen Abschlüssen sehr geschmackvoll und
übersichtlich genannt werden muß. Hier wird bei allem Reichthum
des Gebotenen derjenige enttäuscht sein, der etwas absolut Neues oder
gar einen neuen Stil zu finden glaubt, von den historischen Stilen
ist es besonders das Rokoko, Louis XIV. und der Stil Louis XVI. vor-
herrschend, während die Renaissance der valois, Francois I., Henri II.
gegen frühere Ausstellungen zurücktritt. Doch wird auch hierin viel
geschaffen und es mag vielleicht das Bild der Ausstellung nicht immer
einen richtigen Begriff von den Leistungen und dem Umsatz einer
Firma oder dem Geschmacke ihrer Besteller geben. Neu hinzugekommcn
ist der Empirestil, der sehr stark vertreten ist, was doch nur der launen-
haften Mode und der Sucht nach Neuem zuzuschreiben ist, denn wenn
auch einzelne, besonders Sitzmöbel, eine gewifie vornehme Grazie zeigen,
den Kastenmöbeln, Bettstellen rc. konnte selbst durch die reichsten Bronze-
verzierungen, durch Einlagen aller Art die mit dieser freudlosen Antike
unzertrennbare Steifheit nicht genommen werden. In dem ersichtlichen
Bestreben möglichst echt zu arbeiten, werden nicht selten auch die Ge-
schmacklosigkeiten dieses Stils herübergenommen. Bei der Besichtigung
alten Mobiliars, z. B. von Fontainebleau, Trianon erhält man übrigens
doch eine bessere Meinung von dieser bei uns in Deutschland fast ganz

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verachteten Stilperiode. Die durch das Studium der japanesischen Kunst
neu belebte Lust an Einlagen und Verwendung farbiger Hölzer scheint
der Einführung dieses Stils, der mehr glatte Flächen, als z. B. das
Rokoko bietet, einen gewissen Vorschub zu leisten.

Gleichzeitig tritt das Bestreben zu Tage, mit direkter Anlehnung
an die japanischen Vorbilder Neues und den Anforderungen auf Be-
nützbarkeit Entsprechendes in Möbeln zu leisten. In gleicher Weise
wie cm den Originalen, zu deren Bewunderung in der umfangreichen
Ausstellung Japans reichliche Gelegenheit gegeben ist, werden auch
hier die verschiedensten Techniken und Stoffe, Einlagen von Elfenbein,
Perlmutter, Lackrelicfs, Bronzen in allen Abtönungen vereinigt. Zu
den besten Arbeiten dieser Richtung gehört die Ausstellung von Gel.
viardot. Besonders originell sind in dieser Schlafzimmereiurichtung
die Wandetageren, Tische gebildet, von Lexcellent sind Möbel in
belgischein Rokoko aus Nußholz, von Jeanselm & Eie. ein besonders
in der Grnamentschnitzerei gutes Buffet in Louis XIV., Lntpiremöbel
mit lebhaft gefärbten Intarsien, ein zierlicher schwarzer Schrank, sog.
petit bahut Henri II., mit grünen Marmoreinlagen und zarten Bas-
reliefs nach Jean Gonjon sehr bemerkenswerth. H. Lemoine verdient
Beachtung wegen seiner leichten, einfachen in hellgelbem Ahorn mit
Anlehnung an englischen Geschmack ausgeführten Schränke; auch eine
Rokokouhr von ihm ist sehr gediegen. Als in der Nähe befindlich
mögen hier die Sevres-Porzellanblumeneinlagen in Holz von Martin
der Eigenartigkeit wegen erwähnt werden.

Reichhaltig ist Ouignon mit einem Sxiegelschrank in Rokoko,
mit einem Bücherschrank und Tisch in Louis XVI. mit besonders feinen
Reliefschnitzereien, mit Kopien von alten Möbeln, z. B. des Schreib-
tisches Louis XV. und dazugehörigen Sitzmöbeln, vertreten. Die
letzteren, sowie die Empirestücke sind reich, oft überladen, mit Bronzen
ausgestattet. In diesem Gerne antique, arbeitet auch Zwiener, dessen
Boulearbeiten, außerdem ein Tisch in Palisander mit Wedgewood-
einlagen, bemerkenswerth sind, Aehnliches von Galle, auch von Drapier.
Als eine stilistische Ungeheuerlichkeit dürfte aber die Behandlung des
Verbindungssteges eines Louis XVI.-Tisches als gedrehte Stricke zu
bezeichnen sein, viel Lnipire mit Bronzen bringt auch Beurdeley.
Die von »Bon march£« ausgestellten Salons in Rokoko und Louis XVI.
mit ganz oder theilweise vergoldeten Möbeln sind sehr ansprechend.

Sehr fein wirkt ein getrennt von diesen in der Galerie de ;o mtrs.
ausgestelltes Schlafzimmer in Louis XVI. von Jansen. Die Wände
sind mit blauseidenen, mit Blumenzweigen, vögeln, maßvoll gestickten
panneaux bespannt. Die Möbel sind mit weißeni gestreiften Seiden-
damast bezogen, von deniselben Stoff mit rosa Untervorhängen sind auch
die Vorhänge dieses allerdings gegen Benützung empfindlichen Raumes.

Im Allgemeinen wirken die aufgewendeten bedeutenden Mittel
nicht wenig zur Erzielung eines günstigen Gesammteindrucks dieser
Kabinete mit, so daß eine Ueberlegenheit gegenüber unseren bewährten
Firmen auf diesem Gebiete hieraus bei aller Anerkennung dieser künst-
lerisch und technisch hochstehenden Erzeugnisse nicht gefolgert werden darf.

Line besondere Spezialität sind Möbel, die entweder in Heller
Naturfarbe gehalten und mit Blumen, Vögeln in japanesischem Stil
bemalt sind, oder solche Decors in Lackrelief zeigen, auch ganz gefaßt
oder bronzirt und von flotter Künstlerhand mit Schäferszenen ä la
Watteau und Boucher, Blumen geschmückt sind, so von Majorelle in
Nancy, Dienst u. A. Mit Auszeichnung verdient ein Bett von Boverie
in Louis XV. mit Malereien ä la Boucher direkt auf Nußbaumholz
und sehr gediegener Schnitzarbeit genannt zu werden.

Den altägyptischen Stil vertritt Malard mit einem pompösen
Baldachinbctt in Nußbaum mit reicher vorzüglicher figürlicher und
ornamentaler, verschiedenfarbig vergoldeter Schnitzerei ansgestattet.
Leider konnten wir die zahlreichen Hieroglyphen, welche dasselbe wie
einen Obelisken bedecken, nicht entziffern, um zu erfahren, für welche
Kleopatra dieses sonderbare Möbel bestimmt ist.

Eine besondere Stellung nehmen die englischen Renaissancemöbel,
zum Theil sehr von japanischen Formen beeinflußt, ein, die sich eines
eingehenden Studiums werth zeigen. Dieselben durchgehends tadellos
ausgeführt, sind oft sehr einfach aber gefällig und dabei praktisch.
Doch sind auch Prunkstücke z. B. von Edwards 8c Robert in London
vorhanden, Rokokomöbel in Nußbaum, bei denen sich ebenfalls die
Vorliebe für durch leichtes Sproßenwerk abgetheilte Spiegelfüllungen
zeigt, besonders an Buffets. Die Entwürfe von Lhipxendale, des eng-
lischen Rokokomeisters vom vorigen Jahrhundert, dienen hier offenbar
als Vorbilder.
 
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