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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 5/6
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Muther, Richard: Die Holzschnittwerke Kaiser Maximilians, [2]: Vortrag, gehalten im Bayerischen Kunst-Gewerbe-Verein den 13. Januar 1889 von Dr. Rich. Muther
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0032

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Verwandte hatte und auf den Ruf des Aaifers in die Stadt
übersiedelte. Neben diesen beiden Meistern wurde noch ein
Augsburger Aünstler, Leonhard Beck, dessen Name erst
kürzlich bekannt wurde, herangezogen. Außer Augsburg
kam aber auch Nürnberg in Betracht. Es war selbstver-
ständlich, daß der große Albrecht Dürer zu den Unternehm-.
ungen des Aaifers seine Aräfte leihen mußte. Neben dem
Altmeister wurde in Nürnberg besonders Hans Springinklee,
der bei Dürer im Hause lebte, beschäftigt.

Um die Zeichnungen dieser Aünstler in Holz zu über-
tragen, war die Gründung eigener Formschneiderschulen in
Augsburg und Nürnberg nöthig.

Bei der Wahl des Mannes, wel-
cher die Augsburger Formschnei-
derschule leiten sollte, war peut-
inger besonders glücklich. Er be-
rief den vortrefflichen Jost de
Negker aus Antwerpen, der im
Jahre in Augsburg ankam.

Im Laufe des nächsten Jahres
wurden nicht weniger als zehn
Formschneider berufen, die unter
de Negker zu arbeiten hatten:

Jan de Bonn, Cornelius und
Wilhelm Liefrink, Alexius Lindt,

Iacop Rupp, Alaus Seemann,

Hans und Wilhelm Taberith —
also, wie de Negker selbst, größten-
theils Niederländer. De Negker
hatte die Oberleitung des Ganzen
und die Aufgabe, jede von den
einzelnen Holzschneidern gelieferte
Arbeit eigenhändig zu übergehen,
damit alle Holzstöcke im Schnitte
gleich wurden.

Unabhängig von dieser Augs-
burger Formschneiderschule war
die Nürnberger. Die hier be-
schäftigten Formschneider waren
Hans Frank, Wolfgang Resch
und Hieronymus Andreas. Wie die
Augsburger die Arbeiten Burgk-
mair's, Beck's und Schäufelein's
zu schneiden hatten, so fiel diesen
Nürnbergern der Schnitt der
Dürer'schen und Springinklee'-
schen Aunstwerke zu.

Das erste der Werke, welche
auf diese Weise entstanden, ist der berühmte er-

schienene „Theuerdank", ein Buch, zu dem der Aaiser
schon in den Jahren J505—fö08 den ersten plan gefaßt
hatte, und in dem in allegorischer Form die Abenteuer
vorgeführt werden sollten, die Max zu bestehen hatte, ehe
er in den Besitz seiner geliebten ersten Gemahlin, der
schönen Maria von Burgund, gelangte. Nicht nur die
Festlichkeiten des Brautzuges, auch die Gefahren, welche der
stets „auf Abenteuer denkende" junge Held während des
Zuges durchmachte, sollten in dichterischer Ausschmückung
dem Leser vorgeführt werden. Der Stoff war ein sehr ein-
facher. Herzog Aarl von Burgund stirbt, die jugendliche

Maria trägt, um einen männlichen Beschützer zu haben, da
sie von Unruhen in ihrem Lande bedroht ist, Max ihre Hand
an und bittet ihn, nach Burgund zu kommen. Max bricht
auf, und da es der erste Zug ist, den er unternimmt, kann
es nicht fehlen, daß er sich während desselben durch seinen
jugendlichen Vorwitz zu allerlei Leichtsinnigkeiten verleiten
läßt, auch allerlei unvorhergesehene Unfälle ihm Gefahren
bereiten. Der Dichter bearbeitet dies allegorisch. Er be-
richtet, drei burgundische Hauptleute Fürwittich (Vorwitz),
Unfalo (Unfall) und Neidelhart (der Neid der Menschen)
hätten gefürchtet, wenn Theuerdank in's Land komme, ihre

alte Macht zu verlieren und des-
halb sich verschworen, dem jungen
Helden auf seinem Zuge den Unter-
gang zu bereiten. Demgemäß
handelt der erste Theil des Ge-
dichtes von den Ränken des Für-
wittich, der dem jungen Helden
an dem ersten Engpaß, welchen
dieser zu durchreiten hat, entgegen-
tritt, ihn zu Gaste lädt und zu
unzähligen, gefährlichen Gems-
jagden anstachelt. Erst spät durch-
schaut Theuerdank die böse Ab-
sicht des Verführers und verläßt
ihn. Aber er ist kaum am zweiten
Engpässe angelangt, als ihrn Un-
falo entgegentritt. Dieser geht
noch weiter als Fürwittich, ver-
sucht den Prinzen zu ertränken
und in die Luft zu sprengen,
von Löwen zerreißen und von
bestochenen Aerzten vergiften zu
lassen. Nachdem Unfalo durch-
schaut ist, tritt dem Prinzen am
dritten Engpässe Neidelhart ent-
gegen, der ihn in gefährliche
Ariege lockt. So kommt Theuer-
dank erst nach unsäglichen Irr-
fahrten am Hofe Maria's an.
Nachdem er auch hier noch in
einer Reihe von Turnieren seine
glänzende Tapferkeit gezeigt hat,
verspricht ihm Maria ihre Hand,
fordert ihn aber auf, vor der
Vermählung noch einen Areuzzug
gegen die Türken zu unternehmen.
Der Held willfahrt ihrer Bitte

und zieht in's Feld.

Dieser verhältnißmäßig öde Stoff war nicht gerade zu
lebendiger geistreicher Illustration angethan. Die Darstellung
der vielen Gefahren, die Theuerdank zu bestehen hat, sowie
die eintönigen Figuren Fürwittichs, Unfalos oder Neidel-
harts, die auf jedem Holzschnitt unthätig, ohne wahre Be-
ziehung zur Handlung im Vordergrund stehen, ermüden.
Wir werden gleich im Anfänge überdrüssig, den Theuer-
dank immer arglos in die Falle der Gegner gehen zu
sehen, obschon er dessen Tücke schon beim zweiten Male
hätte durchschauen können. Trotzdenr führen die Bilder
in das rastlose, gefahrvolle Leben und Treiben eines

Aus der „Genealogie" von ljans Burgkmair: Amprintus.
(Tafel ss.) vgl. S. 49.
 
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