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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.6907#0066

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Vrnamentirung ein künstlerisches Aeußere zu geben, bringen
die kunstgewerbliche Werkstatt Hamburg und Hermann
Schmidt Arbeiten, welche technisch und künstlerisch eine
bedeutende Werthschätzung beanspruchen. Die erstere, welche
es sich zur Aufgabe gestellt hat, selbst unter großen eigenen
Opfern die guten Techniken der Metallbearbeitung wieder
zu beleben, verdankt einen Theil seiner früheren Entwürfe
dem Architekten R. Bischweiler. Diese hielten sich in gothischen,
oft eckigen Formen; in neuerer Zeit hat man dem Metall
nrehr nachgegeben und wählt für die getriebenen Gefäße
rundere und weichere Formen.

Der ornamentale Reiz der älteren Arbeiten ist ein be-
deutender, und zeichnen sich einige der vorgeführten durch
technische und künstlerische Vollendung aus. Es sind dies
mehrere Galastücke in Silber. Die größere Masse der ge-
triebenen Gefäße besteht aus Kupfer und Messing. Wir
bringen in unserer Abbildung ein Kühlgefäß neueren Datums.
Die vielen kleinen Gebrauchsgegenstände sind beliebt und
erfreuen durch einfache, gefällige Formen

Während die kunstgewerbliche Werkstatt sich den Be-
dürfnissen des Tages anzupassen versucht, bringt Herrn.
Schniidt getriebene und geätzte Kupfergefäße, welche sich
durch eine vornehme Abgeschlossenheit auszeichnen. Auch
hier, wie bei den Möbeln, hält Schmidt an der ihm eigen-
thümlich gewordenen, gothischen Fornrgebung fest, und bringt

Zimmermannswaxpen.

Entworfen und gezeichnet von Lorenz Meyer, Hamburg.

in dieser Stilrichtung Vollendetes. Die getriebenen und
zart ornamentirten Gefäße in Silber beweisen, daß Schnridt
auch auf dem Gebiete des Edelmetalls Meister ist.

Mehr als die übrigen Metalle hat das Edelmetall
mit einer Eigenthümlichkeit des hainburgischen Geschäftslebens
zu kämpfen. Der Hamburger Käufer fragt selten nach der

Korbflechtereien von Henning Ahrens, Hamburg.

Entstehung oder dem Verfertiger einer Goldschiniedearbeit
und erschwert es begreiflicherweise einzelnen Meistern, ihre
Arbeiten gegen die aus den großen Werkstätten Hanaus,
Bremens ic. bezogenen Waaren zur Geltung zu bringen. —
Wenn trotzdem einige Goldschmiede mit eigenartigen Werken
ihrer Hand erschienen sind, so ist dies ein erfreuliches Zeichen
für Hamburgs Kunstgewerbe. Sie verdienen vor denjenigen
Juwelierarbeiten, deren Entstehungsort unbekannt bleibt,
beachtet zu werden. Edelmetalle sind zahlreicher als die
übrigen Metalle erschienen; der allgemeine Eindruck ist ein
befriedigender. Lharakteristisch ist das Vorwiegen der Edel-
steine; der reiche Hainburger liebt das glitzernde Geschnreide.
Die Ausstellung läßt eine Fülle solcher Arbeiten bewundern,
deren materieller Werth allerdings zuweilen den künstlerischen
überwiegt. —

Wie man das Edelmetall treibt, und bis in die letzten
Lonsequenzen durchführt, hat Hohenstein an einigen
silbernen Pokalen nach eigenen Entwürfen gezeigt. Bei
einem derselben ist die Anlehnung an einen holbein'schen
Entwurf unverkennbar, doch sind Auffassung und Durch-
führung selbstständig. Die figürlichen Theile sind vollständig
getrieben, die Vrnamente im Lharakter Aldegrevers fein
ctfelirt und sehr gut durchgeführt. Die Arbeiten Hohensteins
verdienen vollste Anerkennung. — Auch Albers und Hespe
bringen guteArbeiten, welche sich durch fein und charakteristisch
ciselirte Vrnamente auszeichnen. Während Albers sich an
die Forinen der deutschen Renaissance hält, Hespe an Formen
des Hildesheimer Silberfundes sich anfchließt, bringen
Wilkens & Söhne zwei Kannen im Stile Ludwig's XVI.
Der Raum gestattet uns leider nicht, auch von diesen Arbeiten
etwas im Bilde vorzuführen. Außer den genannten Arbeiten
finden sich noch sehr hübsche Gefäße im Rokoko-Geschmack
bei Brahmfeld öc Gutruf mit figürlichen Modellirungen
des Bildhauers R. Thiele. — 3m Allgenreinen muß
die farbige Behandlung des Silbers anerkannt werden;
während früher in hanrburg das blanke Silber sich großer
Beliebtheit erfreute, ist man jetzt durchweg zum matten Silber
in feinster Nüancirung übergegangen.
 
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