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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 7/8
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Graf, H.: Moderne Grabmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0048

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halb dieser Grenzen aber bewährt sich der Reichthum an
Aräften und Richtungen, über welche das Aunstleben
Münchens verfügt. Die Wandmalerei, für welche diese
Arkaden angelegt erscheinen, fand keine sehr ausgedehnte

Anwendung; das in neuerer Zeit bevorzugte Motiv ist eine
Blendarchitektur als Umrahmung einer Schrifttafel oder
einer plastischen Darstellung, öfters auch symbolisch als
Grabesthüre gestaltet, welch' letzterer Gedanke freilich schon

an den: Grabdenkmale des Herzogs Eugen von Leuchten-
berg in der Michaelskirche (830 durch Thorwaldsen zu
wahrhaft monumentalen: Ausdrucke kam (Taf. 2H); er liegt
unter den neueren Grabmälern des südlichen Friedhofes
beispielsweise dem der Familie Säger
von Prof. E. von Zumbusch ((876,
Taf. 20), dem ernsten Merke der Pro-
fessoren F. Thiersch und Rümann für die
Familie Beck (Taf. so) und der in einer
reizenden, aber vielleicht allzu dekorativ
wirkenden Formensülle gehaltenen M.
pschorr'schen Familiengruppe von Direktor-
Fr. von Seitz (Taf. (5) zu Grunde. Die
freistehenden Grabmäler, wesentlich auf
die Form des Gedenksteines angewiesen,
zeigen gegenüber der früher beliebten
nüchtern antikisirenden oder conventionell
gothischen Gestaltungsweise einen Fort-
schritt zu mannigfaltigerer und ernsterer
Bewährung der künstlerischen Phantasie.
Die Aedikula, sei es in den Formen der
Gothik (Taf. (8 und (<(, paubsrriffer)
oder in denen der Renaissance (Taf. (6,
Romeis) wird aus der früheren kleinlich
dekorativen Sphäre zu architektonisch wirk-
sanierer Gestalt erhoben; die an sich trockene
Form des (Obelisken wird durch reichere
Gliederung, verschiedenfarbiges Material
und metallenen Dekor belebt (Taf. (6,
Architekt Stulberger); das alte, malerische
Motiv der „Todtenleuchte" — freilich ohne
Licht! —, welches Prof, pauberriffer am
eigenen Familiengrabs ((873) wieder ein-
führte, findet mehrfache Nachfolge.

Einen wesentlichen Antheil nimmt
an vielen dieser Merke die Bildhauerkunst
von der Ainderbüste bis zur Figuren-
gruppe; es sei nur auf das schon erwähnte
Sager'sche Grabmal, auf das der Familie
humplmayr (Taf. 2() von Bildhauer
und Erzgießer Ferd. v. Miller, sowie auf
das edle Merk des verstorbenen Prof.
Magmüller in dem nördlichen Friedhofe
(Taf. 23) hingewiesen. Es ist zu be-
dauern, daß der Ueberfülle an künstler-
ischen Aräften, worüber München verfügt,
so einschränkende Bedingungen auf seinen
Friedhöfen entgegenstehen; das natürliche
Bestreben, unter den gegebenen Berhält-
nissen dennoch zu charakteristischen Unter-
schieden zu gelangen, den ermüdenden
Gleichlaut der Motive zu verineiden, bildet
wohl wesentlich die Ursache des Schwankens
zwischen den Extremen pathetische Trauer
und dekorativer Gefallsucht. Es bleibt zu
wünschen, daß bei der Schaffung neuer
Friedhöfe, deren Bedürfniß bereits fühlbar wird, an den
maßgebenden Stellen das Bewußtsein walte, hier liege ein
Gebiet, auf welchem sich der Aunstsinn der Gemeinde be-
währen kann, und daß die Erzielung einer monumentalen

Grabmal auf dem Prager Friedhof zu Stuttgart.

Entworfen von Vberbaurath A. Gnauth ausgeführt von Bildhauer Scheck.

Aus dem Werke von prof. p. Kraft, „Ausgeführte Grabdenkmäler". Frankfurt a/M. Keller.
 
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