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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 11/12
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G.: Das Studium der Naturformen an kunstgewerblichen Schulen
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0078

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HO -4'


Malen, Modelliren) der Pflanzen- und Thierformen — soll nicht nur
den Sinn für die äußere Naturbeobachtung stärken und das Darstellungs-
vermögen fördern, sondern auch das Verständniß für den Drganismus
der Naturgebilde herbeiführen. Man wird z. 23. zeigen müssen, daß
die von der Natur ihren Lebewesen und deren einzelnen Grganen ge-
gebene Form die logische Folge von Idee und Zweck der Gebilde ist,
wobei an Stelle einer eingehenden wissenschaftlichen Behandlung es
nur einzelner, schlagender, durch die Anschauung von Abbildungen ver-
ständlich zu machender Beispiele bedarf, um eben hiedurch dem Schüler
die Gesichtspunkte für die Entdeckung der Analogien,
welche in der organischen Entwickelung der Natur- und
Rnnstformen liegen, wirksam vor Augen zu führen. Es gilt,
den Schüler zu der Erkenntuiß zu führen, daß (wie schon Semper es
ausspricht) „die Run st in den Prinzipien ihrer formalen
Gestaltung sich genau nach den Gesetzen der Natur
richten muß", daß aber gewisse Grenzen der Naturbenützung nicht
überschritten werden dürfen, im Hinblick darauf, daß ein Gleichniß —
und etwas Anderes ist die verwerthung von Naturgebilden an Runst-
gcgenständen fa gar nicht — daß ein Gleichniß uin so schlagender wirkt,
wenn ein vergleichungspunkt hervorgehoben und festgehalten wird,
wie es aber durch das Bemühen, es auszuspinnen und die vergleichungs-
punkte zu vermehren, meist an Wirkung verliert, so wird es auch geboten
fein, nur den analogen Theil im Naturgebildc, jene betnerkenswerthe
Eigenschaft aus ihm hervorhebend zu übernehmen, welche den springenden
Gedanken der Runstform zur bildlichen Anschauung bringt."

Weiterhin geht Meurer näher auf die Art der verwerthung von
Naturgebilden ein und behandelt dann die Uebungen in dem durch Material
und Technik gebotenen Stilistren, wobei er für die Umgehung der Haupt-
klippe des Stilisirens — das Schematismen — nützliche Winke gibt.

Sehr gründlich bespricht Meurer auch das Lehrinaterial für den
gedachten Unterricht. Unter diesen Unterrichtsmitteln führt er freilich
einige an, z. B. ein Gewächshaus zur beständigen Züchtung und Auf-
bewahrung geeigneter Pflanzen — welche wohl nur in seltenen Fällen
znr Einführung gelangen können; allein int großen Ganzen bewegen
sich hierin seine Vorschläge ebenso innerhalb erreichbarer Grenzen, wie
hinsichtlich der verlangten graphischen Lehrbücher für das ornamentale
Natnrstudium, für den plastisch-botanischen und anatomischen Unterricht.

Als Lehrer kennt Meurer sehr wohl die Schwierigkeiten, die sich
einer baldigen Durchführung seiner Idee entgegenstellen, und er macht
auch z. B. zur Beschaffung der geeigneten, für diesen speziellen Unter-
richt geschulten Lehrkräfte Vorschläge, die sich schon auf einem anderen
kunstgewerblichen Gebiet trefflich bewährt haben. Ueberhaupt spricht
ans jeder Seite der praktische Lehrer, dessen jahrelange Lehrthätigkeit
ihm Gelegenheit zu reichen Erfahrungen und gründlichen Beobachtungen
über die Entwickelung des Runstgcwerbes — sowohl in der Schule
wie in der Werkstatt — gegeben hat, ein Mann, dem es in allem
Ernst darum zu thun ist, dem Runstgewerbe neues Blut zuzuführen
und welcher hiefür auch solche Vorschläge macht, die — wenn auch
nicht sofort und nicht in dem gewünschten Umfang — sich im Wesent-
lichen doch werden praktisch durchführen lassen. G.

OCnfette KmPgMepblichen MustenblWon.

Tafel 55: Beichtstuhl in der Rlosterkirche zu Gtto-
b e uren. Arbeit von Martin Hörmann aus villingen im Schwarz-
wald. Ausgenommen und gezeichnet von E. F. Göser, München.
Dieser Beichtstuhl stammt wahrscheinlich aus den Sechziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts, aus welcher Zeit auch das von demselben
Meister geschnitzte Lhorgestühl stammt, welches im Jahre \7<ö6, dem
Einweihungsjahr der Rirche, fertig sein mußte. — Die Höhe des
Beichtstuhles beträgt etwa 5,5 m.

Tafel 5H: Antexendiu m. Italienische Applikationsarbeit aus
dem ;s. Jahrhundert. Im Besitze des Bildhauers I. Rrauth in
Frankfurt a. M. Der Grund dieser Arbeit ist carmesinrother Atlas;
die Drnamente sind ans mattem, init Silberlamellen dnrchwebtem
gelbem und weißem Seidenstoff, wobei alle Lontouren mit Goldfäden
eingefaßt sind.

Tafel 55: Standllhrchen. Entworfen und gezeichnet von
Max Riendl, Hanptlehrer, München. Das Uehrchen ist in Ebenholz
mit Säulen in Dapis lazuli oder Marmor gedacht. Ebenso sind die
Füllungen, sowie der mittlere Theil des Zifferblattes in Stein aus-
zuführen. Die zwölf Thierkreise sind in der Reihenfolge angebracht,
daß sie die Monate darstellen. Die Metalltheile sind vergoldet gedacht.

Tafel 56: Stoffinuster. Nach Bildern in der alten Pina-
kothek in München gezeichnet von Bildhauer Ernst p seife r, München.

Muster (Gold auf Roth.): Bild ans der Schule des Meisters
Wilhelm von Röln (um ;qoo). „Thronende Maria." (Ratalog-
Nummer 2.)

2. Muster (Grün auf Gold.): Bild von dein Meister der Lyvers-
berg'schen Passion (^65—^80). „Geburt Mariä." (Ratalog.
Nummer 25.)

Tafel 57: vergoldete Silberxokale. Deutsche Arbeiten;
Reliquienbehälter aus dem Rirchenschah zu Riet, (Prov. Umbrien).
Aufgenommen und gezeichnet von Prof. L. Gmelin, München.
Hiezu der Text und die Detailzeichnungen auf S. ;55 und

Tafel 58: wandfcld mit Lonsoltisch und Spiegel.
Entworfen und ausgeführt von G. Fritzsche, Hofmöbelfabrikant.
In Holz geschnitzt; Grund hellcrömefarben, Grnainente :c. ver-
goldet.

Tafel 59: Bucheinband i n Ledermosaik. Französische
Arbeit aus dem ^s. Jahrhundert; aufgenommen und gezeichnet von
A. Niedling, Reallehrer in Aschaffenburg.

Beilagen des Doppelheftes ff/(2:

t) Beiblatt No. zr (Seite Hf—H8).

2) ei» Wandkalender für das Jahr f890.

3) „Bericht über das Ergebniß des jJreisausfchreibens des bayerischen Aunstgewerbe-Vereins zur Erlangung

kunstgewerblicher Entwürfe."

verantw. Red.: Prof. £. Gmelin. — Herausgegeb. v. bayer. Irunstgewcrbeverein. — Druck u. Lomm.-Verl. von Lnorr lbirth in München.
 
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