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Bickell, Ludwig [Editor]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0036

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18

Die Burg.

Geschichte des Verfalls und der Sicherung der Burg in der Neuzeit1).

Im Jahre 1816 hatte Hochwasser bedeutenden Uferschaden an der Kinzig verursacht. Nach dein Bericht
vom 3. September 1816 war die Rentkammer in Hanau bemüht, das Material dazu so wohlfeil wie möglich
zu beschaffen und erbat von der Regierung zu Hanau die „Ueberlassung des zu Gelnhausen befindlichen alten
Mauerwerkes und eines oder des anderen dort befindlichen ganz überflüssigen, dem Luftzug ohnehin nur hinder-
lichen alten Thurmes". Nachdem „die Ruinen in der Burg und die Kapelle vor dem Ziegelthor mit Zu-
stimmung des Stadtraths zu Gelnhausen zu dem besagten Zwecke verwilligt", wurde mit der Arbeit begonnen.
40 Haufen Steine, Quadern (Bossenquadern wohl) die sich nicht zum Wasserbau eigneten, wurden dem Geh.
Rath und Kammerpräsidenten von Carlshausen (dessen Eigenthum die betr. Mauer umgab) überlassen. Dieses
Vorgehen der Rentkammer wurde dem Kurfürsten hinterbracht. Die Rentkammer zum Bericht aufgefordert
erwiederte: Die eigentliche Ruine sei unangetastet geblieben. Das einzige was von diesem Mauerwerk der Nachwelt
aufbewahrt zu werden verdiene sei der Säulengang. Dieser sei ein Meisterstück der damaligen Zeit und wohl werth
von da weggebracht oder seine Umgebung freundlicher gemacht zu werden u. s. w. Darauf erfolgte die allerhöchste
Resolution des Kurfürsten, dass nicht das mindeste von der gedachten Burg- verdorben und
zerstört werden, auch ein Riss oder Zeichnung von der Burg eingereicht werden solle
20. September 1816. Im Jahre 1832 bat der Bürgermeister der Burg um Abbruch der den Einsturz
drohenden Capelle. Strassenbauingenieur Arnd zum Bericht von der Regierung aufgefordert erklärte, es seien
alte, von dem oberen ehemaligen Gewölbe verursachte Schäden. Strebepfeiler an den Ecken seien nöthig
um das untere Gewölbe zu halten. Ein Kunstwerk, welches späteren Künstlern noch als Vorbild dienen
könne, sei der Palast keineswegs, er habe nur als vollständiger Theil des Palastes Friedrich Barbarossas Werth
für die Geschichte der Kunst. Ruhl legte 1827 aus Quadern des Bergfrits einen Strebepfeiler, rechts neben
dem Eingang an, 5' lang, 4' breit, 14' hoch. Das Dach wurde reparirt, das Thürmcheu abgenommen und
mit seinen zwei Glocken auf das Rathhaus gesetzt. 1837 wurden zur Unterhaltung und Herstellung 250 Thaler
vom .Ministerium verwilligt, und vom Oberlandbaumeister Schulz in Hanau der Abbruch der östlichen Theile
und wasserdichte Abdeckung der Gewölbe vorgeschlagen, was die Gemeinde ablehnte. 1838 wollte man der
ebenfalls vorgeschlagenen Freilegung und dem Ankauf der in vielen Händen befindlichen inneren Grundstücke
näher treten, wegen Höhe des Kostenanschlags (6316 Thaler, 22. Mai 1839) und des Competenzstreits mit der
Oberbaudirektion in Cassel ruhte aber die Sache. Inzwischen wurde wenigstens der denen von Gremp gehörige
Kaum im Innern des Palas angekauft.

Endlich brachte der Geschichtsverein von Hanau die Sache durch eine Eingabe vom 6. Mai 1847 in
Fluss. Die Baumeister Arnd und Hermann erstatteten ein Gutachten und stellten einen Kostenanschlag von
4742 Thaler im Mai 1848 auf. Der Bauzustand war inzwischen so bedenklich geworden, dass Landrath Giller
1855 auf Abbruch drang und das Dach sofort niederlegen wollte. Landbaumeister Seelig erstattete einen Bericht
und sandte Zeichnungen der abgewichenen Ostseite der Capelle am 29. November 1855; er weigerte sich, „das
Denkmal alter Grösse der verderblichen Wirkung des Regens auszusetzen, wenn nicht gleichzeitig die Sicherung
der noch stehen bleibenden ehrwürdigen Reste bewirkt werden solle."

Die erforderlichen Kosten veranschlagte er auf 800 Thlr. Von den bereits liquiden 250 Thlr. ist
nirgends mehr die Rede. Der Abbruch w urde doch durchgesetzt und zu dem Erlös aus dem Abbruchmaterial
von 121 Thlr., 18 Sgr., 5 Hlr. musste durch Ministerialbeschluss die Summe von 14 Thlr., 27 Sgr., 7 Hlr. ver-
willigt werden, um die Kosten zu decken. (30. August 1856.)

Im Juli 1857 wurden neue Grunderwerbsverhandlungen erfolglos eingeleitet, weil die Forderungen zu
hoch (925 Thlr.) erschienen. Inzwischen wurden die Gewölbe abgespriesst, welche durch den Regen zu leiden
begannen. Endlich, am 31. August 1858, erhielt Prof. Lange in Marburg den Auftrag, über die technische Aus-
führbarkeit der älteren Vorschläge sich zu äussern. Er erzielte zunächst mit Hülfe eines Burgeinwohners den
Erwerb der Grundstücke, und regte dann in dem Gutachten vom 17. Juli 1859 die Restauration der Capelle
an. Seelig behauptete, dies gehe nicht an ohne Abtragung und Neuaufbau auf neuen Fundamenten, und lehnte
Projekt wie Ausführung ab. beides Lange überlassend (24. August 1859). Es wurde also von einer Restaura-
tion abgesehen und eine Reparatur nach Seeligs Vorschlag (17. November 1859), sowie die Anfertigung einer

J) nach Akten des Kgl. Staatsarchivs zu Marburg- und des Bauamtes zu Gelnhausen.
 
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