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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0040

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Die Burg.

eine kleine Scheuer und Hofhaus darauf hauten (Staatsarch. B. 114. Reichskämmergerichtakten 1778 und
1790), die aber schon verfallen waren, als 1790 der Boyneburgsche Besitz in (Joneurs gerieth. Der Grundriss
zeigt die Fundamente dieses verfallenen Hofhäuschens.

Dass der über der Eingangshalle gelegene Raum ursprünglich die Kapelle gewesen, ist sehr zu bezweifeln,
denn wie aus der Beschreibung und Abbildung des bis vor wenigen Decennien als Capelle dienenden Raumes
hervorgeht, hat dieser durchaus keine an eine solche Bestimmung erinnernd»! Form gehabt, und kann auch eine
solche nie vor dem Umbau unter Sigismund gehabt haben. Die Capellen zu Eger und zu Wimpfen entbehren
nicht des Chores, und die bescheidensten Burgkapellen bestanden wenigstens aus einer Chornische, während
es hier an jedem irgend ausgezeichneten Altarraum fehlt, was für eine Anlage von der Qualität der Burg in
(Gelnhausen undenkbar ist. Die direkte Verbindung mit den Wehrgängen spricht auch für eine andere Be-
stimmung: es könnte dies viel eher der Reichssaal gewesen sein1'.

Aehnlich wie auf der Wartburg und zu Chillon nachträglich ein an sich ganz ungeeigneter Kaum zur
Capelle gemacht ist, nachdem die alte zu Grunde gegangen, wird auch in Greinhausen nach Eroberung und theil-
weiser Zerstörung der Burg 1363, der doch nicht mehr als Reichssaal benutzte Raum an Stelle der alten
Capelle getreten sein, welche entweder frei lag, wie in Eger, wozu sich am Ostende der Ringmauer eine
geeignete Stelle findet, oder als kleine Apsis am Ostendc des Palas auskragte. Letztere Annahme wird
dadurch unterstützt, dass am Ostende des Palas ein grosses quadratisches vorspringendes Fundament nachge-
wiesen wurde (cf. G-rundriss), für welches eine andere Bestimmung nicht ersichtlich ist, da der Kamin des
Unterstockes und wohl auch der des oberen an der Nord wand lag. Für die Lage frei am Ostende des
des Palas, genau wie in Eger, würde das bei den jüngsten Ausgrahungen gefundene Fundament eines Kund-
baues von über 17 m Durchmesser in Anspruch genommen werden können. Eine definitive Lösung dieser Frage
wird erst durch weitere Ausgrabungen gegeben werden können.

Das Bartenhaus ist der einzige ältere Burgsitz in der Innenburg bis zum 17. Jahrhundert. Erst als
im 30jährigen Kriege die Nebenbauten der Südseite zerstört waren, scheinen hier weitere Burgsitze, kleinsten
Umfanges angelegt zu sein. Die Beschreibungen sind aber so schlecht abgefasst (wird doch der Palas statt
mushaus „Mäuszhaus" genannt, auch Rentstube und Renthaus; cf. Staatsarch. Burgakten, Instr. für die Nacht-
wächter 1757), dass eine Identificirung mit etwaigen Resten nicht möglich scheint. Genannt werden Burgsitze
der Fischborn und Erpe im Jahre 1715, der Greinpe etc. Der in diesen Jahren nachweisbare Zustand ergiebt
sich aus Plan Tab. 44. (Staatsarch. B. 114. Beil. 59.)

In der Vor bürg bestanden scheinbar auch nur ganz wenige grössere Burgsitze zu dauerndem Auf-
enthalt, vor allem die Amtswohnung des Forstmeisters, die freilich erst 1347 als „des forstmeisters ge-
sesse gelegen zu Geilnhusen in der vorburg" vorkommt (Urk. II. 703), und welche die Familie bis zu ihrem
Aussterben im Jahre 1805 besass. Die Gebäude gingen dann in Staatsbesitz über, sind aber jetzt soweit ab-
gebrochen, dass nur ein Theil der steinernen Unterstockwände als Gartenmauer stehen geblieben ist.

In dem Garten hinter diesem Burgsitz lag die Wohnung des Burgkaplans, wie sich daraus
ergiebt, dass in einem Streit über die Filialqualität der Burgkapelle gesagt ist, „da die noch gegenwärtig vor
der Burg in Forstmeisters Weingarten stehende Burgpfarrei weit älter sei als ihre Pfarrei" (Staatsarch. Burg
Gelnhausen etc., Polizeiordnung von 1730 Mai 7). Noch heut stellt auf der Müllerwiese ein als Scheuer
benutzter interessanter spätgothischer Bau (cf. Beschreibung), der als dieses Pfarrhaus anzusehen ist (cf. Tat". 41j.

Neben dem Forstmeistersehen Burgsitz stand ein zweiter, oft den Besitz wechselnder, welcher der alte
Wirthschaftshof (1292 I, 523) des Castellanus gewesen zu sein scheint. Schon 1277 war er im Besitz von
Hanau (I, 390), 1347 im Besitz des Ulrich von Hanau, und von diesem an Ludwig von Orb den hanauischen Vogt
(II, 703), später an Eckhard von Bunau verafterlehnt. 1717 ist er im Besitz der Kollings (Staatsarch. Burg-
akten, Forstm. c. Gremp). 1767 war er ein von Straubischer Hof (Staatsarch. Burg Nr. 7. Polizeisachen).
Oer Grempe'sche Hof an der Nordseite der Burg kann erst nach 1680 entstanden sein, da auf dem Plan des
Staatsarchivs an dieser Stelle eine „Gänseweide" verzeichnet ist. Diesem Datum entspricht auch die Form
sowohl der Gebäudereste an der östlichen Mauer, als des seit 1895 in fremde Hände übergegangenen Haupt-
hauses, über dessen Thüre das Gremp'sche Wappen in Stein ausgehauen war, wrelches jetzt auf dem Grab
des letzten männlichen Sprossen angebracht ist.

') wie ja auch in der Eingabe von 1431 (p. 19) gesagt ist.
 
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