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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 7/8
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Haushofer, Karl: Ueber Email, [2]: Vortrag, gehalten im Bayerischen Kunstgewerbe-Verein am 16. Februar 1889 von Prof. Dr. Karl Haushofer
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0043

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Reliefschmelz mit vertieften Rändern auf Silber.

von David Altenistetter in Augsburg. Ausgenommen und gezeichnet von G. Wilhelm, wirkliche Größe.

AM Limit.

Vortrag, gehalten iin Bayerischen Kunstgewerbe-Verein am (6. Februar (889 von Prof. Dr. Karl Haushofer.

(Schluß.)

OL

ir italienischen Kunstgefühl scheint die imnrer
etwas unfreie und grobschlächtige Weise der
Schmelzarbeiten, wie sie in Deutschland und
Frankreich im frühen Mittelalter betrieben
wurden, nie besonders zugesagt zu haben.
Man findet wenigstens aus der Zeit, in welcher beide Arten
von Email in Deutschland und in Frankreich sich von ihren
byzantinischen Vorbildern bis zu selbstständigen Stilformen
entwickelt hatten, nur wenig zweifellos italienische Arbeiten
und diese meist Imitationen oder Kopien byzantinischer
Muster oder unmittelbar von byzantinischen Meistern ge-
fertigt. Mit' dem Erwachen der ersten Regungen jenes
mächtigen Aufschwunges, den die Kunst und alles was mit
ihr zusammenhängt, im (ch Jahrhundert nahm, zeigen sich
auch aus dem Gebiete der Edelschmiedekunst Erscheinungen
neuen Lebens, und speziell die Emailverwendung erfuhr
eine tiefgreifende Neugestaltung, welche dein lebhaften Sinn
der Italiener für Plastik und Formenwirkung mehr Rechnung
trug und besser entsprach als das alte Flachemail. Es ent-
stand — schon zu Ende des (5. Jahrhunderts, vorzugsweise
in Pisa, Pistoja, Siena und Florenz — das Relief-Email,
dessen Wesen darin besteht, daß eine vermittelst des Grab-
stichels in Flachrelief bearbeitete blanke Metallfläche mit
einem durchsichtigen, nicht durch Stege getrennten Farben-
email überzogen wird. Da die Farben auf den erhöhten
Theilen des Reliefs dünn, in den vertieften Stellen, in den
Gewandfalten rc. in dicker Lage sich befinden, nehmen sie
sehr energische Abschattirungeit an, welche, vereint mit dein
durchleuchtenden Metallschinnner, diesen Arbeiten einen
eigenartigen Reiz geben. Waren es anfangs meist kirch-
liche Edelmctallarbeiten, welche in dieser Weise geschmückt
wurden, so wurden bald auch weltliche prunkgeräthe aus
Gold und Silber mit den: prächtigen transluziden Einail
versehen. Von dieser Art des Emaillirens gibt Benvenuto
Eellini in seiner Abhandlung über die Goldschmiedekunst

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eine recht lesenswerthe Darstellung, obwohl von ihm selbst
nicht viel in dieser Technik erhalten zu sein scheint. An-
fänglich ließ inan dabei die Flcischpartien der Figuren in
blankem Metall stehen, arbeitete nur Gewandung und
Nebendinge in Relief aus und überschmolz nur dieses allein
mit Email, während man jene Metallflächen gravirte, niellirte
oder, wenn die Grundlage Silber war, vergoldete. Später ließ
man nirgend das Metall des Grundes zum Vorschein kommen,
sondern arbeitete die ganze Darstellung auf das Sauberste in
Flachrelief und überschmolz sie völlig mit Email — genau wie
Eellini sein Verfahren beschreibt. Dabei pflegte nian in der
Regel die opaken Farben zu vermeiden; daher konrmt die
Nichtanwendung des weißen, gelben und türkisblauen Emails;
später werden indessen auch diese an Nebendingen angebracht.

Die Kunst des durchsichtigen Emails auf Relief hat
sich — wenn sie überhaupt erst zu Ende des (3. Jahrhunderts
erfunden worden sein sollte, was nicht feststeht — sehr rasch
über Deutschland und Frankreich verbreitet, denn ein Kelch
des Schatzes von Kloster Neuburg vom Jahre (357 zeigt
Einails aus der ersten Zeit dieser Technik, die so elegant
und flott behandelt sind, als wären es nicht Versuche in
einer neuen Kunst. Der Kelch ist aber laut Inschrist im
Kloster selbst angefertigt. — Im (5. Jahrhunderte gelangte
die Technik des Reliefeinails zur höchsten Vollendung —
weniger in Frankreich als in Italien und auch in Deutsch-
land; die Domschätze von Aachen und Köln enthalten
Kirchengeräthe, welche auf eine hohe Vollendung in der
Technik des Reliefschmelzes in Deutschland schließen lassen.
Auch Augsburg und Nürnberg lieferten solche Arbeiten;
doch zeigt sich bei diesen im Verlauf des (6. und (7. Jahr-
hunderts eine wesentliche Aenderung im Eharakter, indem
der Schmelz nur halbdurchsichtig aufgetragen wird und da-
durch das Relief darunter zurücktritt; auch sind die Gesichter
auf einem weißlichen opaken Grund mit schwarzer Farbe
sehr zart ausgeführt.

Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-vereins München.

Heft 7 & 8 (8g. U- 1889
 
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