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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 7/8
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Graf, H.: Moderne Grabmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0047

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-f- 77

Mi» Kraßmäler.^

Don Dr. Graf.

*) Ausgeführte Grabdenkmäler alter und neuer Zeit. In Aufnahmen nach der Natur herausgeaeben von Paul Kraft, Pro-
fessor an der kgl. Kunstgewerbeschule in Stuttgart. Frankfurt a/M. Verlag von Heinrich Keller. ;88g. 20 Tafeln Lichtdruck in gr. Fol.

Smn den Schöpfungen der Baukunst in hervor-
ragendem Maße die Ligenschaft zuerkannt wird,
Zeugniß abzulegen von der Gesittung und Ge-
sinnung einer Epoche, so nimmt an dieser hohen
Aufgabe der Gräberbau seinen wohl zugcwogenen Theil.
In einer uns freilich weit entrückten Dergangenheit bildete
der Ruhesitz der Todten den Durchgangspunkt, die erste
Stufe, von wo aus die Baukunst sich von: Dienste des
bloßen Bedürfnisses zur monumentalen Idee und Form
erhob; auch die Bildnerei des Alterthums gewann im Grab-
male die Wurzel, aus der ihre höhere Blüthe entsproß.
Als dieser kunstgcschichtliche Prozeß sich abgespielt und jede
der beiden Uünste sich zu freier Entfaltung ihrer Mittel
aufgeschwungen hatte, stoßen von dem dargeliehenen Aapital
reiche Zinsen zurück; die ganze auf jenen beiden Gebieten
erschlossene Formenfülle bot sich wieder dem Gräberbau
dar, desfeit Aufgabe sich im Fortschritte der Aultur ver-
mannigfaltigte, sich in eine ganze Stufenleiter intimer Unter-
schiede zerlegte. Der Schmerz der Trennung und des Derlustes,
die Liebe, die Dankbarkeit, die Ehre nach ihren verschiedenen,
der Familie, der Freundschaft und dem öffentlichen wirken
entspringenden Gründen fanden ihren künstlerischen Ausdruck
in vielfach heute noch vorbildlichen Gestaltungen von der
schlichten Stele und Aedikula, von der Büste und der Bild-
säule bis zur architektonisch geformten Grabkammer, dem
Grabestempcl, dem Uenotaph gefallener Helden und bis zu
Artemisiens Wunderwerke und den trotzig aufsteigenden
Aoloffen römischer Aaisermausoleen. Die folgenden Zeiten
kehrten zu bescheideneren Maßen zurück; auch eine neue
Dia Appia wird wohl nie mehr entstehen. Die neuere Zeit
weist den Dahingeschiedenen Sammelplätze mit meist enger
Begrenzung an, welche eine bedeutendere Entfaltung der
Einzelstätte nur ausnahmsweise zuläßt.

In dem schönen Werke über Ausgeführte Grab-
denkmäler, welches Prof. Paul Araft, Stuttgart, vor
Kurzem herausgegeben, bietet sich ein interessantes Bild
des künstlerischen Schaffens, welches sich dem Gedächtnisse
der Todten, namentlich in der jüngsten Dergangenheit in
den drei süddeutschen Hauptstädten zuwandte; den Reiz dieses
Bildes erhöhen einige Rückblicke auf schöne Leistungen der
Aunstblüthe einer ferneren Dergangenheit, ebenfalls an süd-
deutschen Grten.

Dermöge einer verständigen Auswahl des Stoffes treten
in markanten Zügen die örtlichen Eigenthümlichkeiten und
das der Gegenwart besonders eigene Streben nach Mannig-
faltigkeit der Gestaltungen hervor, welches freilich nicht immer
von einenr sicheren Gefühle der dem Zwecke entsprechenden
Haltung begleitet wird.

Fassen wir zunächst München in's Auge, welchem
Platze, wie auch Stuttgart, der Hauptantheil des gebotenen
Stoffes — je f2 von den 30 Tafeln des ganzen Werkes —
zufällt. Eine Einschränkung des künstlerischen Gestaltens

bringt die auf haushälterische Ausnützung des Raumes ge-
richtete Anlage der Münchener Friedhöfe mit sich, indem
die unter freiem Himmel liegende Area in eng gereihte Grüfte

Grabmal auf dem südlichen Friedhof zu München.

Entworfen von Professor Romeis, ausgeführt von Bildhauer Sänger.

Aus dem Werke von Prof. p. Kraft, „Ausgeführte Grabdenkmäler". Frankfurt a/M.

y. Keller.

von geringer Ausdehnung parcellirt ist; dem vornehmeren
Bedürfnisse ist der Raum der die Umfriedungsmauer be-
gleitenden Arkaden zugewiesen, so daß auch hier der künstler-
ischen Entfaltung beschränkende Bedingungen auferlegt sind,
welche einen monumentalen Freibau ausschließen. Inner-
 
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