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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0035

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Die Burg.

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nicht der Haingraben, gemeint wein, an welchem die Familie von Forstmeister nach vielem Streit mit der
Stadt1) (da die Burg damit das Mahlgeld umgehen wollte), eine Mühle (jetzt Sagemühle) anlegte, ein unbe-
deutender Wasserlaut', der keinen Schutz gewährte, auch die Stauverhältnisse der Stadtmühle nicht geändert hätte,
sondern wie auch Philipp Forstmeister 1687 (Staatsarch. Akten, Burg Gelnhausen betr., bl. 41) schon hervorhob,
„derjenige Graben, so vor diesem um die Burg herum gegangen ist", d.h., der hinter dem Forstmeister'-
schen Hofe die grosse Müllerwiese von dem bebauten Theil der Kinziginsel abtrennte, und allerdings das
Wasser aus dem gespannten Mühlgraben abzuführen geeignet erscheint. Eine Vertiefung auf den AViesen deutet
noch die Stelle desselben an. 1653 war er noch „ein Graben (wodurch vor der anno 1634 beschehenon Stadt-
plünderung ein Flüssgen geflossen"), der durch den Reiprechtischen Garten in die Kinzig gehet", wie bei einer
Begehung der Landwehr durch die Burgjunker bemerkt wird, da er auf das oben verlangte unschädliche
Mass reducirt war (Stadtarch. Gelnhausen, Rathsprotokoll vom Jahre 1653).

Seit diesen Bauten im 15. Jahrhundert ist an der Burg selbst nichts von Bedeutung geschehen. Es
ist auch ausser obigen Nachrichten aus dem 30jährigen Krieg nichts für die Baugeschichte irgend erhebliches
überliefert worden. Im 18. Jahrhundert nahm der Verfall der Burg schnell zu. 1764 war die Kapelle wieder
fast verwüstet und niusste mit Hülfe einer Collecte in der Grafschaft Hanau hergestellt, auch eine Glocke
angeschafft werden (Staatsarch. Gelnh. Akt. Cell. 90), und im Jahre 1771 bis 1775 fand eine Klassenlotterie zur
Herstellung der Burg statt, ulas. de 1778, (}. 79.)

Von der Verfassung der Burg kann hier zur Orientirung nur ein ganz kurzer Abriss gegeben werden.
Von der Burg aus wurden verwaltet einmal unmittelbar wirthschaftlich der Grundbesitz in nächster Nähe:
das Königsgut etc. (Jungh., p. 123), und dann in Oheraufsicht der Reichsforst, der Büdinger Wald.
Sein Gebiet umfasste (nach Simon, p. 29) eine Grenzlinie „von der .Münduni;' der Grinda in die Kinzig bei
Langenselbold bis zu der der Salz 'hei Salmünster), an der Salz herauf bis Herchenhain, von da zur Nidda-
quelle am Taufstein, an der Nidda herab bis Altenstadt, von da über Marköbel bis zur Mündung der Crimla".
(Weisthum von 1380.) Er wurde verwaltet von einem Forstmeister, dem 12 Förster und Waldleute
unterstanden. Von diesen hatte der Forstmeister (ein Adliger) einen Sitz in der Burg, während die anderen
in dem Walde vertheilt wohnten. Zum Lehen des Forstmeisters gehört der Hof in der Vorburg. Das Amt
war schon seit 1347 nachweisbar in der Familie erblich, die danach von Forstmeister hiess. Die andere Auf-
gabe der Burg war die Verwaltung der freien Gerichte in Grindau, Seibold, Somborn, Altenhasslau, Wolfer-
born, Udenhain und Alzenau (Wihnuldshain).

Mit einzelnen Theilen dieser Güter und Hechte wurden die zur Burghut2) erforderlichen Burgmänner
belehnt, an deren Spitze der Burggraf und 2 Baumeister standen (castellanus 1292, burggravius 1324, Urkb.
II, 1>- 247). Die Burggrafenwürde scheint in der ersten Zeit frei vom Kaiser auf Lehenszeit verliehen zu
sein, später suchte sie das Haus Isenburg als Erblehen zu erhalten (wohl auf die Verwandtschaft mit dem alten
Grafen von Gelnhausen via von Büdingen fassend), wie aus einer Urkunde des Kaisers Wenzel von 1399 Urkb.
IV, 743 hervorgeht. Wenn es auch oft längere Zeit im Besitz des Burggrafenamtes war. so treten dazwischen
doch andere Familiennamen auf, so dass das Erbrecht nicht erwiesen ist. Die Burggrafen wurden seit dem
Burgfrieden des Kaisers Ruprecht von 1410 (Hundesh., Bl. 26, XIII. 17) von den Bm ■gmännern gewählt, vom
Kaiser bestätigt. Zum Amt der Burggrafen gehörte die grosse Kemenate, „das Muszhaus" (mit der Verpflich-
tung zur Unterhaltung derselben). Seit 1655 tritt an Stelle des Burggrafen der älteste Baumeister, seit 1763
gewählte Direktoren. Burggrafen wie Direktoren wurden seit der Verpfändung von der Pfandherrschaft bestä-
tigt. 1803 hörte die Burgverfassung auf.

Der Ort des Burggerichts, welches über die Burgmänner competent war. ..die gemeine Stube"
lag in der Vorburg. 1422 heisst es „in der stuben daselhis die der gemeynen burgman ist, darin man zu
ziiden burggericht pleget zu Halden" (Berlin, Stadtbuch von Gelnhausen, blatt 148).

Das Siegel der Burg war ein doppelköpfiger Adler (Abdruck von 1375 cf. Urkb. III, p. 821),
der alte messingene Stempel desselben wurde 1422 zerschlagen und ein silberner neuer angeschafft (Hundsh,,
p. 27), welcher am 22. October 1422 zuerst gebraucht wurde.

') Bereits 1426 wurde die erste Mühle am Hainbach angelegt, von der Stadt aber zerstört. (Staatsarcli.-Akten die vor-
habende Setzung einer Mühle an dem Heimbach hinter der Burck betr. 1684—7. fol. 53 ff. Erst 1687 erkannte der Wasserrichter
von Friedberg auf Bau einer Mühle und setzte einen Aichpfahl.

2) 1337 Urkb. II, p. 458.

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