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Bickell, Ludwig [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 1): Kreis Gelnhausen: Textband — Marburg, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.13326#0041

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Die Burg-.

23

Den übrigen Raum der Vorburg besetzten wohl schon sehr früh des Reichs Kammerknechte, die Juden,
als Hintersassen zum grössten Theil, so dass er wohl stets nur kümmerliche kleine Nothbauten enthielt. Von
Interesse ist dagegen das Rathhaus der Burg. Schon 1303 wird ein Märkergericht von Alzenau in die
Rathsstube der Burg berufen (Jungh., p. 173), 1422 Dez. 7 lädt der Burggraf Job. Erpho streitige Parteien
in die Vorburg . . . „in die Stuben daselbis die der gemeynen burgman ist darinne man zu ziiden burggericht
pleget zu halden" (Gelnh. Städteb., Berlin, fol. 148). Wenn auch nicht in der ursprünglichen Gestalt, so doch in
einem Umbau vom 15. Jahrhundert ist das Rathhaus zum Theil noch heute erhalten, und bis zur jüngsten Ein-
gemeindung auch als solches benutzt worden. (Abb.: Plan XXIV.) Die Aussenseiten nach N, 0, W bestehen
aus Mauerwerk und haben unten Schiessscharten von einfacher und Doppelmaulform (Abb. Taf. 44), im Ober-
geschoss Kreuzstockfenster.

Noch im vorigen Jahrhundert hatte es einen nach Osten sich erstreckenden Flügel mit einer Thorfahrt,
vor welchem die ..Mittelbrücke" über den inneren Graben führte. Auf einem Quaderstein der Nordostecke ist
die Inschrift eingehauen:

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Nach der Innenseite hat das Haus eine Fachwerkwand mit einer Construktion, welche recht wohl aus
dem späten 15. Jahrhundert stammen kann. Gelegentlich der Reparatur der Burgkapelle 1827 hat man einen
formlosen Dachreiter aufgesetzt, in welchem zwei Glöckchen hängen, cf. Anhang Glocken.

Baubeschreibung des Kernwerkes.

Wie in der historischen Einleitung erwähnt, ist die Burg nach Ausweis der Steinmetzzeichen der über-
einstimmenden technischen Bearbeitung und des Materials als ein einheitlicher in einem Guss entstandener Bau
zu betrachten, und enthält offenbar keinerlei ältere, etwa von der Grafenburg herrührende Bestandttheile. Das
Material ist ein feinkörniger, in den überwiegend meisten Schichten überaus wetterbeständiger Sandstein von
fast weisser bis hellröthlicher Farbe, aus den dicht oberhalb der Stadt gelegenen Brüchen. Die Grösse des
von der Ringmauer umschlossenen Raumes ist eine massige, und bleibt hinter der anderer Pfalzen, wie Eger
und Wimpfen, erheblich zurück. Auch der Palas, um das gleich hier abzuthun, ist der kleinste im Vergleich
mit Eger, Wimpfen und Seligenstadt.

Ringmauer und Bergfrit.

Die Ringmauer, deren Fundamente schon beschrieben wurden, hat 2,08 bis 2,10 Stärke und besteht
aus beiderseitiger Quaderverblendung mit einem Füllwerk aus lückenlos mit Mörtel vergossenen, zum Theil
fischgrätenartig angeordneten Bruchsteinen. Die Höhe der Quadern schwankt von einigen 30 bis zu etwa
45 cm, die Länge derselben ist aber noch viel verschiedener, und gebt von der Schichthöhe bis zu ca. 1,5 m.
Auch Einklinkungen beim Wechsel der Schichthöhe sind häufig.

Die beim Bau verwendeten quadratisch ausgeklinkten Rüstlöcher sind an vielen Stellen deutlich be-
merkbar. Eine Versetzung mit der Zange scheint nicht stattgefunden zu haben. Nur au Stellen, welche nachweisbar
oder wahrscheinlich später umgesetzt sind, finden sich Spuren derselben, so vor allem an der Ostseite der
Thorhalle.

Ringmauer und Thurm sind in Buckelquadern aufgeführt, die Schauseiten der Kapelle und des Palas, so-
wie die Innenseite der Ringmauer an den Stellen, wo sie die Wände von Wohngebäuden bildete, haben glatte,
sauber geflächte Quadern2). Auch über dem Thor unter dem Gusserker sind glatte Quadern verwendet, um

>) Vgl. das Aktenstück über die Pflicht zur Unterhaltung der einzelnen Burgbrücken p. 17.
2) Buckelquadem hat auch das Innere des Bergfrits und des Palaskellers.
 
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