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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0034

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Die Burg.

Eine der Ursachen für die mangelhafte Unterhaltung der Burg ist in der Verpfandung von »Stadt und
Burg Gelnhausen (1349)l) zu suchen, da naturgemäss die Pfandherrn sich der unbequemen Baupflicht entzogen,
weil keiner derselben einen direkten Nutzen davon hatte. 1431 beschwerten sich die Burgmannen durch Ab-
gesandte und brieflich bei Kaiser Sigismund, „wie dass Sein und des Reichs Saal das Messthor und Kapelle
wollten niederfallen, und sich sehr gesetzt hätten, auch gräszlich gerissen seyen. Und es vergehe doch solch
Kaiserliches Gebäude, das auch fast schädlich und unredlich dastehe. Da habe sich mit Namen ein Turm ge-
senket, dessen Fall man alle Tage besorgen müsse. So dieser Thurm falle, werde er die eine Seite des Saals
mit sich nehmen und die Kapelle ihr folgen. Sie hätten Meister, Werkleute, dabei geführt, ob ihm recht zu
wehren sey; diese hätten gesprochen: Nein! man müsse den Thurm bis zu Grund ablegen, es sey anders nicht
zu behalten." (Hundeshagen, d. Palast Fr. I., p. 40.)

Darauf wurden die Pfandherrn: die Grafen von Schwarzberg und Hornstein, da ihnen die Baugelder
verschrieben seien, angewiesen, sofort zu bauen. Es wurde damals sicher der bedrohte Thurm abgetragen und
die gefährdete Ostwand der sogenannten Kapelle nach dem Abbruch der Gewölbe in schlichtester Form erneuert
(cf. Hundeshagen Tab. I und Kühl Tab. XIX). Auch aus dem Jahre 1479 ist eine regere Bauthätigkeit über-
liefert. Es wurde das Hainthor mit einem neuen hölzernen Aufbau versehen, und in der „neuen Stube auf
der Kapelle" ein Stubenboden gemacht. Damit kann nur die Sacristei gemeint sein, welche in dein alten
Haupttreppenhaus eingerichtet wurde (cf. Beschreibung). Da dieses den einzigen Zugang zum Oberstocke des
Saalbaues bildete, wäre damit der Nachweis erbracht, dass der Oberstock schon damals abgetragen war.
da wohl die Senkungen, welche 1431 bedrohlich gewesen, inzwischen weiter gewirkt hatten. Die Senkung
wird zunächst die auf einem Pfahlrost fundirte, aussen dicht von Gräben umgebene Mauer betroffen haben.

Keinesfalls kann, um diese Frage gleich hier zu erledigen, ein Brand im 30jährigen Kriege den
Palas zu Fall gebracht haben, denn nirgends finden sich Spuren, welche das Feuer des massenhaften Gebälkes
unfehlbar hinterlassen haben müsste, und wie man sie an vielen anderen, nachweislich vom Feuer zerstörten
Sandsteinbauten unserer Gegend zu beobachten Gelegenheit hat. Von den herrlichen Säulenkapitälen der
Arkaden hätten die durchschlagenden Flammen nur kaum erkennbare Reste hinterlassen, während sie jetzt
noch fast unberührt vom Zahn der Zeit dastehen. Bei den Ausgrabungen, welche zur Feststellung der Fundamente
im Innern gemacht wurden, fand sich auch keine Spur von Brandschutt. Auch die Burgkapelle kann unmöglich
durch Brand verwüstet sein, wie aus dem „beweglichen" Schreiben geschlossen werden könnte, mit welchem die
Burgmannen 1689 Okt. 23 (Staatsarch. Gelnhausen, Collectenbuch, Restauration der Burgkapelle) Heiträge
sammeln Hessen, „damit die bis dato wegen der gewesenen grossen Annuth . . . unreparirt danieder gelegene
Kaysserl. und des heil. Reichs Burg Gelnhausen sambt der evang. Burgkirche daselbst ausz dem Aschen-
hauffen wieder erhöben . . . werden könne." Die Kriegsgurgeln werden allerdings wohl das Dachwerk als
bequemes Brennmaterial für Wacht- und Kochfeuer heruntergerissen haben, wie das Brauch war.

In das Jahre 1479 fällt ferner die Errichtung einer Mauer längs des Mühlgrabens, von dem hinter
dem Forstmeisterschen Burgsitz herlaufende Damm mit Zaun bis zu dem Anschluss an die Kernburg, und mit dem
Obenhäuser- und Tränkethor. Es geht dies aus der pfandherrschaftlichen Entscheidung eines Streits der
Stadt und Burg hervor (Staatsarch. Akt. Gelnh., Zoll, Wegegeld, Mahlmühlen u. s. w. betr.). Danach wurde
der Burg gestattet, die angefangene Mauer „wo noch zäune stehen" zu vollenden, und dass sie „auf die
beiden porten eine gein der Stadt, die andere gein Obernhausen zwei hölzerne Porthäuser in die Riegel
gemauert aufschlagen und machen solle und möge" wogegen die Stadt, den längstbegonnenen Fratzenstein
„ausmachen" dürfe. Der Unterbau des Hainthors, der gleichzeitig ein neues hölzernes Porthaus erhielt,
ist älter, unter Benutzung alter Buckelquadern (wohl von dem im Jahre 1423 niedergelegten Thurm) wahr-
scheinlich im Jahre 1431, als die Hussitengefahr im Anzüge war, errichtet.

Aus gleichem Grund war ein weiterer Schutz durch Anlage eines Wassergrabens, des Hintergrabens ~
Hussengrabens (nicht „Küssengraben", Jungh., p, 184) beschafft worden, wie aus einem Schiedsspruch der Pfand-
herrschaft von 1447 hervorgeht, wonach die Burg den hinteren Graben, „so tempore Hussitarum von den Burg-
mannen gemacht, dadurch die Kinzig an ihrem alten rechten gemeinen Strom und Staden abgegraben und das
Wasser von der Mühle gedrungen" in solchem Maass halten soll, dass er dem gemeinen Kinzigstrom und den
Mühlen unschädlich sei. (Staatsarch. Hanau, Stadt Gelnhausen Mühlenbau etc. betr. 617.) Es kann damit

') 1435 an Pfalz und Hanau, 1736 bzw. 1803 an Hessen.
 
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