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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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Heft 9/10
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Groothoff, Hugo: Die Hamburgische Gewerbe- und Industrie-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0056

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■i- 98 -*■

Die AgmßmgiNk Seimbk unD Hni>uflrik ÄusflÄung.

Von Hugo Groothoff.

on der großen Heerstraße der Aunst hat bislang
Hamburg stets abseits gelegen. Die mäch-
tigen künstlerischen und kunstgewerblichen Be-
strebungen, welche im Herzen Deutschlands,
in den Städten München, Aarlsruhe, Dresden und Berlin rasch
festen Fuß faßten, sie drangen erst allmählig nach dem
Norden, erst langsam zu der zweitgrößten Stadt des deutschen
Reiches. So war es schon im Mittelalter, so war es
während der Renaissancezeit, und so wird der rauhere
Norden auch wohl in moderner Zeit kein besseres Loos
beanspruchen dürfen. Mährend die liebenswürdige Natur
Süd- und Mitteldeutschlands, während der Reichthum an
Merken früherer Jahrhunderte in jenen Gegenden den: Auf-
schwung des Aunstgewerbes in unseren Tagen den größten
Vorschub leistete, stand den gleichen Bestrebungen im Norden
und speziell in Hamburg das rauhe Alima und der Mangel
an alten Arbeiten lange hindernd in: Mege. Später da-
rum, als audere Städte Deutschlands, tritt Hamburg mit
seinen Leistungen aus kunstgewerblichem Gebiete hervor.

Aber noch ein Umstand hat dazu beigetragen, daß
Hamburg den deutschen Mitbrüdern bis jetzt verhältniß-
mäßig nur wenig bekannt war. Die Zollschranke, die den
Staat Hamburg von: deutschen Reich wirthschaftlich trennte,
konnte der gewerblichen und speziell kunstgewerblichen Aus-
bildung nur hinderlich fein. Die vielen freiudländischen,
besonders englischen Ginflüsse, welche durch die intimen
Handelsverbindungen mit dem Ausland gefördert wurden,
haben lange Zeit einer eigenartigen Entwicklung des ham-
burgischen Aunstgewerbes in: Mege gestanden.

Am 29. Gktober vorigen Jahres ist nun diese Zoll-
schranke gefallen, Hamburg tritt ein in die engste wirth-
schastliche Verbindung mit seinen Stannnesbrüdern.

Menn zwei Freunde sich zu gemei::san:em, geschäftlichen
Mirken zusammenthun, so versuchen sie vor Allen:, sich über
ihr Rönnen, über ihr Besitzthun: aufzuklären. — Dieser
Gedanke liegt der Hamburgischen Gewerbe- undIn-
dustrie-Ausstellung ^889 zu Grunde. Hamburg will
seinen deutschen Mitbürgern zeigen, was es zu leisten im
Stande ist; Hamburg hat jahrelang still in seiner Merk-
statt gearbeitet, es hat den Aampf gegen die Einflüsse der
durch den Handel hereingetragenen Vorliebe für das Fren:de
siegreich bestanden, es wünscht jetzt mit allen seinen Fasern
sich an das Deutsche Reich anzuschließen.

Durch die Ausstellung will Hamburg beweisen, daß
es in seinem Streben sich den übrigen deutschen Städten
ebenbürtig anreihen kann, daß es entschlossen ist, seine
Aulturaufgabe, die j)flege der Aunst und des Aunstgewerbes,
auch ferner gewissenhaft zu erfüllen.

Daß diese idealen Gedanken, welche durch eine Reihe
thatkräftiger Männer in die Mirklichkeit übersetzt wurden,
von der wahren Meinung der hamburgischen Bevölkerung
getragen sind, beweist die fast beispiellose Volksthümlichkeit,
deren sich die Ausstellung erfreut.

«>

Das Anternehmen wurde schon seit einigen Jahren im
Schooße des Aunstgewerbe-Vereins geplant. Als man im
vorigen Jahre mit dem fertigen Entwurf vor die Veffent-
lichkeit trat, war die Ausführung des letzteren in wenigen
Tagen durch die Zeichnung einer Garantiefu:ume von
600,000 Jk gesichert. Alle Areise der Bevölkerung griffen
den Gedanken der Ausstellung lebhaft auf. Von vielen
Seiten wurden Ehrenpreise gestiftet, welche den Merth von
ca. ^0,000 Jk erreichten; alle betheiligten Handwerker, Ge-
werbe- und Aunstgewerbetreibenden, sowie alle großen
Fabriken :neldeten die Ausstellung ihrer Arbeiten an. Da-
durch ist ein fast vollständiges Bild der Thätigkeit Ham-
burgs auf den: Gebiete des Gewerbes und der Industrie
erreicht worden. — Doch auch weitere Areise bekundeten
ihr Interesse an den: Gelingen dieses vaterstädtischen Unter-
nehmens, indem sie sich mit einer Dauerkarte zum Besuch
der Ausstellung versahen, und dadurch das Aomite in die
glückliche Lage versetzten, der sinanziellen Abwicklung mit
größerer Ruhe entgegensehen zu können. In wenig Tagen
hatten sich fl0,000 Menschen abonnirt, heute sollen 60,000
Dauerkarten ausgegeben sein, was einer Einnahme von
nahezu f Million Mark entspricht.

Wenn diese Zahlen für die Berechtigung des Unter-
nehmens ein beredtes Zeugniß ablcgen, so ist es ein ebenso
berechtigter Wunsch Hamburgs, daß feine Anstrengungen
auch weiteren Areise:: bekannt werden.

Ueber die Gesannutanlagen, über die großen Umrisse
der Ausstellung haben die Tagesblätter eingehende Berichte
gebracht Es kann nicht die Absicht dieser Mittheilungen
sein, das Bekannte zu wiederholen; dieselben sollen den
Bestrebungen und den vorgeführten Arbeiten auf kunst-
gewerblichem Gebiete gewidmet sein.

Hamburg ist :::it seinen kunstgewerblichen Leistungen
bislang wenig hervorgetreten, es war ihm nur selten Ge-
legenheit geboten, sich öffentlich zu zeigen.

Auf der vorjährigen Aunstgewerbe-Ausstellung in
München war es nur durch eine kleine Sammlung ver-
treten, welche weder der Größe Hamburgs, noch seinen
kunstgewerblichen Leistungen entsprach. Die Aussicht auf
die diesjährige Ausstellung in der eigenen Stadt hatte die
n:eisten Aunsthandwerker von einer umfangreichen Beschick-
ung abgehalten. Trotzdem hätte sich das Bild der ham-
burgischen Leistungen den: Beschauer besser dargestellt, als
die kleine Aoje cs vermochte, wenn der bedeutendste Aunst-
handwerker Hamburgs, der Ledertechniker Hulbe, mit seiner
Vaterstadt gemeinsam, und nicht bei Berlin ausgestellt hätte.
Hamburg hat nun in diesen: Jahre das in München Ver-
säumte nachgeholt.

Der eigentliche Ausgangspunkt für die Entwicklung
des hamburgischen Aunstgewerbes im modernen Sinne bildet
die Gewerbe-Ausstellung vom Jahre f869. — Man er-
kannte hier feine Fehler und suchte sich zu verbessern. Dieser
Ausstellung dankt das Museum für Aunst und Gewerbe
 
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